Leipzig. Die Leipziger Buchmesse ist das literarische Event im Frühjahr. Autorinnen und ein Verlag aus der Region waren auch dabei.

Regale, die sich unter dem Gewicht zahlloser druckfrischer Bücher biegen, durch die Messehallen strömendes Stimmengewirr und allgegenwärtige Gesprächsschnipsel wie „Hast du das neue Buch von … gelesen?“ oder „Ich gehe gleich zur Lesung von …“. An unzähligen Ständen präsentieren Verlage ihre Neuheiten. Die Leipziger Buchmesse (LBM) ist jährlich im Frühjahr ein Sehnsuchtsort für Literaturliebhaber.

Als die zweitgrößte Literaturveranstaltung des Landes und Stelldichein der deutschsprachigen Buch- und Medienbranche bringt sie Leserinnen und Leser, Autorinnen und Autoren, Verlage und Medien an einem Ort zusammen. 283.000 Menschen kamen laut Veranstalter in der vergangenen Woche zur diesjährigen LBM – kein Wunder also, dass die Veranstaltung immer wieder auch Verlage und Literaturschaffende aus der Region Braunschweig-Wolfsburg anzieht.

Von Donnerstag bis Sonntag nutzten unter anderem die Helmstedterin Beatrix Flatt und die ehemalige HBK-Studentin Kristina Schippling die Gelegenheit, ihre neuen Bücher vor einem breiten Publikum zu präsentieren.

Helmstedter Autorin veröffentlicht kurz vor Start der Leipziger Buchmesse ein neues Buch

Beatrix Flatt nimmt ihre Leser mit ihrem zweiten Buch „Grenzraum. Begegnungen an Oder und Neiße“ mit auf eine Reise entlang der deutsch-polnischen Grenze. In Reportagen schildert sie eindringlich Geschichten von Menschen, die diesen historisch aufgeladenen Ort ihr Zuhause nennen.

Für ihre Recherche radelte Flatt zweimal entlang der Grenzlinie. Die Distanzen zwischen den Orten hüben wie drüben stellten sich als Herausforderung dar: Trotz der relativen Nähe zueinander seien direkte Wege aufgrund der natürlichen Grenze durch Oder und Neiße oft nicht möglich gewesen. „Manchmal musste ich kilometerweite Umwege für die nächstgelegene Brücke in Kauf nehmen.“ Dennoch schätzt Flatt die Wahl des Fahrrads als Fortbewegungsmittel. Mit dem Auto hätte sie sich von der Umwelt abgekapselt gefühlt, schildert sie. Ihr war es wichtig, „den Menschen nahe zu sein“.

Für ihr neues Buch reiste Beatrix Flat mit dem Rad an die deutsch-polnische Grenze.
Für ihr neues Buch reiste Beatrix Flat mit dem Rad an die deutsch-polnische Grenze. © FMN | Beatrix Flatt

Die Sprachbarriere bildete eine weitere Schwierigkeit. Um etwas zu essen zu bestellen, reicht ihr Polnisch aus, doch für tiefgründige Gespräche nicht, erläutert die Schriftstellerin. Deshalb fanden Unterhaltungen, wenn möglich, auf Deutsch oder Englisch statt. „Manchmal waren auch Dolmetscher dabei, die mal ins Deutsche, mal ins Englische übersetzten.“

Wie das Leben in Helmstedt die Denkweise einer Autorin veränderte

Das Buch „Grenzraum“ liegt ihr besonders am Herzen: „Unsere Sichtweise ist sehr westzentriert“, merkt die aus Bayern stammende Flatt an, die 1993 nach Helmstedt zog. „Das Leben in Helmstedt hat meine Perspektive auf Grenzen stark verändert.“ Während sie in ihrer Kindheit kaum eine Rolle gespielt hätten, sei die innerdeutsche Grenze in Helmstedt bis heute allgegenwärtig.

Diese persönliche Grenzerfahrung führte zu Flatts Erstlingswerk „Grenzenlos“. Für dieses Buch erkundete sie 63 Tage das „Grüne Band“, den schmalen, langezogenen Landschaftsraum, in dem einst der sogenannte Todesstreifen verlief, der heute als beliebtes Wandergebiet dient und auch durch den Kreis Helmstedt führt.

Die Präsentation von „Grenzraum“ auf der Leipziger Buchmesse, sowohl am Verlagsstand als auch bei einer Lesung im Sachbuchforum, erfüllt die Autorin mit Stolz – nicht zuletzt wegen der geografischen Nähe des Messeortes zum Geschehen in ihrem Buch. „Die Messe verschafft Sichtbarkeit“, ergänzt ihr Verleger Andreas Reiffer.

Gifhorner Verleger fordert Förderung für die Literaturbranche

Reiffer erkennt in der Messe eine Chance für kleinere Verlagshäuser, ihre Werke einem breiteren Publikum näherzubringen. Insbesondere für Titel, die ein spezifischeres Publikum ansprechen, sei die Messe ein wichtiger Faktor. Ein paar Jahre habe er es nicht nach Leipzig und Frankfurt geschafft. Umso merke er nun, wie der Messeauftritt sein Geschäft unmittelbar ankurbele. Zugleich sei die Messe ein idealer Ort, um sich mit Händlern und Branchenkollegen zu vernetzen. Allerdings sei die Präsenz auf solchen Veranstaltungen auch ein Privileg, kritisiert er: „Viele Kleinverlage können sich einen Messeauftritt gar nicht mehr leisten.“

Der Verleger plädiert für eine Unterstützung der Verlagsbranche vergleichbar mit der Förderung von Theatern, um Vielfalt im Buchmarkt weiterhin zu gewährleisten. Zwar sei in der Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung festgehalten, eine Verlagsförderung zu prüfen, jedoch sei man sich in der Kurt-Wolff-Stiftung, der Reiffer angehört, einig: „Das geht nicht schnell genug.“

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Der Verlag Andreas Reiffer mit Sitz in Meine im Kreis Gifhorn veröffentlicht Bücher mit Regionalbezug zu Braunschweig und Umgebung, darunter „Braunschweig‘sche Verbrechen“. Diese regionalen Titel seien allerdings weniger für das Leipziger Publikum geeignet. In Reiffers Sortiment sind aber auch zahlreiche Titel rund um das Thema Musik, von denen er einige in Leipzig vorstellte. Darunter etwa „Vom Bambi Kino in den Buckingham Palast“, ein Buch mit wenig bekannten Geschichten über die Beatles in Hamburg.

Schreiben im Google-Dokument: Wie eine ehemalige HBK-Studentin mit einem Schweizer einen Thriller schrieb

Kristina Schippling, Absolventin der HBK Braunschweig und Mitarbeiterin des Braunschweiger Filmfestivals, nutzte die Leipziger Buchmesse als Bühne für die Präsentation ihres ersten gemeinsamen Buchprojekts mit dem Schriftsteller Matthias A. K. Zimmermann. Bei ihrem Gemeinschaftswerk handelt es sich um einen Psychothriller. Darin zeichnen sie das Bild eines toxischen Berliner Künstlerdaseins, geprägt von Drogentrips und künstlerischem Wahn. Mittendrin ist die Malerin Kara, die versehentlich ihren Ex-Freund tötet.

Kristina Schlippling und Matthias A. K. Zimmermann mit ihrem gemeinsamen Kunst-Thriller „Intoxikation“.
Kristina Schlippling und Matthias A. K. Zimmermann mit ihrem gemeinsamen Kunst-Thriller „Intoxikation“. © FMN | Eve Bernhardt

Zimmermann betont: „Es wird immer schwieriger, sich auf dem Buchmarkt durchzusetzen. Deshalb ist es umso wertvoller, wenn man hier sein kann.“ Für Schippling und ihn ist die Messe aber vor allem auch deshalb von Bedeutung, weil sie sich hier gemeinsam als Autoren-Duo präsentieren können – eine Gelegenheit, die ansonsten mit erheblichem Aufwand verbunden wäre: Schippling wohnt inzwischen in Berlin, Zimmermann kommt aus der Schweiz.

Ihre Zusammenarbeit fand über ein Google-Dokument statt, was „eigentlich ganz gut funktioniert hat“, findet Schippling, zumal sie bereits vertraut waren mit den Schreibstilen des jeweils anderen. Für die gemeinsame Veröffentlichung sei es aber dennoch wichtig, auch zusammen aufzutreten. Das taten sie zum Beispiel auf der Leseinsel junger Verlage, und das sozusagen zur Prime-Time – am Messesamstag, dem traditionell besucherstärksten Tag auf der Buchmesse.

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