Berlin. Allen Vorurteilen zum Trotz hat der Euro bisher eine Erfolgsgeschichte geschrieben. Warum sich die Währung auch in Krisen bewährt.

Für viele Deutsche war es keine Liebe auf den ersten Blick. Jahrzehntelang sorgte die D-Mark für Aufschwung und Wohlstand. Sich von Mark und Pfennigen zu trennen, war vielen suspekt. Was ist aus der Währung und ihren Vorurteilen geworden – 20 Jahre nach ihrer Einführung in Münzen und Scheinen?

Warum wurde der Euro eingeführt?

Idee der Gemeinschaftswährung war es, den Handel zwischen den Staaten der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion zu erleichtern. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl sagte, die Einführung des Euro sei „im ureigensten deutschen Interesse“. Der Euro sei ein „Synonym für Europa“, eine Chance für das friedliche Zusammenwachsen. Heute bezahlen rund 340 Millionen Einwohner in 19 EU-Mitgliedstaaten mit dem Euro.

Ist der Euro ein Teuro?

Nicht alle Unternehmen rechneten 2002 die Preise ihrer Produkte präzise im Verhältnis von 1,95583 D-Mark = 1 Euro um, sondern rundeten nach oben auf. Insbesondere in der Gastronomie. Ein Preisanstieg, den jeder im täglichen Leben spürte. Schnell hieß der Euro im Volksmund „Teuro“. Korrekt wurden dagegen Kontoguthaben, Schulden oder Mieten umgerechnet. Insgesamt erwies sich der Euro als stabile Währung. Die Inflation lag seit 1999 mit durchschnittlich jährlich etwa 1,5 Prozent geringer als in Zeiten der D-Mark mit 2,8 Prozent.

Wie schlägt sich der Euro im Vergleich zum Dollar?

Binnen weniger Jahre stieg der Euro neben dem Dollar zu einer globalen Währung auf. Rund 60 Prozent der Devisen von Zentralbanken sind heute in Dollar notiert, 20 Prozent in Euro. Der Euro wird viel stärker von Finanzmärkten genutzt als dies für die D-Mark je der Fall war.

Wie hat der Euro zum Wohlstand und zur Wirtschaft beigetragen?

Durch die Euro-Einführung entstand ein großer Binnenmarkt. Teures Geld wechseln und Wechselkursschwankungen entfielen. Deutsche Unternehmen profitierten besonders, da rund 40 Prozent ihrer Exporte in EU-Länder gehen. „Der Euro ist zweifelsohne eine Erfolgsgeschichte. Er hat Handel und Kapitalverkehr in Europa erhöht“, sagt der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher.

Der Euro habe dazu beigetragen, „dass in Deutschland Millionen hervorragende Arbeitsplätze geschaffen oder bewahrt werden konnten. Alle seriösen wissenschaftlichen Studien zeigen uns, dass der Euro den Wohlstand in Deutschland erhöht hat“. Verbraucher profitieren von einer größeren Preistransparenz.

Wie widerstandsfähig ist der Euro in der Krise?


Der Euro begleitete die Mitgliedsländer durch mehrere politische und wirtschaftliche Krisen – und überlebte sie. Dazu zählten die Finanzmarktkrise 2008/2009, die Griechenland-Krise oder die Corona-Pandemie. Mit milliardenschweren Rettungspaketen wurden die Hellenen gerettet, der Ausschluss des Landes aus der Währungsunion wurde verhindert.

„Der Euro und die EZB sind eine Stärke in großen Krisen, wie jetzt der Pandemie, da sie Schlimmeres verhindern konnten, weil Unternehmen, Menschen und Regierungen weiterhin ihre wirtschaftliche Existenz finanzieren können“, sagt Fratzscher.

Was müsste verbessert werden?

Die Gemeinschaftswährung wurde ohne gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik eingeführt. Dies gilt bis heute als Konstruktionsfehler. Gegen die vereinbarten Schuldenobergrenzen im Maastricht-Vertrag und Stabilitäts- und Wachstumspakt verstoßen immer wieder Länder – auch Deutschland. Sanktionen bleiben dennoch aus.

Die Verschuldung der Euro-Länder liegt aktuell bei 13 Billionen Euro – vor 20 Jahren waren es noch fünf Billionen. Damit ist die Schuldenlast gemessen an der Wirtschaftslast von 66 auf rund 100 Prozent gestiegen. Die nunmehr andauernde ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) gerät zunehmend in die Kritik – ihr Handeln ist umstritten. Niedrige Zinsen helfen, die Kosten für die Staatsverschuldungen niedrig zu halten, gleichzeitig sind sie Gift für die Inflation.

Fratzscher meint: „Die Politik, und gerade auch die Bundesregierung, sind in der Verantwortung die Währungsunion zu vollenden, indem sie die Bankenunion, die Fiskalunion und eine Kapitalmarktunion umsetzen, so dass der Euro noch besser für alle Regionen Europas funktionieren kann.

Hängen die Deutschen noch an der D-Mark?


Nostalgie oder Vergesslichkeit? Aktuell sind laut Deutscher Bundesbank noch mehr als zwölf Milliarden D-Mark als Münzen und Banknoten im Umlauf – umgerechnet etwa 6,14 Milliarden Euro. Übrigens: Die alten D-Mark können bei allen Landeszentralbanken gegen Euro umgetauscht werden – und zwar unbegrenzt und kostenfrei.