Berlin. Die Corona-Maßnahmen werden lockerer, die Lust am Einkaufen steigt. Der Konsumklimaindex erreicht fast wieder Vorkrisenniveau. Die Gründe.

Die Zuversicht steigt, das Geld sitzt wieder etwas lockerer. Ob Kopfhörer, Computer, Fernseher oder Küchengeräte: Die Lust am Kaufen wächst. Nach der Lockerung der Corona-Beschränkungen steigt offenbar wieder die Freude am Einkaufen, aber auch am Reisen, Essen gehen und an Kulturveranstaltungen.

Das Konsumklima hat sich in Deutschland im September weiter verbessert und wird im Oktober mit 0,3 Punkten – ein Plus von 1,4 Punkten – fast wieder das Vorkrisenniveau erreichen, wie die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in ihrem aktuellen Stimmungsbarometer unter 2000 Bundesbürgern ermittelt hat. Im April 2020 wurde zuletzt mit 2,3 Zählern ein besserer Wert gemessen.

Ausschlaggebend für die gute Laune ist vor allem der Optimismus vieler Menschen auf steigende Einkommensaussichten und die konjunkturelle Erholung. Die Neigung zum Sparen sinkt und die Konsumneigung steigt, wenngleich auf noch etwas niedrigerem Niveau.

Kaufen, kaufen, kaufen – ist das schon die Trendwende?

Ob dies bereits eine grundlegende Trendwende für den Abschied aus der Krise bedeutet, darauf wollen sich die Marktforscher noch nicht festlegen. „Hier kommt es vor allem auch darauf an, wie sich das Infektionsgeschehen in den Wintermonaten entwickeln wird und ob neue Beschränkungen notwendig werden“, sagt Rolf Bürkl, Marktforscher der GfK, unserer Redaktion.

Grundsätzlich bestehe nach den Lockdown-Phasen „ein Nachholbedarf“, ist Bürkl überzeugt. Doch dieser werde teilweise immer noch durch Corona-Beschränkungen ausgebremst. „Schlange stehen vor Geschäften sowie die Maskenpflicht und Abstandsregeln dämpfen nach wie vor die Lust am Einkaufen“, sagt Bürkl. „Erst wenn diese Beschränkungen wegfallen, wird sich die Konsumneigung nachhaltig erholen können.“

Handel erwartet dieses Jahr ein Umsatzplus - aber nur Online

Das kann der Einzelhandel nur bestätigen. Die aktuelle Lage sei zwar positiv, aber die Situationen sehr ungleich verteilt. Während der Online-Handel in diesem Jahr nach einer Prognose des Handelsverbands Deutschland (HDE) um fast 20 Prozent zulegen dürfte, wird der stationäre Handel voraussichtlich 1,1 Prozent seiner Umsätze verlieren.

„Die Hälfte der Innenstadthändler rechnet für das laufende Jahr mit Umsätzen unter denen des Vorjahres. Im Bekleidungshandel liegen wir 2021 aller Voraussicht nach 37 Prozent unter dem Vorkrisenjahr 2019“, sagt der HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth unserer Redaktion. „Es ist also noch lange nicht alles wieder gut.“

Kaufen macht wieder Spaß, die Innenstädte sind voll.
Kaufen macht wieder Spaß, die Innenstädte sind voll. © picture alliance / Geisler-Fotopress | Christoph Hardt/Geisler-Fotopres

Die Lockdowns machten sich auch in den Bilanzen vieler Innenstadthändler noch mehr als deutlich bemerkbar. Insgesamt erwartet der gesamte deutsche Einzelhandel jedoch ein Umsatzplus von 1,5 Prozent für dieses Jahr.

Corona-Krise: Menschen haben mehr gespart

Denn an Geld mangelt es derzeit bei vielen Haushalten nicht. Während der Corona-Krise ist die Sparquote bei den Bürgerinnen und Bürgern deutlich gestiegen. „Die Haushalte haben durch die Corona-Krise weniger Geld – unter anderem für Urlaube oder Restaurantbesuche – ausgegeben und dadurch allein 2020 zusätzliche Ersparnisse von rund 100 Milliarden Euro angesammelt“, sagt Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung. Die Haushalte verfügten dadurch über Reserven.

Der Volkswirt geht dennoch davon aus, dass sich der private Konsum erst im nächsten Jahr richtig auf die Konjunktur auswirke. „Die Corona-Einschränkungen haben im ersten Halbjahr noch dämpfend auf den Konsum gewirkt. Erst seit der zweiten Jahreshälfte zieht er deutlich an. Einen signifikanten Beitrag zum Aufschwung wird der private Konsum aber voraussichtlich erst 2022 leisten.“

Bei größeren Anschaffungen wie Autos bestehe zudem derzeit das Problem, dass die Wagen aufgrund von Lieferschwierigkeiten teilweise erst 2022 ausgeliefert werden könnten und sich deshalb erst im nächsten Jahr im Bruttoinlandsprodukt niederschlagen würden. Hintergrund: Wie rette ich mein Erspartes vor der Inflation?

Steigende Preise: Inflation wird zunehmend zur Konsumbremse

Insgesamt empfinden die Menschen jedoch die Rahmenbedingungen für den Konsum positiv. Die Angst vor Arbeitslosigkeit ist gering, die Erwartungen an die Einkommensentwicklung sind positiv. „Gerade darauf kommt es an, denn nur wer seinen Arbeitsplatz als sicher einschätzt, wird große Anschaffungen tätigen und die Wirtschaft damit ankurbeln“, sagt Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).

Obwohl sich die Stimmung am Arbeitsmarkt im September zwar nach neuesten Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) leicht um 1,2 auf 106,2 Punkte eingetrübt hat, liegt dieser Wert immer noch höher als in allen Jahren zuvor seit dem Start des Barometers im Jahr 2008.

Problematisch könnten noch die Inflation werden. „Die aktuellen Preisentwicklungen werden für Verbraucher zunehmend zur Konsumbremse“, sagt Hüther unserer Redaktion. Hohe Energiepreise, Engpässe bei Rohstoffen und Vorleistungen, CO2-Bepreisung und die Rückkehr zum alten Mehrwertsteuersatz trieben die Preise in die Höhe. „Hier darf es nicht zu einer sich selbst verstärkenden Aufwärtsspirale kommen.“