Washington. Donald Trump erzeugt durch seine Verharmlosung der Coronakrise „Hotspots”. Er fügt seinem Volk aktiv Schaden zu, meint Dirk Hautkapp.

Am „Times Square“ in New York machen gerade zwei überlebensgroße „Billboards” Furore. Auf den Werbetafeln sind Ivanka Trump und Jared Kushner in sehr unvorteilhaftem Licht zu sehen. Es geht unter anderem um die weltweit beispiellos hohe Zahl der Todesopfer, die das Coronavirus in Amerika bisher hinterlassen hat – und was die Tochter und der Schwiegersohn des Präsidenten, beide hohe Berater im Weißen Haus, damit zu tun haben.

Die Reaktion des unter dem Etikett „Javanka” bekannten Paares (es droht mit Verleumdungsklage gegen die Urheber) passt zur Taktik, die Donald Trump nicht erst auf der Zielgeraden des Präsidentschaftswahlkampfs im Umgang mit der Seuche kultiviert hat: Verdrängen. Leugnen. Ablenken.

Trumps chronische Ignoranz wirkt gemeingefährlich

Das angesehene „New England Journal of Medicine”, seit über 200 Jahren der globale Goldstandard für Medizin-Berichterstattung, sagt Trump „gefährliche Inkompetenz” nach. Unter seiner planlosen, sprunghaften Führung sei in Amerika ohne Not aus einer „Krise” eine „Tragödie” geworden. 225.000 Tote, Stand: gestern, sprechen für sich.

Neun Tage vor dem Urnengang, den zu Beginn dieser Woche bereits 60 Millionen Amerikaner per Früh- oder Briefwahl erledigt haben werden, wirkt Trumps chronische Ignoranz nicht mehr nur zynisch und abstoßend. Sondern gemeingefährlich.

Die USA werden nach Überzeugung von Epidemiologen sehr bald die Schallmauer von 100.000 Neu-Infektionen am Tag (!) durchbrechen. Was die löchrige medizinische Infrastruktur im kalt-nassen Winter-Quartal gerade in ärmeren Bundesstaaten schon in wenigen Wochen hoffnungslos überfordern kann.

Seit Pandemiebeginn hat der US-Präsident nur katastrophale Fehler begangen

Trumps Umgang mit dem Coronavirus grenzt an fahrlässige Körperverletzung, findet Dirk Hautkapp.
Trumps Umgang mit dem Coronavirus grenzt an fahrlässige Körperverletzung, findet Dirk Hautkapp. © Privat | Privat

Anstatt sich darauf mit der ganzen Power der Zentralregierung frühzeitig einzustellen, beschwert sich der für und durch das Fernsehen lebende Egomane darüber, dass die Medien ständig über Corona berichten. Und so täten, als gebe es da noch ein Problem. Während der Präsident ohne mit der Wimper zu zucken dekretiert: Das Virus wird bald verschwunden sein, Amerika ist aus dem Gröbsten raus. Wie bitte?

Abgesehen davon, dass Trump durch Zetern und Drängen den Entstehungsprozess eines Impfstoffs beschleunigt, hat der Präsident seit Beginn der Pandemie im Januar fast nur katastrophale Fehler gemacht. Der größte besteht darin, die einfachste und sicherste Methode, das Risiko einer Ansteckung zu mindern, penetrant zu diskreditieren. Lesen Sie auch: Florida: Die Wahl-Schlacht in Amerikas Rentner-Paradies

Dass Schutzmasken heute immer noch nicht allseits akzeptiertes Mittel zum Zweck sind, dass Millionen Amerikaner darin sogar eine Art Gängelband sehen, das ihren Freiheitsdrang stranguliert, dieser tödliche Hokuspokus geht maßgeblich auf das Lavieren Trumps zurück.

Aus eigener Corona-Erkrankung nichts gelernt

Selbst nach seiner eigenen Erkrankung, die durch First-Class-Medizin rätselhaft schnell unter Kontrolle gebracht worden sein soll, war bei Trump keine Verhaltensänderung zu erkennen. Auf Kundgebungen, die er getrieben von schlechten Umfragewerten seit Tagen wie eine schrille Dauerwerbesendung ohne Substanz durchs Land trägt, stehen weiter Tausende eng und ungeschützt beieinander. Als wäre nichts gewesen.

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Abseits der Selbstverantwortung, die der einzelne für sich trägt, kommt man nicht umhin zu sagen: Donald Trump selber ist es, der durch quacksalberische Verharmlosung „Hotspots” erzeugt. Er fügt seinem Volk aktiv Schaden zu. Sein Verhalten im Zuge der größten Gesundheitsbedrohung dieser Zeit grenzt an fahrlässige Körperverletzung. Die Anklage ist in Gedanken schnell geschrieben. Jetzt muss sie der Wähler am 3. November nur noch ordnungsgemäß zustellen.