Athen. Deutschland chartert vier Schiffe für den Import von Flüssiggas. Zwei gehören dem Reeder George Prokopiou. Wer ist dieser Mann?

Noch transportieren die Gastanker „Transgas Power“ und „Transgas Force“ verflüssigtes Erdgas über die Weltmeere. Aber gegen Ende dieses Jahres werden die beiden Schwesterschiffe, die der griechischen Reederei Dynagas gehören, Kurs auf die deutsche Nordseeküste nehmen.

Die Bundesregierung hat die Tanker unter Vermittlung des Energiekonzerns Uniper gechartert. Sie sollen bei Wilhelmshaven festmachen und vom kommenden Winter an als schwimmende Flüssiggasterminals, im Fachjargon Floating Storage and Regasification Unit (FSRU) genannt, Deutschland unabhängiger von russischen Gaslieferungen machen.

Unter hohem Druck verflüssigtes und dann per Schiff transportiertes Erdgas gilt als möglicher Ersatz für russisches Gas. Europäische Abnehmer erhalten derzeit ihr LNG besonders aus den USA, auch beim Großförderer Katar hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck um den Aufbau von Lieferbeziehungen zu Deutschland geworben. Anders als manche anderen EU-Länder hat die Bundesrepublik aber noch kein Importterminal dafür. Die Bundesregierung hat deshalb die vier schwimmenden Terminals gemietet.

Griechenlands Reeder erkannten früh die Bedeutung von LNG

„Wir freuen uns sehr, dass diese FSRU in Deutschland installiert werden und das Land mit Erdgas versorgen, das letztlich auch den Übergang zu einer kohlenstoffärmeren Zukunft ermöglichen wird“, sagt George Prokopiou. Der 76-jährige Grieche ist Gründer und Präsident von Dynagas.

Als Prokopiou 2016 die beiden Schiffe bei der chinesischen Staatswerft Hudong-Zhonghua in Auftrag gab, dachte noch niemand an den Krieg in der Ukraine und die Energiekrise. Dass Prokopiou den richtigen Riecher und ein gutes Timing hatte, zeigte sich schon bei der Auslieferung der Schiffe im Herbst 2021: Mit den Gaspreisen gingen auch die Charterraten für LNG-Tanker in die Höhe. Binnen weniger Monate stieg die Tagesrate auf dem Spotmarkt von 50.000 auf mehr als 250.000 Dollar.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (l.) und Reeder George Prokopiou unterzeichneten im Mai den Vertrag für die schwimmenden Terminals.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (l.) und Reeder George Prokopiou unterzeichneten im Mai den Vertrag für die schwimmenden Terminals. © Reuters | Fabian Bimmer

Zusammen mit zwei weiteren FSRU, die Deutschland von der norwegischen Reederei Höegh LNG anmietet, können Prokopious Schiffe jährlich bis zu 30 Milliarden Kubikmeter Erdgas ins deutsche Netz einspeisen. Das wären fast zwei Drittel der Menge, die Deutschland im vergangenen Jahr aus Russland importiert hat.

Früher als die Konkurrenten in anderen Ländern erkannten die griechischen Reeder die wachsende Bedeutung von LNG für den Gasmarkt. Von 640 LNG-Tankern, die derzeit auf den Weltmeeren unterwegs sind, gehören 135 griechischen Eignern. Prokopious Dynagas kontrolliert 17 davon. Neun weitere hat der Reeder bereits in Korea bestellt.

Prokopiou besitzt mehr als 2000 Immobilien

Lloyd’s List platziert Prokopiou in der Liste der weltweit einflussreichsten Persönlichkeiten der Schifffahrtsbranche auf Rang zwölf. Der Tycoon erzählt gern die Geschichte, wie er als Sechsjähriger am Strand des Athener Küstenvororts Glyfada aus alten Brettern ein Floß zimmerte und auf den Saronischen Golf hinauspaddelte. „Als ich die Wellen spürte, wusste ich, was ich werden wollte“, erinnert sich Prokopiou.

Sein erstes richtiges Schiff bekam er 1972: Mit zwei Partnern kaufte er von Getty Oil den 55.000-Tonnen-Tanker „Pennsylvania“. Heute gebietet Prokopiou mit seinen Gesellschaften Dynacom Tankers, Sea Traders, Dynagas und der an der New York Stock Exchange notierten Dynagas LNG Partners LP über eine Flotte von mehr als 120 Schiffen im geschätzten Wert von zwei Milliarden Dollar.

Die „Transgas Power“ der griechischen Reederei Dynagas wurde in China gebaut. Das 294 Meter lange Schiff soll im kommenden Winter an der Nordseeküste festmachen und dann als schwimmendes Terminal für Flüssiggas dienen.
Die „Transgas Power“ der griechischen Reederei Dynagas wurde in China gebaut. Das 294 Meter lange Schiff soll im kommenden Winter an der Nordseeküste festmachen und dann als schwimmendes Terminal für Flüssiggas dienen. © Hudong-Zhonghua Shipbuilding Group | Hudong-Zhonghua Shipbuilding Group

„Wir riskieren unser Geld auf dem Meer, aber wir investieren an Land“, sagt Prokopiou. Laut Medienberichten besitzt er über 2000 Immobilien am Mittelmeer, in den USA und Großbritannien. Eine der Perlen seines Portfolios ist die Villa Christina in Portofino. Der Reeder lebt allerdings am liebsten auf dem Meer: Er wohnt überwiegend an Bord seiner 106 Meter langen Jacht „Dream“, die meist vor der Küste von Glyfada liegt. Seine vier Töchter Ioanna, Marilena, Marina und Eliza arbeiten im Unternehmen und bereiten sich auf die Nachfolge ihres Vaters vor.

Prokopiou gilt als einer der innovativsten griechischen Reeder. Er besitzt eine der weltweit größten Flotten von LNG-Tankern der Eisklasse 1A. Sie können Eisdecken von bis zu 80 Zentimetern Dicke aufbrechen und damit Routen in der Arktis befahren. Auch mit der Bestellung der beiden FSRU bewies Prokopiou gutes Gespür. Diese Schiffe, von denen es weltweit nur 48 gibt, kosten rund 300 Millionen Dollar. Nach Schätzungen aus Branchenkreisen liegen die Charterraten bei 200 000 Dollar pro Tag. Die Vercharterung an Deutschland bringt Prokopiou also eine gute Rendite.