Berlin. Wer sich für den Sommer ein neues Wohnmobil kaufen möchte, dürfte enttäuscht werden. Camping boomt, Hersteller haben Lieferengpässe.

Urlaub am See, am Meer, in den Bergen, auf einer Wiese oder am Waldesrand. Wer mit dem Wohnmobil oder Caravan unterwegs ist, hat viele Optionen. In vielen Ländern ist das Abstellen auf einem Campingplatz zwar Pflicht, in anderen reicht ein Parkplatz oder ein wild gewähltes Fleckchen Erde. Nicht selten an wunderschönen Orten. Und immer fährt ein Stück Abenteuer mit.

Camping und Wohnmobile haben seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie einen ungeahnten Aufschwung erfahren. Wo Abstand, Maske und Reiseeinschränkungen zunehmend den Alltag bestimmten, ermöglichte das Reisen mit dem Häuschen auf vier Rädern ganz neue Möglichkeiten.

Obwohl in vielen Ländern die Corona-Restriktionen fallen, scheint die Begeisterung fürs Caravaning ungebrochen. Die Branche könnte auch in diesem Jahr einen neuen Verkaufsrekord aufstellen, wenn nicht die aktuellen Lieferengpässe den Herstellern einen Strich durch die Rechnung machen würden.

Lieferschwierigkeiten bei fast allen Komponenten – das sind die Folgen

„Die Begeisterung für Caravaning ist ungebrochen, die Auftragsbücher gut gefüllt, aber die Lieferkettenproblematik belastet die Branche sehr“, sagt Daniel Onggowinarso, Geschäftsführer des Caravaning Industrie Verbandes (CIVD). Ob es in diesem Jahr zu einem neuen Verkaufsrekord kommen werde, sei schwer zu prognostizieren. Denn: Überall fehle es an Materialien.

Dabei sind fast alle Komponenten betroffen – von Halbleiterchips bis zum Trinkwassereinfüllstutzen. Wichtige Rohstoffe wie Holz, Kunststoff und Klebstoff seien weltweit stark nachgefragt. Bei den Reisemobilen fehlt es zudem an Fahrzeugchassis.

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„Durch diese Probleme verzögert sich die Produktion und die Auslieferung von Fahrzeugen“, berichtet der Verbandschef. Die Wartezeiten seien unterschiedlich und hingen von Marke, Modell und Konfiguration ab. „Wer sich heute beim Vertragshändler ein individuelles Reisemobil konfiguriert, muss aktuell sicherlich neun bis zwölf Monate oder mehr warten. Beim Caravan ist die Wartezeit tendenziell kürzer“, gibt Onggowinarso eine grobe Orientierung für die Wartezeiten.

Noch bis Februar konnten die Verkaufszahlen bei Wohnmobilen und Caravans die Verkaufszahlen der Vorjahre toppen. Die Wende kam dann im Frühjahr. „Der Kurs auf einen neuen Rekord wurde ab März ausgebremst, da die Problematik der fehlenden Komponenten und stockenden Lieferketten sich weiter verschärft hat.“

Mehr neue Wohnanhänger, weniger Reisemobile

Aktuell konnte der Verkauf von Caravans – Wohnanhängern – in den ersten vier Monaten dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr um 8,9 Prozent auf 8442 Caravans gesteigert werden. Die Zahl der neu zugelassenen Reisemobile lag mit 25.682 unterdessen um 6,8 Prozent unter dem vergleichbaren Vorjahreswert.

Der Grund: Bei den Reisemobilen fehlt es an Fahrzeugchassis. Reisemobile werden in der Regel auf Fahrzeugplattformen verschiedener Autohersteller aufgebaut, die ebenfalls unter den Lieferschwierigkeiten durch Corona und den Ukraine-Krieg leiden. „Durch diese Probleme verzögert sich die Produktion und die Auslieferung von Fahrzeugen“, sagt der CIVD-Chef. Nur die Caravan-Produktion liege weiter im Plus, da sie nicht vom Mangel an Fahrzeugchassis betroffen ist.

2021 erzielte die Branche durch Neufahrzeuge (7,5 Milliarden Euro), Gebrauchtwagen (5,2 Milliarden Euro) und den Verkauf von Zubehör (1,2 Milliarden Euro) einen Rekordumsatz von 13,9 Milliarden Euro, berichtete der CIVD. Insgesamt wurden 81.420 Reisemobile neu zugelassen – ein Plus von 4,3 Prozent.

Alle Beschränkungen seitens der Behörden gefallen

Die Nachfrage für Caravans sank unterdessen um 15,2 Prozent auf 24.718. In den vergangenen Jahren wurden laut Onggowinarso immer mehr kompakte Fahrzeuge verkauft. „Diese bieten heutzutage sehr viel Komfort, sind aber trotzdem agil und können auch als Erst- oder Zweitwagen genutzt werden.“ Aktuell sind bundesweit rund 675.000 Reisemobile und 722.500 Caravans angemeldet.

Auch die Campingplatzbetreiber in Deutschland richten sich auf einen guten Sommer ein. Nach massiven Einschränkungen in den vergangenen zwei Corona-Jahren sind zumindest seitens der Behörden alle Beschränkungen gefallen.

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„Die Buchungslage ist gut bis sehr gut und wir erwarten, dass die hiesigen Campingplätze wieder das Vor-Corona-Niveau erreichen“, sagt Christian Günther, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Campingwirtschaft in Deutschland (BVCD). „Eventuell winkt auch ein neues Rekordergebnis, aber dies bleibt abzuwarten.“ Denn es könne sein, dass manche Gäste in diesem Jahr wieder ins Ausland zum Campen in den Urlaub fahren, nachdem dies in den vergangenen beiden Jahren nur eingeschränkt möglich war.

2021 verzeichneten die Plätze in Deutschland knapp 33 Millionen Übernachtungen. Das Vor-Corona-Jahr 2019 war mit 35,8 Millionen Übernachtungen das bisherige Rekordjahr. In Deutschland sind laut Günther in diesem Jahr die klassischen Top-Destinationen am Meer oder in den Bergen beliebt. A

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Wer einen Platz in den Sommerferien in stark gefragten Regionen erhalten möchte, sollte jedoch bald reservieren – und hat dabei gute Chancen. „In der zweiten oder dritten Reihe finden sich in vielen Regionen noch freie Kapazitäten für die Sommerferien. Noch hat keine Region ‚ausgebucht‘ gemeldet.“

Die zehn beliebtesten Campingplätze 2022 in Deutschland:

  1. Campingpark Kühlungsborn (Mecklenburg-Vorpommern)
  2. Rosenfelder Strand Ostseecamping (Schleswig-Holstein)
  3. Campingplatz Ecktannen (Mecklenburg-Vorpommern)
  4. Ostseecamping Familie Heide (Schleswig-Holstein)
  5. Campingplatz Kalletal (Nordrhein-Westfalen)
  6. Naturisten Familien Sport und Naturcamp Sonnensee (Niedersachsen)
  7. Camping am Deich – Nordsee (Niedersachsen)
  8. Campingplatz Südheide (Niedersachsen)
  9. Camping Strukkamphuk (Schleswig-Holstein)
  10. Camping Ferienpark Falkensteinsee (Niedersachsen)

Das sind Europas beliebteste Campingplätze:

  1. Campingpark Kühlungsborn (Deutschland)
  2. Camping Grubhof (Österreich)
  3. Rosenfelder Strand Ostseecamping (Deutschland)
  4. Camping Hüttenberg (Schweiz)
  5. Camp MondSeeLand (Österreich)
  6. Campingplatz Ecktannen (Deutschland)
  7. Camping Murinsel (Österreich)
  8. Ostseecamping Familie Heide (Deutschland)
  9. Campingplatz Kalletal (Deutschland)
  10. Naturisten FamilienSport und Naturcamp Sonnensee (Deutschland)

Quelle: Campingportals „camping.info“. (Für den Award wurden mehr als 228.000 Bewertungen von mehr als 150.000 Campingurlaubern aus ganz Europa ausgewertet. Es ist bereits die elfte Verleihung des Preises. Er gilt als eine der wichtigsten Auszeichnungen im Campingbereich.