Berlin. Der Ukraine-Krieg treibt die Preise für Energie hoch. Doch Verbraucher sind nicht schutzlos. Wie man zu hohe Tarife vermeiden kann.

Kaum ein Haushalt bleibt verschont. Ob bei Strom oder Gas: Viele Verbraucher erhielten bereits saftige Preiserhöhungen von ihren Energieversorgern. Seit Januar zählte das Vergleichsportal Verivox insgesamt 920 Tariferhöhungen bei Gas um durchschnittlich 28 Prozent - nicht zuletzt als Folge des Ukraine-Kriegs. Und dabei bleibt es nicht. Bis Juli planen weitere 75 Gasversorger, die Preise um 47 Prozent im Schnitt zu erhöhen.

Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Strom: Hier gab es seit Jahresbeginn bundesweit 591 Tariferhöhungen um durchschnittlich 21 Prozent. Für Mai und Juni sind weitere 142 Preiserhöhungen um rund 19 Prozent geplant. Allerdings zeichnet sich zumindest beim Strom ab Juli eine Entlastung ab: Dann wird die staatlich verordnete EEG-Umlage von bislang 3,72 Cent pro Kilowattstunde abgeschafft. Mindereinnahmen für den Staat: 6,6 Milliarden Euro.

Immerhin 17 Versorger haben bereits ab Juli Preissenkungen um 10,5 Prozent angekündigt – was Familienhaushalte um rund 177 Euro brutto entlasten wird, wie Verivox für unsere Redaktion ermittelte. Zu Preissenkungen sind gesetzlich aber alle Anbieter verpflichtet. Hintergrund: Gas-Engpässe: Mit diesen Tipps können Sie im Alltag sparen

Ukraine-Krieg: Vor allem Geringverdiener stark belastet

Die gestiegenen Energiepreise belasten vor allem Haushalte mit geringeren Einkommen. Zwei Drittel der Arbeitnehmer mit weniger als 2300 Euro brutto im Monat sehen sich dadurch bereits finanziell in Bedrängnis, wie eine WSI-Studie des Hans-Böckler-Instituts zeigt. Aber auch wer mehr verdient, ärgert sich über die Zusatzkosten. Umso mehr sollten Verbraucher jetzt aktiv werden und ihre Kosten kontrollieren.

„Alle Verbraucher sollten regelmäßig die Preise ihrer Strom- und Gasanbieter mit der Konkurrenz vergleichen und wenn möglich zu einem günstigeren Anbieter wechseln“, rät Verivox-Geschäftsführer Daniel Puschmann im Gespräch mit unserer Redaktion.

Wie viel Geld man sparen kann, ist individuell verschieden. „Doch auch in der aktuellen Situation hoher Energiepreise gibt es Preisunterschiede, von denen Verbraucher profitieren können“, weiß der Verivox-Chef und ergänzt: „Wenn man bedenkt, dass 36 Prozent aller Haushalte in Deutschland weniger als 2000 Euro netto zur Verfügung haben, dann ist jede Einsparung und Kostenentlastung hilfreich und wichtig.“

Gas und Strom: Preisvergleich lohnt sich

Besonders empfohlen wird ein Preisvergleich all jenen, die noch niemals ihren Strom- oder Gasanbieter gewechselt haben – und das sei rund jeder vierte Haushalt in Deutschland, sagt Puschmann. „Viele Haushalte stecken damit noch in alten Tarifen fest, die oft zu teuer sind.“

Daniel Puschmann, Geschäftsführer von Verivox
Daniel Puschmann, Geschäftsführer von Verivox © Verivox | Verivox

Auch gut 20 Jahre nach der Liberalisierung des Storm- und Gasmarktes in Deutschland haben viele Menschen immer noch Angst vor einem Wechsel.

Diese sei jedoch völlig unbegründet, so Puschmann: „Die Strom- und Gasversorgung ist immer gesichert. Beim Strom- und Gaswechsel in Deutschland kann nichts passieren. Niemand muss im Dunkeln oder Kalten sitzen.“

Normalerweise hat das Vergleichsportal Verivox rund 20.000 Tarife von Energieversorgern im Angebot. „Angesichts der jüngsten Energiekrise schwankt das Angebot stärker und es sind weniger Tarife verfügbar“, so Puschmann. Dennoch lohne sich der Vergleich. „Sowohl bei großen Konzernen als auch bei kleineren Anbietern lassen sich günstige Angebote finden.“ Lesen Sie auch: Stromkosten: So können Hartz-IV-Empfänger 100 Euro sparen

Ukraine-Konflikt: Energiepreise deutlich durch Krieg erneut gestiegen

Insgesamt haben sich die Energiepreise für Verbraucher seit dem vergangenen Jahr deutlich erhöht. „Strom hat sich im April (Stand 30. April) um 30 Prozent verteuert. Der Gaspreis hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt um 105 Prozent mehr als verdoppelt, der Heizölpreis um 145 Prozent fast verdreifacht“, berichtet der Verivox-Chef.

Durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine erhielten die Preise noch einen weiteren Auftrieb. „Die Preise für Strom kletterten seither um 9 Prozent, Gas verteuerte sich um 13 Prozent und Heizöl um 28 Prozent.“

Teures Gas, teurer Strom: Was Familien und Singles jetzt mehr bezahlen

Konkret bedeutet dies für einen Vier-Personen-Haushalt: Strom kostet jetzt bei einem Verbrauch von 4000 Kilowattstunden (kWh) 1528 Euro pro Jahr – und damit 30 Prozent mehr als im Vorjahr mit 1171 Euro. Für Gas (20.000 kWh) werden 2424 Euro fällig – gut doppelt so viel wie im Vorjahr mit 1184 Euro. Interessant auch: Gas-Stopp: Was würde das Ende der Lieferung bedeuten?

Singles zahlen nun für Strom (1500 kWh) pro Jahr 647 Euro statt 511 Euro und damit 27 Prozent mehr. Gas (5000 kWh) kostet sie 643 Euro pro Jahr statt 314 Euro im Vorjahr – und damit 105 Prozent mehr.

Nicht günstiger wird es für jene, die mit Öl heizen: Für leichtes Heizöl (20 Hektoliter) zahlt der Vier-Personen- Haushalt 3196 Euro – und damit fast dreimal (145 Prozent) so viel für seinen Tank als im Vorjahr mit 1305 Euro. Für Single-Haushalte (5 Hektoliter) werden 799 Euro fällig statt 326 Euro im Vorjahr.

Angesichts der hohen Belastung fordert der Verivox-Chef die Politik auf, die Mehrwertsteuer auf Gas und Strom auf den verringerten Mehrwertsteuersatz zu reduzieren – also von 19 auf 7 Prozent. „Dies würde Durchschnittshaushalte um 177 Euro pro Jahr entlasten.“