Berlin. Wer sein Girokonto oft überzieht, zahlt hohe Gebühren. Günstiger ist dann ein Ratenkredit oder Rahmenkredit. Was ist die bessere Wahl?

Die ersten Wochen eines Jahres sind für viele Haushalte finanziell hart – aber diesmal ist das Geld bei explodierenden Preisen für Gas, Strom und manche Lebensmittel besonders knapp. Die Inflation kommt zu den Jahresbeiträgen für Versicherungen sowie die Kreditkartenabrechnung mit den Weihnachtseinkäufen noch hinzu. Bei wirtschaftlich von der Pandemie gebeutelten Leuten reichen auch die Ersparnisse oft nicht mehr aus.

Mit einem Dispokredit lassen sich die knappen Kassen auffüllen. Das haben laut einer Umfrage 6,6 Millionen Bürgerinnen und Bürger Anfang Januar auch gemacht, 17 Prozent mehr als im Vorjahr. Doch der Dispo kostet hohe Zinsen: 9,51 Prozent verlangen die Banken im Schnitt, so die Stiftung Warentest.

Experten raten daher, Ratenkredite und die, weitgehend unbekannten, Rahmenkredite (auch Abrufkredite genannt) als Alternative zu prüfen. Ratenkredite gibt es laut Stiftung ab unter zwei Prozent im Jahr. Für die flexibleren Rahmenkredite ermittelte die unabhängige FMH-Finanzberatung Angebote mit Zinsen ab rund drei Prozent.

Dispokredit: Als Dauerzustand zu teuer

Dabei hat auch der Dispo einen Vorteil: Er steht je nach Bedarf sofort zur Verfügung. Doch es besteht die Gefahr, dass er zum teuren Dauerzustand wird. „Der Dispokredit ist geeignet, um kurzfristige Liquiditätsengpässe zu überbrücken, aber er sollte auch nur dafür in Anspruch genommen werden“, sagt Marcus Köster, Fachmann für Finanzierungsfragen der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Der Jurist nennt als Beispiel: „Wer weiß, dass in 14 Tagen frisches Geld auf sein Konto eingeht und das Minus ausgleichen wird, kann den Dispo durchaus nutzen trotz der hohen Zinsen.“ Wird der Dispo jedoch regelmäßig monatlich eingesetzt, könne dies ein Signal sein, die Einnahmen und Ausgaben des Haushalts einmal grundsätzlich zu überprüfen, so Köster.

Auch Kunden, die eine Kreditaufnahme verkraften können, sollten den Dispo bei längerfristigen Engpässen nicht ständig vor sich herschieben. „Als gute Alternative kommt die Aufnahme eines Ratenkredits in Betracht, weil die Zinsen meist weit unter denen für den Dispo liegen“, sagt Philipp Rehberg, Referent für Finanzen der Verbraucherzentrale Niedersachsen.

Alternative 1: Ratenkredit

Ein Ratenkredit muss in festen Raten abgestottert werden. Die Laufzeiten variieren zwischen etwa einem und zehn Jahren. „Dabei gilt: Je kürzer die Laufzeit, desto günstiger ist der Kredit“, sagt Rehberg. Für die Suche nach Angeboten rät er – statt unentgeltlicher Vergleichsportale – zum kostenpflichtigen Ratenkreditvergleich der Stiftung Warentest (2 Euro): „Die Stiftung ist anbieterunabhängig, und der Vergleich wird regelmäßig aktualisiert.“

Ein Beispiel: Bei einer Kreditsumme von 5000 Euro für 24 Monate liegen die Zinsen laut Stiftung zwischen rund 1,9 und knapp 6 Prozent für bonitätsunabhängige Angebote. Für die bonitätsabhängigen Kredite beläuft sich der sogenannte Zwei-Drittel-Zins auf etwa 2,5 bis unter 9 Prozent.

Unterschied: Was bedeutet „bonitätsunabhängig“ und „bonitätsabhängig“

Bei Kreditangeboten ist die Unterscheidung in „bonitätsunabhängig“ und „bonitätsabhängig“ wichtig. Im ersten Fall gilt für alle Kunden, die die Bank als kreditwürdig einstuft, der gleiche Zins. Bei den bonitätsabhängigen Angeboten legt die Bank den Zins individuell fest: Je besser die Bonität, desto günstiger der Zins. Verbraucher wissen also vorher nicht, welchen Zins sie tatsächlich bekommen. Außerdem können die Anbieter mit super niedrigen Zinsen werben, die aber kaum jemand erhält.

Deshalb gibt es den Zwei-Drittel-Zins, den die Bank mindestens zwei Drittel der Kunden einräumt. Die Institute sind verpflichtet, den Wert in einer Beispielrechnung in der Werbung anzugeben. „Er bietet Orientierung bei der Einholung eines Angebots und macht auch bonitätsabhängige Angebote vergleichbarer“, so Stiftung Warentest.

Ratenkredit: Darauf sollten Verbraucher achten

Aber Vorsicht: Vor Vertragsabschluss sollte man sich über die finanziellen Verpflichtungen im Klaren sein. „Wer die monatlichen Raten aufgrund seiner Einkommenssituation nicht stemmen kann, wird doch wieder in den Dispo rutschen, um den Ratenkredit damit zu bedienen. Dann trägt der Betroffene sogar die doppelte Belastung“, warnt Experte Rehberg. Lesen Sie auch:Warum sich einzelne Ratenkredite häufig nicht lohnen

Die Bank prüft natürlich die Kreditwürdigkeit des potenziellen Kunden. Wer daran scheitert, ist erst recht gut beraten, seine Schlüsse zu ziehen. „Lehnen Banken den Kreditantrag ab, sollte das dem Verbraucher ein Warnzeichen sein. Statt den Dispokredit immer länger in Anspruch zu nehmen, dürfte es in solchen Fällen besser sein, frühzeitig eine Schuldnerberatung aufzusuchen“, sagt Verbraucherschützer Rehberg.

Eine bei Aufnahme des Kredits oft mit angebotene Restschuldversicherung sollte man laut Rehberg genau prüfen: „Häufig sind die Versicherungen sehr teuer, und sie weisen Ausschlüsse auf, sod9ass der Versicherer im konkreten Fall nicht zahlen muss.“ So seien bestimmte Krankheiten oft ausgeschlossen.

Ist am Ende des Geldes stets noch zu viel Monat übrig, ist der Dispokredit der Bank verlockend. Günstiger ist allerdings das Umschichten in einen Raten- oder Rahmenkredit.
Ist am Ende des Geldes stets noch zu viel Monat übrig, ist der Dispokredit der Bank verlockend. Günstiger ist allerdings das Umschichten in einen Raten- oder Rahmenkredit. © Getty Images/iStockphoto | Tgordievskaya

Alternative 2: Rahmenkredit

Die zweite Alternative Rahmenkredit ist flexibler als ein Ratenkredit. Der Kunde vereinbart mit der Bank, innerhalb welcher Summen er einen Kredit bei Bedarf aufnehmen kann, aber nicht gleich oder gar nicht muss, zum Beispiel zwischen 2500 und 25.000 Euro. Voraussetzung ist dabei nicht, dass man sein Girokonto bei derselben Bank hat.

So ermittelte die FMH-Finanzberatung fünf bundesweite Angebote ohne Kontobindung. Die günstigsten stammen von Oyak Anker (3,33 Prozent), ING (5,99 Prozent) und Volkswagen Bank (6,65 Prozent). Dazu kommen 15 regionale Angebote von Sparkassen mit Kontobindung und Zinsen zwischen knapp 3 und rund 5,6 Prozent. Nur für den genutzten Teil des Kreditrahmens fallen die Zinsen an.

Rahmenkredit abschließen: Darauf kommt es an

„Geht beispielsweise die Waschmaschine kaputt, kann man den Rahmenkredit anstelle des teuren Dispos in Anspruch nehmen“, sagt FMH-Experte Max Herbst. Die Bonitätsprüfung ist nach seiner Einschätzung „nicht strenger als beim Ratenkredit“. Außerdem könne der Rahmen genutzt werden, „ohne jedes Mal die Bonitätsprüfung zu durchlaufen“. Allerdings muss auch an die Tilgung gedacht werden. Laut FMH erwarten die meisten Banken eine monatliche Rückzahlung von etwa zwei Prozent des abgerufenen Betrags. Auch interessant: Giro- und Debitkarte – Unterschiede und neue Funktionen

Aus Sicht von Verbraucherschützer Rehberg kann sich eine solche Vereinbarung lohnen für Verbraucher, die wegen schwankender Einkünfte häufiger Dispokredite benötigen: „Sie können das vorübergehende Minus auf dem Konto mit dem günstigeren Rahmenkredit ausgleichen statt mit dem teuren Dispo.“

Wer ein unregelmäßiges Einkommen hat, aber eine gute Bonität aufweist, sollte deshalb überlegen, einen Rahmenkreditvertrag „als Puffer für kurzfristige Finanzprobleme“ abzuschließen. „Er muss den Rahmen ja nicht ausschöpfen, sondern nutzt ihn immer nur nach Bedarf. Das könnte eine gute Lösung zum Beispiel für Freiberufler und andere Selbstständige sein“, erläutert Experte Rehberg.