Berlin. Der Bund fördert die Länder beim Sozialwohnungsbau. Es geht nur schleppend voran. Bauministerin Geywitz sucht nach neuen Lösungen.

In Deutschland sinkt seit Jahren die Zahl der Sozialwohnungen – dabei hätten viele Deutsche eigentlich einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein und somit auf eine Wohnung mit vergünstigter Miete. Weil aber zuletzt deutlich mehr Wohnungen ihre Sozialbindung verloren haben, als neue hinzugekommen sind, gibt es immer weniger günstige Wohnungen auf dem Markt. Bundesweit gibt es lediglich noch rund 1,1 Millionen Sozialwohnungen.

Seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 liegt der soziale Wohnungsbau eigentlich in der Verantwortung der Länder. Angesichts klammer Kassen zeigten sich viele Länder von dieser Aufgabe überfordert. Seit 2020 schießt der Bund daher eine Milliarde Euro an Fördermitteln zu. In diesem Jahr kommt zudem noch eine weitere „Klimamilliarde“ hinzu.

Wohnen: Bauministerin sucht neue Fördermodelle für Sozialwohnungen

„Diese Förderung werden wir verstetigen“, sagte Bundesbauminister Klara Geywitz (SPD) unserer Redaktion. Doch Experten sind sich einig, dass auch zwei Milliarden Euro an Zuschüssen nicht ausreichen werden, um das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel von 100.000 neuen Sozialwohnungen pro Jahr zu erreichen. Der Präsident des Deutschen Mieterbunds, Lukas Siebenkotten, hatte gegenüber unserer Redaktion mit Kosten von acht bis zehn Milliarden Euro kalkuliert.

Einfach den Fördersatz erhöhen will Geywitz aber nicht, um der sinkenden Zahl an Sozialwohnungen Einhalt zu gebieten. Sie will vorher andere Fördermodelle prüfen. Möglicherweise müssen wir im Bereich der Förderung andere Wege gehen. Darüber werde ich mit den Ländern beraten“, sagte Gey­witz unserer Redaktion.

Geywitz will Kommunen Vorkaufsrecht einräumen

Der Bund fördert den Bau von Sozialwohnungen, für die die Länder zuständig sind, derzeit mit einer Milliarde Euro pro Jahr. Eine weitere „Klimamilliarde“ soll noch in diesem Jahr folgen.

Die Bundesbauministerin betonte zudem, dass sie den Kommunen „schnellstmöglich wieder ein Vorkaufsrecht von Grundstücken“ einräumen wolle. Das Bundesverwaltungsgericht hatte es Gemeinden und Kommunen im November untersagt, ein Vorkaufsrecht in der Annahme auszuüben, dass andere Käufer die Mieter verdrängen könnten.

IG BAU fordert Mehrwertsteuersenkung

Um beim sozialen Wohnungsbau schneller voranzukommen, forderte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft IG BAU, Robert Feiger, eine Senkung der Mehrwertsteuer für den Neubau von Sozialwohnungen von derzeit 19 auf 7 Prozent. „Allein der niedrigere Mehrwertsteuersatz würde bei neu gebauten Sozialwohnungen die Miete um mehr als 60 Cent pro Quadratmeter senken“, sagte Feiger unserer Redaktion.

Würde die Steuerreduzierung an die Mieter weitergegeben, wäre das bei einer 60-Quadratmeter-Wohnung eine Entlastung von rund 36 Euro pro Monat, sagte Feiger mit Verweis auf eine Studie des Pestel-Instituts, die am Freitag in Berlin vorgestellt werden wird.

IG-BAU-Chef sieht Lindner in der Pflicht

Laut des IG-BAU-Chefs spiele sich auf dem Wohnungsmarkt ein „soziales Drama“ ab. Mehr als 11 Millionen Menschen hätten einen Wohnberechtigungsschein und damit einen Anspruch auf eine Sozialwohnung. Nur für jeden Zehnten stehe aber auch eine Sozialwohnung zur Verfügung.

Neben Bauministerin Geywitz sieht Feiger vor allem Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in der Pflicht. „Der Bundesfinanzminister muss dringend einen „Sonder-Fonds Wohnen“ schaffen – einen milliardenschweren Topf für den Wohnungsbau“, sagte Feiger.