Brüssel. Die EU-Kommission will im Kampf gegen Geldwäsche eine Obergrenze für Barzahlungen von 10.000 Euro setzen. Die Bundesbank ist skeptisch.

In Deutschland und den anderen EU-Staaten sollen große Geschäfte mit Bargeld bald weitgehend verboten werden: Für Barzahlungen mit Scheinen und Münzen soll es grundsätzlich eine gesetzliche Obergrenze von 10.000 Euro geben. Nur noch ein nachverfolgbarer Geldtransfer zum Beispiel per Überweisung oder Kreditkarte wäre dann etwa beim Gebrauchtwagenhändler erlaubt. Das sieht ein am Dienstag vorgelegter Gesetzentwurf der EU-Kommission zur Bekämpfung von Geldwäsche vor.

Mit dem Vorstoß zielt Brüssel vor allem auch auf Deutschland – denn in vielen anderen EU-Ländern gibt es bereits nationale Cash-Grenzen. „Wir wollen saubere Euros, keine dreckigen“, sagte Finanzmarkt-Kommissarin Mairead McGuinness.

EU-Kommission: Geldwäsche bedroht Wirtschaft und Finanzsystem

Die meisten Menschen trügen keine 10.000 Euro mit sich herum, die seien auch „ganz schön schwer“. Große Barzahlungen seien für Kriminelle dagegen eine einfache Möglichkeit, Geld zu waschen. Die EU-Kommission sehe Geldwäsche als „klare Bedrohung“ für Wirtschaft und Finanzsystem, so McGuinness.

Ein umfangreiches Maßnahmenpaket der Kommission soll bestehende Lücken schließen. Experten schätzen, dass allein in Deutschland jedes Jahr zwischen 50 bis 100 Milliarden Euro aus kriminellen Geschäften gewaschen werden; dabei spielt aber auch Schwarzgeld aus Steuerhinterziehung eine erhebliche Rolle.

„Wir wollen saubere Euros, keine dreckigen“, sagt Finanzmarkt-Kommissarin Mairead McGuinness. Die geplante Obergrenze für Barzahlungen soll Geldwäsche künftig erschweren.
„Wir wollen saubere Euros, keine dreckigen“, sagt Finanzmarkt-Kommissarin Mairead McGuinness. Die geplante Obergrenze für Barzahlungen soll Geldwäsche künftig erschweren. © picture alliance / Hans Lucas | Alexandros Michailidis / Pool

Die Schwarzgeld-Milliarden fließen oft in Immobilien

Transparency International vermutet, dass 15 bis 30 Prozent aller kriminellen Vermögenswerte hierzulande in Immobilien investiert werden. In Berlin machte etwa 2018 ein Fall Schlagzeilen, bei dem Bankräuber aus ihrer Beute plötzlich für neun Millionen Euro Wohnungen, Häuser und Grundstücke kauften und bar bezahlten, bis Behörden der Kaufrausch verdächtig vorkam. Eine Bargeldobergrenze soll es erschweren, dass Kriminelle ihr Vermögen in die legale Wirtschaft einspeisen.

Bislang muss bei Bargeldzahlungen in Deutschland ab 10.000 Euro der Ausweis vorgelegt werden, aber verboten sind solche Geschäfte nicht. Anders im EU-Ausland: 18 der 27 EU-Staaten haben Obergrenzen. In Griechenland zum Beispiel liegt sie bei 500 Euro, in Portugal und Frankreich – dort für Einheimische – bei 1000 Euro, Belgien hat ein Limit von 3000 Euro, Kroatien legt die Latte auf 15.000 Euro. Transaktionen zwischen Privatpersonen sind teilweise davon ausgenommen.

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Barzahlungen zwischen Privatpersonen werden nicht gedeckelt

Dies plant auch die EU-Kommission: Barzahlungen zwischen Privatpersonen sollen nach ihrem Gesetzentwurf weiter ohne Grenze möglich bleiben. Laut EU-Plan soll es den Staaten freistehen, an schärferen Vorschriften festzuhalten.

Muss nun auch Deutschland folgen? Betroffen wäre etwa der Handel mit Gebrauchtwagen oder Pferden, wo Bargeld weit verbreitet ist. Die Bundesregierung zögert: Man müsse eine Obergrenze intensiv prüfen und sich dann positionieren, heißt es in einem Schreiben des Finanzministeriums an den Bundestag, das unserer Redaktion vorliegt.

Bundesbank: Eine Obergrenze für Barzahlungen reduziert Geldwäsche nicht

In einer Expertengruppe der EU-Kommission hatte die Bundesregierung dem Schreiben zufolge gebremst: Erst sollten empirische Daten erhoben werden, um nähere Erkenntnisse zum Nutzen einer solchen Obergrenze zu gewinnen.

Das Ergebnis dürfte ernüchternd sein: „Bislang gibt es keinen wissenschaftlich fundierten Beleg, dass mit solchen Obergrenzen das Ziel erreicht wird, Geldwäsche zu bekämpfen“, sagt Johannes Beermann, zuständiges Vorstandsmitglied der Bundesbank. Das zeigten auch die Erfahrungen in den Ländern, die Limits haben. Die Obergrenze sei verfehlt, sie könne vor allem auch ehrliche Bürger treffen, warnt er.

Ein dickes Bündel 100-Euro-Banknoten. Bald könnte die Bargeldzahlung schwieriger werden.
Ein dickes Bündel 100-Euro-Banknoten. Bald könnte die Bargeldzahlung schwieriger werden. © iStock | istock

Die kritischen Stimmen sind zahlreich und haben Gewicht

Auch die österreichische Regierung hat Bedenken angemeldet. Im EU-Parlament sagt der CSU-Wirtschaftsexperte Markus Ferber: „Nicht jeder Bargeldkauf ist ein Geldwäscheverdachtsfall, man kann auch mit niederschwelligeren Methoden gegen Geldwäsche vorgehen.“ Ferber warnt, es dürfe keinesfalls der Eindruck entstehen, „dass es die Kommission eigentlich aufs Bargeld abgesehen hat“.

Dass der Vorstoß auf eine Abschaffung von Bargeld zielt, bestreitet die Kommission. „Wir respektieren es, dass Bürger Bargeld mögen, und wir wollen es nicht abschaffen“, versichert McGuinness. Das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten müssen dem Gesetzentwurf zustimmen – die kritischen Stimmen haben daher Gewicht.

Die Steuergewerkschaft lobt die Pläne der Kommission

Auf der anderen Seite kommt Zustimmung etwa von der Steuergewerkschaft, die die Pläne als Beitrag zu mehr Steuerehrlichkeit lobt. Aus Sicht der Kommission ist das Bargeldlimit nur ein Baustein eines großen Plans: Kernstück ist eine neue europäische Anti-Geldwäsche-Behörde.

Dieses EU-Amt soll die nationalen Kontrollbehörden beaufsichtigen und dafür sorgen, dass sie über ausreichende Mittel verfügen. Außerdem soll es ausgewählte große Finanzkonzerne direkt kontrollieren. Der Bedarf ist groß: Der EU-Rechnungshof hat eben erst beklagt, es gebe in Europa große Schwächen bei der Geldwäschebekämpfung, die Aufsicht müsse deutlich verstärkt werden.

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