Braunschweig. Die Polizei bleibt bei ihrer Darstellung. Es sei „zweifelsfrei körperlich“ auf eine Ordnerin eingewirkt worden. Ein Fall, viele Fragen.

Kathrin möchte ihren Nachnamen nicht in einem Medienbericht lesen, auf einem Foto möchte sie auch nicht zu sehen sein. Beim Braunschweiger Fußball-Zweitligisten und besonders in der Südkurve des Eintracht-Stadions kenne sie ohnehin jeder, sagt sie. Dort ist sie seit 14 Jahren für die Sicherheit zuständig. Erst in Block 9, dann in Block 7, seit ein paar Jahren fungiert sie bereits als Südkurvenleitung. Das ist der Kernbereich der organisierten Fanszene. „Ich musste mir den Respekt erst einmal verdienen und mir viele Sprüche anhören – als Frau sowieso“, sagt sie. Was sie auszeichnet? „Ich habe keine Angst.“

Am Samstagnachmittag war aber auch ihr mulmig. Die Auseinandersetzungen hinter der Südkurve nach dem Spiel gegen Hertha BSC (1:1) hatten zahlreiche Verletzte aufseiten der Fans sowie aufseiten der Polizei zur Folge. Ein Einsatz, der außer Kontrolle geraten ist? Das wird aufgearbeitet, sogar das Niedersächsische Innenministerium hat sich eingeschaltet. Viele Fragen schwirren noch umher rund um das Geschehen hinter der Südkurve. Vor allem um den Anlass des Einsatzes. Und an dem Punkt rückt Kathrin wieder in den Mittelpunkt.

In ihren 14 Jahren als Ordnerin sei sie noch niemals angegriffen worden

Denn sie soll genau einer dieser Anlässe gewesen sein. Die Polizei teilte am Samstagabend mit: „Eine Ordnerin, die schlichtend eingreifen wollte, wurde daraufhin ebenfalls angegriffen. Daraufhin schritten Einsatzkräfte ein, um die Kontrahenten zu trennen und die Lage zu beruhigen.“ Kathrin jedoch widerspricht dieser Darstellung mit klaren Worten.

In ihren 14 Jahren als Ordnerin sei sie noch niemals angegriffen worden. „Definitiv nicht, auch am Samstag nicht“, sagt sie. Und weiter: „In meinen Augen ist das eine Lüge.“ Sie schildert die Lage so: Nach Spielende war sie auf dem Weg von Block 8 zu Block 7, um einen Verschluss zu machen. Heißt: die letzten Fans aus dem Block zu führen und diesen zu verschließen. Da habe es innerhalb der Ultraszene eine „Rangelei“ gegeben, wie sie sagt. „Ich bin dazwischengegangen, bin laut geworden, habe die Fans voneinander getrennt – und dann war es das. Das Thema war beendet. Als die Polizei kam, war alles vorbei. Ich verstehe nicht, warum sie eingegriffen hat.“

Die Polizei bleibt bei ihrer Darstellung: Eine Ordnerin wurde angegriffen

Es sind schwere Vorwürfe, die Kathrin da erhebt. Einer der Anlässe des Einsatzes stehe infrage, sollten die Vorwürfe zutreffen. Die Polizei reagiert auf die Aussagen wie folgt: „Aus polizeilicher Sicht bleibt festzustellen, dass im Verlauf einer Auseinandersetzung von Anhängern von Eintracht Braunschweig im Bereich der Südkurve des Eintracht-Stadions, die ausschlaggebend für ein polizeiliches Einschreiten war, auch auf eine Ordnerin zweifelsfrei körperlich eingewirkt wurde, weshalb diese Tatsache nunmehr auch Bestandteil der polizeilichen Ermittlungen ist.“ Zweifelsfrei. Die Formulierung legt nahe, dass Videos ausgewertet wurden. Mit offenbar klaren Erkenntnissen, die aber die große Frage nach der Wahrheit in diesem Fall aufwerfen. Was passierte wirklich hinter der Südkurve?

Die Aufarbeitung seitens der Polizei ist im Gange. Sie hat „zur lückenlosen Aufklärung des Gesamtgeschehens“ eine „Ermittlungsgruppe eingesetzt“, teilt sie mit. Aufklärung steht offenbar weit oben auf der Prioritätenliste. Auch in dem Fall, den zahlreiche Augenzeugen aufgeworfen haben? Ein Zivilpolizist soll während der Auseinandersetzungen versucht haben, zwischen Eintracht-Fans und Polizei zu schlichten. Er soll dabei aber von Polizeikollegen geschubst und sogar geschlagen worden sein. „Eine transparente Aufklärung dieses möglichen Vorgangs und der Verhältnismäßigkeit des gesamten Einsatzes an sich erwarten wir von der Polizei“, teilt Eintrachts Fanabteilung mit.

Mehr wichtige Nachrichten zu Eintracht Braunschweig lesen:

Täglich wissen, was bei Eintracht Braunschweig passiert: