„Die Rente mit 67 bleibt ein Kürzungsprogramm, solange das tatsächliche Renteneintrittsalter darunterliegt.“

Die Renten sollen im kommenden Jahr nennenswert steigen, die Versicherungsbeiträge dagegen leicht sinken. Botschaften, die Ruheständler und Arbeitnehmer erfreuen und die ohnehin vertrackten Jamaika-Sondierungen in Berlin nicht zusätzlich verkomplizieren. Kurzfristig jedenfalls nicht. Denn der zweite Teil der Botschaft der Rentenkassen sagt ab 2023 wieder steigende Beiträge und ein weiter sinkendes Rentenniveau voraus.

Verantwortlich für diesen Trend wird für gewöhnlich der demografische Wandel gemacht. Die Deutschen gebären immer weniger Kinder, werden dafür aber immer älter – sind also selbst an den Problemen der Rentenfinanzierung schuld. Das klingt logisch, ist aber nicht die ganze Geschichte. Denn in der umlagefinanzierten Alterssicherung zahlen nicht Kinder an Greise, sondern beitragspflichtig Beschäftigte an Empfangsberechtigte. Trotz brummender Wirtschaft und Rekordbeschäftigung steigt aber die Zahl der Geringverdiener, die wenig oder gar nichts in die Sozialkassen einzahlen. Die Rente mit 67 bleibt ein Kürzungsprogramm, solange das tatsächliche Renteneintrittsalter darunterliegt.

Schließlich ist die Rentenkasse mit allerhand versicherungsfremden Leistungen befrachtet, von Ersatz- und Anrechnungszeiten bis hin zur Mütterrente, die eigentlich aus Steuermitteln finanziert werden müssten. Zwar zahlt der Bund alljährlich einen Zuschuss zur Rentenversicherung. Der Klarheit und Wahrheit im System dient das allerdings nicht. Die ist vielleicht aber auch gar nicht gewollt. Denn mit dem Demografie-Argument und verwirrenden Zahlenspielen lässt sich die umlagefinanzierte Rente schlecht- und privater Zusatzvorsorge das Wort reden. Über das Extrageschäft können sich Versicherungskonzerne freuen, über geringe Lohnnebenkosten die Arbeitgeber. Rentner und Beitragszahler müssen gegenüber der Politik wachsam bleiben.