Braunschweig. Es gibt Kritik am bürokratischen Aufwand. So reagiert Braunschweigs Stadtverwaltung auf die Forderung des Steuerzahler-Bundes.

Der sogenannte Lastenrad-Skandal ruft Niedersachsens Bund der Steuerzahler auf den Plan. Es geht um die Frage: Macht Lastenrad-Förderung überhaupt Sinn? Der Steuerzahler-Bund meint: Nein! Gefordert wird, das „fragwürdige Förderprogramm“ in Braunschweig zu beenden.

Auslöser war: Weil es Rahmenbrüche bei vier Modellen des Lastenrad-Herstellers Babboe gegeben hatte und ein Rückruf angekündigt wurde, schrieb die Stadtverwaltung diejenigen Braunschweiger an, die sich den Kauf solcher Lastenräder mit städtischen Zuschüssen haben fördern lassen: Die Förderfähigkeit sei nicht gegeben. Wer nicht auf ein anderes Lastenrad umsteigt, solle die Fördergelder zurückzahlen.

Der Steuerzahler-Bund ist der Auffassung: „Das ist zwar konsequent und geboten, lässt jedoch einmal mehr Zweifel an dem Verhältnis von gewährter Fördersumme zum administrativen Aufwand des Programms aufkommen.“ Das bedeutet: „Der Bund der Steuerzahler sieht daher nun einen geeigneten Zeitpunkt, um aus der städtischen Lastenrad-Förderung auszusteigen und auf weitere Förderperioden zu verzichten.“

Der Lastenrad-Kauf wird mit 50.000 Euro jährlich in Braunschweig gefördert

Grund, so Vorstandsmitglied Jan Vermöhlen: „Schon ohne den jüngst ausgelösten administrativen Mehraufwand dürfte das Verhältnis von gewährter Fördersumme, 50.000 Euro jährlich, zum administrativen Aufwand des Programms nicht zu rechtfertigen sein. Antragstellung, Prüfung, Gewährung und die eigentlich vorgesehenen Überprüfungen zur Einhaltung der Zweckbindungsfrist binden städtisches Personal, das in dieser Zeit keine anderen Aufgaben wahrnehmen kann.“

Kritisiert wird ferner die Vergabe-Art der Fördergelder: „Die rasche Leerung des Fördertopfes deutet darauf hin, dass es sich in vielen Fällen um ein reines Mitnahme-Verhalten der Begünstigten handeln dürfte.“ Vermöhlen ist der Meinung: „Besser wäre es stattdessen, die eingesparten Haushaltsmittel in den Ausbau der städtischen Fahrrad-Infrastruktur zu investieren. Davon würden dauerhaft alle Radfahrerinnen und Radfahrer in Braunschweig profitieren und nicht nur wenige Auserwählte.“

Die Stadtverwaltung ist anderer Ansicht: Bei der Lastenrad-Förderung handele es sich um einen politischen Auftrag. Die Förderung selbst „ist im Rahmen der Mobilitätswende eine wichtige Maßnahme“. So solle ein Anreiz geschaffen werden, das Mobilitätsverhalten im Sinne des Klimaschutzes zu verändern. „Lastenräder können einen Beitrag im Kleinen leisten und die Städte umweltfreundlicher und leiser werden lassen sowie den Verkehr in einer Stadt entlasten.“ Ganz bewusst stehen bei der Förderung „nicht die finanziellen Möglichkeiten des Antragstellers im Vordergrund, sondern mit dem Umstieg auf das Fahrrad die Bereitschaft für ein geändertes Mobilitätsverhalten“. Zudem: „Klimaschutz ist nicht umsonst. Entsprechende Förderprogramme sind mit einem administrativen Aufwand verbunden, der aus Sicht der Stadtverwaltung jedoch sinnvoll und in einem angemessenen Verhältnis zum beabsichtigten Ziel steht.“

Der Bund der Steuerzahler ist mit dieser Antwort unzufrieden und hat der Stadtverwaltung einen Fragen-Katalog zugeschickt.

Ehrenamtliche kritisieren den Bund der Steuerzahler

Noch deutlicher wird Frank Tristram. Er ist Braunschweigs Vorsitzender des Verkehrsclubs Deutschland und gehört zu den Initiatoren des Angebots, in Braunschweig kostenlos Lastenräder auszuleihen: „Weil Fördergelder im Spiel sind, sollte das Kümmern der Stadtverwaltung nicht als Verschwendung von Steuergeldern abgetan werden, sondern als Teil des Prozesses bei der Einführung neuer Technologien.“ Tristram erinnert daran: „Eine Rückrufaktion, wie sie jetzt erstmalig prominent bei Lastenrädern vorkommt, ist im Automobilsektor bereits seit längerem ein sehr bekanntes Phänomen. Hier schreiben auch die Straßenverkehrsämter regelmäßig die betroffenen Halter an, ohne dass es als Steuergeld-Verschwendung beanstandet wird.“

Tristram ist der Meinung: „Es wäre förderlich, wenn der Steuerzahler-Bund seine Prüfungen auf größere und potenziell effektivere Förderbereiche ausweiten würde.“ Als Beispiel nannte Tristram das 500-Millionen-Euro-Förderprogramm des Bundesverkehrsministeriums, „das Eigenheim-Besitzern einen Zuschuss von bis zu 10.200 Euro anbot, die eine Ladestation, Photovoltaik-Anlage und Solarstrom-Speicher zur Eigenerzeugung und Nutzung von Solarstrom für Elektrofahrzeuge installierten“.

Sind die Förderanträge zu aufwändig?

Susanne Schroth, Vorsitzende des ADFC in Braunschweig, meint zum geforderten Förder-Stopp: „Aus Sicht des ADFC ist die Lastenrad-Förderung der vergangenen Jahre ein guter Beitrag, um das Thema Nutzung des Lastenrades im innerstädtischen Verkehr, sei es für wirtschaftliche Zwecke, sei es für Transporte in Familien zu fördern.“ Allerdings: „Die Bearbeitung der Förderanträge ist für alle Beteiligten augenscheinlich aufwändig: für die Antragsteller, aber auch für die Sachbearbeiter. Es stellt sich nicht nur hier die Frage, ob Förderanträge, die die Bürger stellen können, so aufwändig sein müssen?“ Schroth ist der Meinung: „Da die Behörden, und hier eben auch die Stadtverwaltung Braunschweig, händeringend Fachpersonal suchen, scheint es uns wünschenswert, dass alle Fachressourcen in den Planungsabteilungen eingesetzt werden, um die Umsetzung des Beschlusses zur Verbesserung des Radverkehrs in Braunschweig aus dem Jahr 2020 schneller als bisher voran zu treiben.“

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