Berlin. Millionen Deutsche reisen auf zwei Rädern. Wer das Gefährt täglich nutzt, schätzt wartungsarme Technik. Das sind die Rad-Neuheiten.

Plötzlich wird selbst die Überquerung der Alpen – von Innsbruck bis zum Gardasee – mit dem Rad denkbar. Nicht nur für muskelbepackte, durchtrainierte Supersportler. Für normal fitte Menschen.

Fahrradhersteller setzen Reise- und Mountainbikes immer öfter unter Strom. Das ist einer der großen Trends 2018, den der Branchendienst Pressedienst-Fahrrad ausmacht. Der sucht den Markt kontinuierlich nach Neuheiten ab. In diesem Jahr sind das Räder für Abenteurer und Alltagsfahrer.

Neue Wege werden jetzt interessant. Die Deutschen entdecken das Radreisen für sich. Laut dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) haben rund 5,2 Millionen Deutsche allein im Jahr 2016 einen Radurlaub gemacht, gerne entlang der Elbe oder der Weser.

E-Bikes werden nicht mehr belächelt

Man muss es nicht gleich dem Schotten Mark Beaumont gleichtun, der 400 Kilometer am Tag radelte und so in Rekordzeit – in 78 Tagen – die Welt umrundete. Er hatte sich im vergangenen Jahr von Jules Vernes berühmter Erzählung in 80 Tagen um die Welt inspirieren lassen, fuhr in Paris los, dann über Russland, China, Australien und die USA. Er nahm ein knapp 3700 Euro teures Rennrad, 8,4 Kilogramm leicht, 22 Gänge. Einen Motor hatte er nicht, dafür eine Begleitmannschaft. Er musste sein Gepäck also nicht selbst transportieren.

Für alle anderen motorisieren die Anbieter nun aber auch Reiseräder. Die Zeiten sind endgültig vorbei, in denen E-Bike-Fahrer belächelt wurden, sie den Ruf hatten, nur für Unsportliche etwas zu sein. Das hat allerdings seinen Preis: Den E-Worldtraveller-S der niederländischen Firma Koga gibt es ab 4300 Euro, das Supercharger-Rad von Riese & Müller aus Weiterstadt ab 4499 Euro. Es sind Räder, mit denen sich auch große Touren gut machen lassen. Zumal sich auch ein zweiter Akku einbauen lässt.

Neues Klicksystem für Radtaschen

Wer mit dem Rad in der Stadt unterwegs ist, braucht vergleichsweise wenig Gepäck. Ein wenig Stauraum ist aber schon nötig – für Akten, Laptop und so fort. Doch nimmt man die Tasche über die Schulter, mag das schon mal störend sein. Also ran ans Rad? Die Technik dafür wird bequemer.

Bislang störten oft Haken an Radtaschen, die sich an den Gepäckträger klicken lassen. Die Firma Ortlieb aus dem mittelfränkischen Heilsbronn zum Beispiel hat jetzt aber das Quick-Lock-3.1-System. Die Haken befinden sich am Gepäckträger, die Gegenstücke an der Tasche sind nun sehr flach.

Getriebeschaltung pflegeleichter als Kettenschaltung

Im Grunde entscheidet aber vor allem eins, ob man für den Weg ins Büro das Rad nimmt: Es muss ohne große Anstalten funktionieren, immer. Von „wartungsarm“ sprechen dann die Fachleute. Die klassische Kettenschaltung fällt nicht darunter. Sie empfehlen eher die Getriebeschaltung.

Hersteller tüfteln darum an immer neuen Ideen, wie etwa das baden-württembergische Unternehmen Pinion. Die jüngste Generation seines legendären Zentralgetriebes, die C-Linie mit sechs, neun oder zwölf Gängen, braucht nur einmal im Jahr einen Ölwechsel.

In diesem Jahr unterschreiten Fahrräder mit praktischer Tretlagerschaltung auch erstmals die 2000-Euro-Grenze. Wer dann noch die Carbonriemen wählt, die immer häufiger die klassische Fahrradkette ersetzen, erspart sich auch, sie zu schmieren – und die lästige dreckige Hose.

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    Die neue Lust am Schrauben

    Nicht die Kette schmieren wollen ist allerdings nicht damit gleichzusetzen, dass niemand mehr anpacken will – im Gegenteil. An Fahrrädern schrauben ist angesagt. Das passt zu den jetzigen Zeiten, in denen in vielen Städten Repair-Cafés aufmachen. Dahinter stehen gleich zwei Trends: die Lust, etwas selber zu machen, und der Kampf gegen die Wegwerfkultur.

    Längst überlassen es die Hersteller darum nicht mehr allein den Laien, in Videos auf Youtube zu erklären, wie sich eine Bremse oder anderes wechseln lässt. Firmen wie der US-amerikanische Hersteller von Komponenten, Sram, zeigen im Internet selbst, wie sich seine Schaltungen warten und auch montieren lassen.

    Kein Wunder, dass sich im 2018er-Angebot auch das Werkzeug für die engagierten Hobby-Radschrauber findet – vom Pro Home Set des slowenischen Werkzeugherstellers Unios für 372,99 Euro zum Beispiel bis zum Montageständer Folding Repair Stand des US-Herstellers Pedro’s für 389,99 Euro.

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      Gut geparkt

      Bleibt am Ende des Weges die Frage: Wo lässt sich das Rad gut parken? Zum Beispiel an der Wand. Dafür gibt es neuerdings Fahrradlifte wie den Velow Up! (179 Euro). Das Vorderrad wird an einem Haken eingehängt, ein Hebemechanismus mit Gasdruckfeder zieht das Rad in eine vertikale Parkposition. Das spart Platz und Chaos.

      Vom Dienstwagen zum Dienstrad

      Im Jahr 2016 sind in Deutschland laut dem Zweirad-Industrie-Verband 4,05 Millionen Räder und E-Bikes verkauft worden. Ein interessantes Finanzierungsmodell: Der Chef least ein Rad statt eines Dienstwagens für seine Angestellten. Denn seit 2012 werden Diensträder steuerlich ähnlich behandelt wie ein Dienstwagen.

      Grob funktioniert das so: Der Arbeitgeber macht einen Rahmenvertrag mit einem Anbieter. Der Mitarbeiter wählt ein Rad aus. Die Leasingraten werden über Gehaltsumwandlung von dessen Bruttogehalt abgezogen. Damit sinkt das zu versteuernde Einkommen. Mitarbeiter und Unternehmen müssen weniger Abgaben leisten.

      Am Ende der meist dreijährigen Laufzeit kann der Mitarbeiter das Rad dann oft für eine geringe Restzahlung kaufen. Die Gegenrechnung des geldwerten Vorteils der Fahrradnutzung, den das Finanzamt in Rechnung stellt, schmälert den positiven Effekt, neutralisiert ihn aber nicht, hat der Verbraucherinformationsdienst Finanztip berechnet.