Berlin. Kontakte pflegen, informieren, einkaufen: Die digitale Welt bietet viele Vorteile. Wo Senioren Hilfe für den Internet-Einstieg finden.

Ob am PC, Laptop oder Smartphone: Die Digitalisierung kann gerade auch älteren Menschen das Leben erleichtern – um in Kontakt mit den Enkeln zu bleiben, Informationen zu suchen oder auch Waren bequem online zu bestellen. Aber wie erlernt man auch im Alter den Umgang mit den digitalen Geräten am besten?

Die gute Nachricht ist: Viele aus der älteren Generation haben den Sprung in die digitale Welt schon geschafft. Nur 13 Prozent der Bundesbürger zwischen 66 und 75 Jahren nutzen die neuen Möglichkeiten nie, ergab eine aktuelle Befragung für den Digital-Index der Initiative D21. Bei den über 75-Jährigen aber liegt der Anteil der „Offliner“ noch bei über 50 Prozent.

Guck mal, Oma: Kontakt halten per Videotelefonie – eine auch bei älteren beliebte Errungenschaft der Digitalisierung.
Guck mal, Oma: Kontakt halten per Videotelefonie – eine auch bei älteren beliebte Errungenschaft der Digitalisierung. © imago | imago stock&people

„Den Umgang mit digitalen Medien erlernen zu können, ist keine Altersfrage. Das gelingt wirklich allen Menschen, die es möchten – bis ins allerhöchste Alter, auch wenn sie es selbst vielleicht bezweifeln. Es sei denn, es liegt zum Beispiel eine Demenzerkrankung oder eine andere schwerwiegende Beeinträchtigung vor“, sagt Janina Stiel, Leiterin der Servicestelle „Digitalisierung und Bildung für ältere Menschen“, eines Angebots der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (Bagso).

Gerade in der Corona-Pandemie haben Ältere bemerkt, wie sie von Kontakten zu anderen über Chat- und Videodienste, von der E-Mail-Kommunikation und vom Internet profitieren können. Andere, die davon abgeschnitten waren, hatten oft Schwierigkeiten. Selbst beim Buchen eines Impftermins.

Digitale Welt: Wie Älteren der Einstieg ins Internet gelingt

Wer digitale Kompetenzen nun erlernen oder sie verbessern möchte, kann verschiedene Wege gehen. Dazu gehören das selbstgesteuerte Lernen, das Lernen mit Familie und Freunden, in Bildungseinrichtungen wie der Volkshochschule, im Rahmen von Schulprojekten zusammen mit Schülerinnen und Schülern sowie in Freiwilligeninitiativen, wie es in einer Expertise für den jüngsten Altersbericht der Bundesregierung heißt.

„Nach unseren Erfahrungen lernen die meisten älteren Menschen am leichtesten, wenn sie sich in einer Freiwilligeninitiative oder in einem ähnlich informellen Setting zusammenfinden“, sagt Janina Stiel. Ihre Begründung: „Die Lehrenden sind eigentlich Lehrbegleitende und selbst in einem fortgeschrittenen Alter. Sie kennen sich mit digitalen Geräten gut aus und geben ihr Wissen weiter. Das Problem ist: Diese Initiativen sind noch zu wenig bekannt.“

Computerkurse in der Volkshochschule

Ein Tipp: Die Bagso führt eine bundesweite Liste mit rund 500 Freiwilligengruppen (0228/24999350, Montag bis Freitag von 10 bis 16 Uhr). Auch Kommunalverwaltungen oder Seniorenbeiräte können über Angebote informieren.

Eine Alternative zu solchen Initiativen sind Computerkurse, die von vielen Volkshochschulen und teils auch von Wohlfahrtsverbänden örtlich angeboten werden. Wer Grundkenntnisse hat und lieber alleine lernt, findet Material auf der vom Bund geförderten Plattform digital-kompass.de. Den Einstieg erleichtert die Bagso-Broschüre „Wegweiser durch die digitale Welt für ältere Bürgerinnen und Bürger“, die beim Pu­blikationsversand der Bundesregierung kostenfrei bestellt werden kann (030/182722721).

Facebook, Instagram, Twitter: Verbraucherzentralen bieten Lerneinheiten

Für die Zielgruppe 50 plus bieten die Verbraucherzentralen Lerneinheiten an. Die Themen des „Smart Surfer“-Programms reichen von Streamingdiensten, Spiele-Apps und Videoportalen über soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram und Twitter bis hin zum Schutz vor Online-Betrügern, Datenschutz und digitalem Nachlass.

„Smart Surfer wünschen sich gute, fundierte Informationen. E-Learning kann es ermöglichen, Neues zu lernen – und zwar selbstständig, ortsunabhängig und mit Spaß dabei“, sagt Ulrike von der Lühe, Vorstand der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.

Digitales gemeinsam lernen in Freiwilligenreffen

Das gemeinsame Lernen in Freiwilligenreffen hat nach Einschätzung von Bagso-Expertin Stiel aber Vorteile gegenüber Kursen und dem Lernen auf eigene Faust: „Die Menschen, die sich in kleinen Gruppen begegnen, haben alle ungefähr das gleiche Alter. Die Initiativen sind anders als Kurse nicht zeitlich befristet, sodass die Lehrperson langfristig zur Verfügung steht. Und es fallen keine oder ganz geringe Kosten an.“

Außerdem gebe es keinen festen Lehr- und Zeitplan. „Was gelernt wird, kann ganz auf die Bedürfnisse der ­Teilnehmer zugeschnitten werden – bis hin zur Eins-zu-eins-Begleitung“, sagt Stiel. Zeit für die Geselligkeit bleibe auch. „Es gibt Freiwilligengruppen, die sich zu einem smarten Frühstück treffen und dabei ganz ungezwungen gemeinsam lernen. Oder eine Wandergruppe, die schon viele Jahre gemeinsam wandern geht, übt mit dem Smartphone anhand einer Wander-App“, erläutert Janina Stiel weiter.

Mit Apps geistig fit bleiben und Spaß haben

Dass Anfänger sich der Aufgabe ­stellen, kann verschiedene Gründe haben. „Die Menschen erfahren, dass man beispielsweise den ,Tatort‘ auch zu einer anderen Zeit im Fernsehen sehen kann, das weckt ihr Interesse. Männer haben auch schon angefangen mit dem Smartphone-Lernen, weil sie in einer Tank-App nach den günstigsten Benzin­preisen schauen wollten“, so die Bagso-Expertin.

Viele möchten mit dem Lernen auch geistig fit bleiben. Oder es ­mache ihnen Spaß, am PC oder Smartphone zu spielen oder ein Kreuzworträtsel zu lösen. Den Kontakt zur Familie, zu Freunden und Vereinen zu halten, erleichtere die Digitaltechnik ohnehin. ­Janina Stiel: „Es gibt auch über 90-Jährige, die sich Bilder von den Enkeln über Whatsapp schicken lassen.“

Internet-Einstieg: Viele Ältere wünschen sich mehr Hilfe

Laut Digital-Index 2021/22 halten vor allem die Jahrgänge bis 1945 Distanz zur digitalen Welt. Sie haben entweder wenig Berufserfahrung mit dem Internet gesammelt oder es im ganzen Leben nie benötigt. In einer Befragung des Digital-Verbandes Bitkom sagte aber sogar die Mehrheit der Bundesbürger ab 65 Jahren, die online bereits unterwegs sind, dass sie sich mehr Hilfsangebote für Menschen wünschen, die nicht mit dem Internet groß geworden sind.

Wer Enkel hat, wird von ihnen vielleicht diese Hilfe bekommen. Aber Achtung: Sich auf die nachwachsende Generation zu verlassen, kann auch schiefgehen. „Es kommt doch sehr oft vor, dass die Enkel das Gerät ins Haus bringen, es einrichten und kurz erklären, dann aber nicht länger Zeit haben für das Einüben mit den Großeltern“, sagt Expertin Janina Stiel.