Berlin. Welchen Einfluss haben Blutgruppen auf eine Erkrankung mit Covid-19 und den Krankheitsverlauf? Diverse Studien geben möglich Antworten.

  • Studien deuten darauf hin, dass Blutgruppen einen Einfluss auf Verlauf und Schwere einer Covid-19-Erkrankung haben
  • Zudem sind Menschen mit einer bestimmten Blutgruppe möglicherweise weniger anfällig, überhaupt zu erkranken
  • Die häufigste Blutgruppe in Deutschland scheint das Risiko für einen schweren Verlauf der Erkrankung zu erhöhen

Hat die Blutgruppe einen Einfluss auf Verlauf und Schwere einer Covid-19-Erkrankung? Dieser Frage widmeten sich Forscher bereits ab Beginn der Pandemie. Wissenschaftler der Universitätsklinik Kiel fanden im Juni in einer Studie heraus, dass Menschen mit Blutgruppe 0 ein geringeres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben könnten. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch chinesische Forscher.

Nun untermauern zwei weitere Studien aus Dänemark und Kanada diese Vermutung. Die am Mittwoch veröffentlichten Forschungsergebnisse zeigen nicht nur, dass Menschen mit Blutgruppe 0 weniger anfällig für schwere Verläufe sind. Sie haben offenbar auch eine geringere Wahrscheinlichkeit, überhaupt an Covid-19 zu erkranken.

Für die dänische Studie verglichen Wissenschaftler insgesamt 473.654 Coronavirus-Tests, die von Februar bis Juli durchgeführt wurden. Nur 7.422 Tests fielen positiv aus. Von den positiv getesteten Personen wiesen nur 38,4 Prozent die Blutgruppe 0 aus, obwohl sie 41,7 Prozent einer Kontrollgruppe bestehend aus 2,2 Millionen Menschen ausmachten. Lesen Sie auch: Neue Corona-Regeln: Das ist der Stand der Verhandlungen

Covid-19: Blutgruppe 0 könnte ein geringeres Risiko bedeuten

„Blutgruppe 0 ist mit einer verringerten Anfälligkeit für SARS-CoV-2-Infektionen assoziiert“, heißt es in der Studie aus Dänemark. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich Menschen mit Blutgruppe 0 nicht mit dem Virus infizieren können. Zudem sind die Ergebnisse nicht vollständig valide, da nur von lediglich 62 Prozent der Teilnehmer überhaupt Informationen zur Blutgruppe vorlagen.

In der Studie aus Kanada wurden Patienten untersucht, deren Covid-19-Verlauf schwer war. Von 95 untersuchten Studienteilnehmern mussten 84 Prozent der Personen mit Blutgruppe A und AB künstlich beatmet werden. Bei Patienten mit den Blutgruppen 0 oder B waren es hingegen nur 61 Prozent.

Zudem mussten die Probanden mit Blutgruppe A und AB durchschnittlich länger intensivmedizinisch behandelt werden, im Schnitt 13.5 Tage. Im Vergleich dazu blieben Patientin der anderen Blutgruppen durchschnittlich neun Tage auf der Intensivstation.

Studie aus Kiel: Blutgruppe A hat höheres Risiko für schweren Verlauf

Bereits im Juni kamen Wissenschaftler der Uniklinik Kiel zu ähnlichen Resultaten in Bezug auf die Schwere von Covid-19-Erkrankungen. Demnach haben Menschen mit der in Deutschland häufigsten Blutgruppe A ein um knapp 50 Prozent höheres Risiko für einen schweren Verlauf als solche mit anderen Blutgruppen. Menschen mit Blutgruppe 0 haben der Studie zufolge eine um etwa 50 Prozent geringere Gefahr für eine ernste Covid-19-Erkrankung.

Das Team um den Molekularbiologen Andre Franke untersuchte für ihre Studie Blutproben von 1610 Covid-19-Patienten aus sieben Krankenhäusern in fünf italienischen und spanischen Städten, die in den Epizentren der Pandemie lagen, und verglichen sie mit Daten einer Kontrollgruppe. Die Patienten hatten alle einen schweren Infektionsverlauf. Auch interessant: Covid-19: Neue Quarantänepflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten

Die Forscher untersuchten das DNA-Material und fanden heraus, dass Menschen mit der Blutgruppe A und einem positiven Rhesusfaktor (A +) ein höheres Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf haben als Menschen anderer Blutgruppen. Die gleiche gute Nachricht hatten die Wissenschaftler für Menschen mit der Blutgruppe 0: Sie könnten ein geringeres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben.

Chinesische Studien decke sich mit anderen Ergebnissen

Mit welchen absoluten Risiken die diversen Blutgruppen für eine schwere Covid-19-Erkrankung durchschnittlich verbunden sind, ermittelte die Studie nicht. Die Resultate passen zu den Ergebnissen zweier anderer Preprint-Studien aus China und den USA, die das Blut von Covid-19-Patienten untersucht hatten. „Diese beiden Gruppen haben Menschen serologisch untersucht, wir kamen von der genetischen Seite“, erläutert Franke. „Das bringt zusätzliche Evidenz.“

Die Autoren wissen nicht, warum die Blutgruppe die Schwere einer Covid-19-Infektion beeinflussen kann. Allerdings sei der Genort für die Blutgruppe mit bestimmten Entzündungsbotenstoffen verbunden. Andere Studien haben gezeigt, dass das Virus bei manchen Erkrankten zu einer Überreaktion des Immunsystems mit heftigen Entzündungsreaktionen im Körper führt. Lesen Sie auch: Erwartungen an Corona-Warn-App bleiben unerfüllt

Welche Blutgruppe habe ich?

Die Blutgruppe A + kommt in Deutschland mit 37 Prozent am häufigsten vor, gefolgt von der Blutgruppe 0+ mit 35 Prozent.

Mit ein und zwei Prozent sind die Blutgruppen AB negativ und B negativ am seltensten.

Welche Blutgruppe durch die eigenen Adern fließt, lässt sich etwa beim Blutspenden erfahren. Auch der Hausarzt kann Auskunft geben – das kostet aber Geld. (lary/bef/lhel)

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