Berlin. Tut sich auf einem Konto 30 Jahre lang nichts, können sich Banken das Geld gutschreiben. Gegen diese Praxis regt sich jetzt Widerstand.

Auf Millionen von Konten deutscher Banken und Sparkassen tut sich im Wortsinn gar nichts. Irgendwann eingerichtet, wurde dort Geld geparkt – und in so manchem Fall schlicht vergessen. Das NRW-Finanzministerium, damals unter Führung von Norbert Walter-Borjans (SPD), schätzte 2016, dass in Deutschland zwei Milliarden Euro auf „herrenlosen Konten“ schlummern. Was der Öffentlichkeit kaum bekannt sein dürfte: Nach Ablauf einer gewissen Zeit dürfen Banken dieses Geld behalten.

Die Rede ist von „nachrichtenlosen Konten“. Wenn der Bank der Kontakt zum Kunden verloren geht – sei es im Todesfall, sei es bloß durch eine Adressänderung – beginnt die Uhr zu ticken. Nach exakt 30 Jahren klingelt dann der Wecker, und die Bank ist berechtigt, ein noch vorhandenes Guthaben „auszubuchen“, mit anderen Worten: sich selbst gutzuschreiben. Aus Sicht der Banken fordere dies das Bilanzrecht.

Kritik an der „Minimalrecherche“ der Kreditinstitute

So erklärt es sich, dass die Anstrengungen der Banken bisweilen nicht sonderlich ausdauernd sind, wenn es darum geht, einen verloren gegangenen Kunden wiederzufinden. Als ausreichend, so beklagt es etwa der Verband Deutscher Erbenermittler, gelten teils schon Anfragen beim Einwohnermeldeamt oder die Nutzung der Umzugsdatenbank der Deutschen Post. Und sollte diese Minimalrecherche nichts ergeben, haben die Banken ihrer Pflicht damit eben Genüge getan.

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    Auch andere Beobachter des Bankensektors wie etwa die Verbraucherzentralen sind der Meinung, dass die Banken mehr dafür tun könnten, dass die Guthaben längst verstorbener Kontoinhaber auch bei den rechtmäßigen Erben ankommen. Alexander von Schmettow vom Spitzenverband der Sparkassen (DSGV) stellt hingegen klar: Von sich aus müssen Banken nicht tätig werden. „Das Kreditinstitut ist dazu nicht verpflichtet. Umgekehrt wird eine Suche eingeleitet, wenn ein Erbe nach Konten seiner verstorbenen Angehörigen sucht und keinerlei Kenntnisse hat“, sagt von Schmettow.

    Wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen

    Das kann allerdings der sprichwörtlichen Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen gleichkommen. Denn wenn der Erbe gar nicht weiß, ob es irgendwo ein vergessenes Konto, Wertpapierdepot oder Schließfach gibt: Bei welcher Bank soll er dann anfangen, danach zu suchen?

    Wenigstens gibt es die Erleichterung, dass der suchende Erbe nicht bei jeder Bank einzeln nachfragen muss. Zumindest bei den Kreditinstituten, die einem der größeren Branchenverbände angehören, genügt in der Regel eine Anfrage an die zentrale Servicestelle, um alle Mitgliedsunternehmen des Bundesverbandes deutscher Banken, des Sparkassen- und Giroverbandes und des Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken abzudecken.

    Das gilt allerdings nicht für die ganze inländische Bankenlandschaft – nicht zuletzt, weil seit 2017 der Bundesverband Öffentlicher Banken, zu dem unter anderem die Landesbanken und die Förderbanken des Bundes und der Länder gehören, an seine Mitglieder verweist.

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      Erben müssen sich bei verschiedenen Institutionen durchfragen

      Ein zentrales Register für alle nachrichtenlosen Konten, wie es etwa die Erbenermittler oder auch die Grünen im Bundestag fordern, gibt es jedoch nicht. Bisher müssen Erben, die verschollenen Konten auf der Spur sind, noch die unterschiedlichen Institutionen anfragen. Dafür immerhin sind die Regularien einheitlich, auch was die Legitimation betrifft.

      Alexander von Schmettow vom DSGV erklärt: „Der Erbe muss sich entweder mit Erbschein oder Testament (nur in Kopie) legitimieren. Sonst leitet die Nachforschungsstelle des DSGV gar kein Suchverfahren ein. Wir verlangen also die entsprechende Legitimation. Dritte, etwa die Anwälte des Erben, benötigen zusätzlich eine Vollmacht.“ Entsprechend halten es auch die anderen Bankenverbände.

      Banken dürfen Gebühr für Nachforschung verlangen

      Ganz umsonst ist der Service allerdings nicht. Die Banken sind zwar verpflichtet, Auskünfte zu einem konkreten Anlass zu geben, etwa dem Finanzamt auf Anfrage mitzuteilen, welche Guthaben ein Verstorbener bei ihnen hat; die Anfrage seitens eines echten oder vermeintlichen Erben ist dagegen kostenpflichtig.

      Für einen solchen Antrag auf Kontennachforschung dürfen Kreditinstitute grundsätzlich eine Gebühr verlangen; Fantasiepreise jedoch sind nicht zulässig, sondern müssen angemessen sein und sich am tatsächlichen Aufwand orientieren, der im Rahmen der Nachforschung entstanden ist.