Sölden/München. Das Coronavirus stellt auch den alpinen Ski-Weltcup vor große Probleme. Mit umfangreichen Hygienemaßnahmen sollen der Winter und viel Geld für den Sport gerettet werden. Aus Sicht von Experten geht es “ums Überleben“.

Wenn die alpinen Ski-Asse am Wochenende in Sölden den Rettenbachgletscher hinab rasen, beginnt nicht nur der Kampf um Siege, Punkte und funkelnde Kristallkugeln.

Die traditionelle Weltcup-Saisoneröffnung in Tirol ist auch der erste Test, ob sich der Ski-Zirkus gegen das Coronavirus behaupten kann. Strenge Hygieneregeln, abgeschirmte Teilnehmer-Bereiche, viele Tests und eindringliche Appelle an alle Beteiligten: Mit umfangreichen Anti-Corona-Plänen sollen der Pandemie-Winter und sein Höhepunkt bei der WM im Februar in Cortina d'Ampezzo gerettet werden.

"Wir haben eine Mission: Wir müssen Rennen fahren. Heuer geht es ums Überleben", verkündete Herren-Rennchef Markus Waldner jüngst. Etwas weniger martialisch, aber ähnlich ernst sieht der deutsche Bundestrainer Christian Schwaiger die Lage. "Natürlich ist es eine Existenzfrage, was heuer im Winter passiert", sagte der Coach.

Der Beginn der Pandemie hatte die Alpinen im März noch um das Saisonfinale gebracht. Um den anstehenden Winter in der Schnupfen- und Erkältungssportart Skifahren ohne grobe Corona-Ausfälle zu überstehen und vor allem die Sponsoren-, Werbe- und TV-Einnahmen zu sichern, wurde fast alles dem Infektionsschutz untergeordnet.

Auf den Rettenbachgletscher im Ötztal darf in dieser Woche nur, wer einen negativen Corona-Test vorweisen kann; vor Sölden wird eine mobile Laborstation aufgebaut. Um keine Touristen rund um die Rennen zu haben, wurden die beiden Riesenslaloms um eine Woche vorverlegt. Es wurden vier sogenannte Blasen - Teams, Staff, Medien und spezielle Gäste - geschaffen, die keinen direkten Kontakt zueinander haben dürfen.

"Wir wollen und müssen zum Auftakt demonstrieren, dass Hochleistungssport im Schnee unter den gegebenen Umständen und Auflagen in der Saison 2020/2021 stattfinden kann", meinte der deutsche Alpinchef Wolfgang Maier. Sölden habe als bewährter Austragungsort beste Voraussetzungen. "Das Konzept ist sehr strikt und funktioniert sicher", sagte Renndirektor Waldner bei ServusTV.

Fans an der Strecke sind nicht erlaubt. "In der aktuellen Situation ist es für alle Beteiligten besser, wenn keine Zuschauer dabei sind, glaube ich. Für uns Sportler ist es aber natürlich brutal schade", sagte der deutsche Riesenslalom-Hoffnungsträger Stefan Luitz.

Der Weltverband Fis hatte wegen Covid-19 schon die Rennkalender verändert. Die Nordamerika-Events wurden gestrichen, Damen und Herren sowie Speed- und Technik-Wettbewerbe sollten weitgehend getrennt bleiben. Die Idee ist, dass es möglichst wenig Überschneidungen bei den Sportlern gibt, um das Infektionsrisiko zu minimieren.

Am ersten Slalom-Wochenende im November in Levi fahren nur Frauen. In Garmisch-Partenkirchen im Februar findet neben der Herren-Abfahrt ein Super-G statt eines Riesenslaloms statt, damit nur Speed-Fahrer anreisen. "Wenn wir gewisse Dinge einhalten, haben wir sicher eine coole Wintersaison", prognostizierte Coach Schwaiger.

Das hofft auch Viktoria Rebensburg, die nach mehr als einem Jahrzehnt Weltklasse ihre Karriere beendet hat und nun als Zuschauerin gespannt ist auf den Winter. "Für die Athleten, die um Disziplin- und Gesamtwertungen mitfahren, wird das oberste Gebot sein, gesund zu bleiben", sagte die 31-Jährige der Deutschen Presse-Agentur, "denn mit einem positiven Test droht man zwei Wochen auszufallen und kann in der Zeit keine Punkte einfahren." So dürfte der Weltcup-Winter also aussehen, in dem ein kleines Virus der größte Gegner ist.

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