Bielefeld. Groß war die Hoffnung bei Hertha BSC, dass im Januar alles besser wird. Als Monat der Entscheidung hatte ihn Bruno Labbadia bezeichnet. Doch bei den Berlinern bleibt sportlich alles grau in grau. Nach der Niederlage in Bielefeld wählt der Trainer deftige Worte.

Aus purem Ärger rutschten Bruno Labbadia am Tag nach dem unerklärlichen Rückfall in Bielefeld gleich mehrere Schimpfwörter heraus.

"Es ist einfach Shit, dass wir so ein Spiel nicht für uns entscheiden. Wir sind im Dreck gelandet. Jetzt müssen wir wieder aufstehen", forderte der Trainer von Hertha BSC nach dem 0:1 in Ostwestfalen und einer frustrierenden Rückfahrt eine schnelle Reaktion des Berliner Fußball-Bundesligisten.

Die Spurensuche für das erneute Scheitern des Big City Clubs in der Provinz beschäftigte Labbadia wie schon nach den Enttäuschungen vor Weihnachten intensiv. Immer, wenn wie nach dem 3:0 gegen Schalke ein Positivtrend möglich wäre, bricht die Hertha als labiles Gebilde wieder zusammen. "Wir haben einfach Scheiße viel liegen lassen. Da geht es dir persönlich auch nicht optimal", sagte der sonst für gepflegte Wortwahl bekannte 54-Jährige.

Hertha - als Millionen-Investitionsobjekt von Geldgeber Lars Windhorst für Europa auserkoren - steckt im unteren Tabellendrittel fest. Die Abstiegsränge sind näher als das internationale Geschäft. Doch Labbadia hat keine rechte Erklärung für die Fehlleistungen seines immer noch nicht zu einer Einheit formierten Teams.

"Das hat nichts mit Ratlosigkeit zu tun, aber es wäre Blödsinn etwas zu erzählen, wo es keine Erklärung gibt", sagte Labbadia am Montag. Der Blick geht beim Trainer jedenfalls unbeirrt nach vorne. "Wir haben ein Spiel vor der Brust mit Köln, die auch zu wenig Punkte haben. Das wird ähnlich wie gegen Bielefeld. Da sind wir gefragt, das ist der Fokus", sagte Labbadia vor dem nächsten Duell am Samstag.

Die schlechte Nachricht hatte der Coach da schon verkündet. Ob Matheus Cunha im Rheinland schnell zurückkehrt, lässt sich nicht sagen. Möglicherweise fehlt der wichtige Offensivspieler den Berlinern wegen seiner Leistenprobleme länger. "Er hatte es schon öfter, nicht nur hier, sondern in seiner Karriere", sagte Labbadia. "Mal abwarten, ob er überhaupt in Frage kommt für Köln."

Spätestens eine Niederlage beim FC dürfte für Labbadia die Zukunftsfrage in Berlin konkret werden lassen. Formal kann Investor Windhorst keinen Einfluss auf die Personalpolitik nehmen, doch bei einem Volumen von 374 Millionen Euro dürfte der Geldgeber nicht schweigend unteres Mittelmaß akzeptieren. Neben Labbadia steht längst auch Manager Michael Preetz massiv unter Druck.

Aus der Mannschaft selbst kommt auch kein über Phrasen hinausgehendes Signal des Aufbruchs. "Wir haben den Kampf nicht so angenommen. Das darf nicht passieren", sagte Maximilian Mittelstädt. Und Niklas Stark monierte: "Es geht nicht nur mit Schönspielen. Man muss auch mal dagegenhalten." Labbadia reagierte auf diese Worte mit leichtem Zynismus. "Wenn Niklas das sagt", meinte der 54-Jährige: "Er ist ja Spieler und stand mit auf dem Platz."

Starks Kritik setzt am richtigen Punkt an. Denn die Mannschaft ist in Sachen Mentalität zu schwach zusammengestellt. Eine Fehlleistung von Preetz. Und die individuelle Qualität ist nicht so groß, dass das Fehlen des besten Fußballers Matheus Cunha kompensiert werden könnte. "Er ist ein Spieler, der das Besondere reinbringen kann", sagte Labbadia: "Das hätten wir als Mannschaft auffangen müssen. Aber das haben wir nicht gemacht."

In den kommenden drei Spielen gegen den 16. Köln, den 14. Hoffenheim und den 13. Bremen muss sich Berlin erst mal der Konkurrenten im Rücken entledigen. Erst dann kann - ersehnte Konstanz vorausgesetzt - leise wieder das Träumen Richtung Europa beginnen.

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