Frankfurt/Main. Die Leichtathleten gehen in den Endspurt der “late season“, der späten Saison in Corona-Zeiten. Eigentlich wären sie jetzt bei der EM in Paris. Trotz der schwierigen Bedingungen haben Asse wie Sprinter Deniz Almas und Bo Kanda Lita Baehre die Gunst der Stunde genutzt.

Heute hätte in Paris die Leichtathletik-Europameisterschaft begonnen - als nacholympische Veranstaltung mit so einigen Medaillenchancen für die deutschen Asse. Die Corona-Krise aber hat fast alles durcheinandergewirbelt.

Und doch: Einige Athleten wie Johannes Vetter, Malaika Mihambo, Bo Kanda Lita Baehre und Deniz Almas sind auch jetzt in so guter Form, dass sie bei der EM zum Favoritenkreis gehört hätten.

Die beiden deutschen Olympiasieger von Rio 2016, Speerwerfer Thomas Röhler und Diskuswerfer Christoph Harting, haben diese Freiluft-Saison hingegen mehr oder weniger sausen lassen. Auch Zehnkampf-Weltmeister Niklas Kaul konzentriert sich nach einer Ellbogen-Operation auf die Vorbereitung für Tokio 2021. Die WM-Dritten Konstanze Klosterhalfen (5000 Meter) und Gesa Krause (3000 Meter Hindernis) kämpfen mit Blessuren beziehungsweise Formschwächen.

Dafür glänzen andere bei den eingeschränkten Wettkampf-Möglichkeiten:

Bo Kanda Lita Baehre: Der Stabhochspringer überwand beim Heim-Meeting in Leverkusen 5,81 Meter - persönliche Bestleistung. "Wenn das Knie hält, plane ich noch Starts beim Diamond League-Meeting in Rom und zum Abschluss beim Istaf in Berlin. Das sind die zwei Top-Wettkämpfe für mich in diesem Jahr. Ich habe noch richtig Lust, hoch zu springen", sagt der WM-Vierte von Doha und deutsche Meister. Ex-Weltmeister Raphael Holzdeppe hat der 21-Jährige jedenfalls den Rang abgelaufen.

Deniz Almas: Die Sprint-Entdeckung der Saison führt die europäische Bestenliste über 100 Meter mit 10,08 Sekunden an. "Turbotürke" nennt sich der gebürtige Schwarzwälder - der Vater ist Türke, die Mutter Deutsche. Der 23-Jährige vom VfL Wolfsburg überzeugte als deutscher Meister und will sich weiter für die Olympia-Staffel im nächsten Jahr empfehlen.

Johannes Vetter: Mit seinen 91,49 Meter von Turku/Finnland ist der Offenburger die internationale Nummer eins der Speerwerfer. Zudem tat sich der Weltmeister von 2017 als Kritiker jener Kollegen hervor, die bei den deutschen Titelkämpfen in Braunschweig ohne Zuschauer fehlten: "Da sind einige, die machen vor und nach den Meisterschaften noch munter Wettkämpfe - aber bei den deutschen Meisterschaften zeigen sie sich nicht."

Malaika Mihambo: Die Weitsprung-Weltmeisterin und "Sportlerin des Jahres" startete in Braunschweig. Mit verkürztem Anlauf kam die 26-Jährige von der LG Kurpfalz zwar nur auf 6,71 Meter, zeigte sich am Brett am souverän. Die sieben Meter hat in diesem Sommer noch niemand erreicht, und Mihambo wäre eine Gold-Kandidatin für Paris gewesen. Bei anderen Meetings startete sie über 100 Meter, um ihre Anlaufgeschwindigkeit zu steigern.

Elena Burkard: Die Studentin von der LG farbtex Nordschwarzwald läuft ein bisschen unterm Radar, aber: Über 3000 Meter Hindernis setzte die vielseitige Ausdauerspezialistin in Braunschweig Seriensiegerin Gesa Krause so zu, dass diese aufgab. Und in Europa ist sie derzeit mit einer Zeit von 9:50,31 Minuten die Nummer drei.

Carolin Schäfer: Die Vize-Weltmeisterin von 2017 gewann die Siebenkampf-Meisterschaften in Vaterstetten mit mäßigen 6319 Punkten. Damit steht die Frankfurterin in der Weltbestenliste auf Rang zwei hinter der Ukrainerin Alina Shukh (6386). Sie trainiert seit dem vergangenen Jahr bei den Eltern von Weltmeister Niklas Kaul und erhofft sich einen Schub mit Blick auf Olympia 2021. "Wir verstehen uns unwahrscheinlich gut, haben viel Dynamik in der Gruppe, das läuft rundum zufriedenstellend", sagte sie über ihr neues Team in Mainz.

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