Berlin. Minikraftwerke aus dem Handel erzeugen Strom auf dem Balkon oder im Garten. Die kleinen Windanlagen haben aber Tücken und ihren Preis.

  • Immer mehr Menschen setzen auf Öko-Strom, um nachhaltiger zu leben
  • Doch dieser muss nicht aus der Ferne kommen: Mit Mini-Windanlagen lässt sich inzwischen auch Strom selbst erzeugen
  • Wie funktioniert das? Welche Modelle gibt es?
  • Wir zeigen auch, ob sich die Heim-Kraftwerke lohnen

Kleine Windkraftanlagen erfreuen sich zunehmender Beliebtheit bei Verbraucherinnen und Verbraucher. Kein Wunder, manch einer vermutet, er könne damit Geld sparen. Doch ist das wirklich so? Was kosten die Windkraftanlagen für Zuhause? Und für wen lohnen sie sich? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Strom selbst produzieren: Wie teuer sind die Mini-Windanlagen?

Die Anschaffungspreise für die Turbinen liegen in einer gewaltigen Spannbreite zwischen einem geringen dreistelligen Betrag und mehreren Tausend Euro, je nach Leistung, Größe oder vermutlich auch Qualität. „Mit Billigprodukten wirst du nicht weit kommen“, stellt ­Patrick Jüttemann fest, der ein Online-Fachportal betreibt und als unabhängiger Fachmann Unternehmen und Verbraucher berät fest.

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    Unerprobte und qualitativ miserable Produkte werden ebenso angeboten wie in der Praxis bewährte Windkraftanlagen. Jüttemann hat auf seinem Fachportal Kauftipps zusammengestellt, die dort kostenlos heruntergeladen werden können.

    Kleine Windkraftanlagen: Unterschied zu Photovoltaikanlagen

    Die heutigen Minikraftwerke passen vom Platzbedarf her auf einen Balkon. Das bringt manchen Verbraucher auf die Idee, damit einen Teil des eigenen Strombedarfs zu erzeugen. Doch so einfach ist die private Energiewende leider nicht. „Das ist Spielerei“, weiß Reinhard Lock, Energieeffizienzexperte bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Viele verwechseln es mit kleinen Solaranlagen.“

    Die Sonnenenergie lässt sich auch im kleinen Rahmen problemlos gewinnen. Es bedarf nur weniger Schritte, um den eigenen Strom zu erzeugen. Komplette Anlagen gibt es für wenige Hundert Euro. Sie müssen nur angemeldet werden. Außerdem darf der Stromzähler nicht rückwärts laufen können. Sonst braucht es nur ein sonniges Plätzchen und eine Steckdose, über die die Sonnenenergie ins häusliche Netz geleitet werden kann.

    Für kleine Windanlagen sind sehr viel höhere bürokratische und technische Hürden zu überwinden.

    Windanlagen für zu Hause: Welche Regelungen sind vor dem Kauf zu beachten?

    Ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren gibt es hier nicht. Möglicherweise entscheidet der Netzbetreiber, ob der Betrieb auf dem Dach oder Balkon erlaubt wird. Die Regelungen sind in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich.

    Schwerer wiegen technische Herausforderungen. Da ist zum Beispiel das Geräusch, dass eine Anlage verursacht. Nachbarn soll der Betrieb nicht stören.

    Aufwendiger und damit kostspieliger sind die notwendigen Schutzvorrichtungen gegen eine Überlastung der Anlagen. Während eine starke Sonneneinstrahlung keine Auswirkung auf die Funktion einer Solaranlage hat, ist zu viel Wind Gift für die Windanlage. Denn die Leistung des Windes nimmt mit wachsender Stärke übermäßig zu. Bei einer doppelten Windstärke verachtfacht sich die Leistung. Ohne Schutzvorrichtungen können die Rotoren oder Generatoren dadurch kaputtgehen.

    Und noch ein weiterer Faktor, der Wind selbst, spricht gegen eine Miniwindanlage direkt am Haus. „Die Windbedingungen sind oft zu schlecht“, warnt Jüttemann. Am Haus entstehen Verwirbelungen, gegen die auch hochwertige Windräder nicht helfen. Das Fazit des Experten ist daher eindeutig: „Die Miniwindanlage auf dem Balkon ist keine gute Lösung“, sagt er.

    Miniwindpark auf dem eigenen Dach: Wer nicht gerade in der Stadt wohnt, kann damit etwas Strom selbst produzieren.
    Miniwindpark auf dem eigenen Dach: Wer nicht gerade in der Stadt wohnt, kann damit etwas Strom selbst produzieren. © iStock | istock

    Lohnen sich kleine Windkrafträder für das Zuhause finanziell?

    Wirtschaftlich sieht die Bilanz nach Berechnungen der Verbraucherzentrale nicht besser aus.

    • Deren Musterrechnung für eine Rotorfläche von 0,8 Quadratmetern ergibt eine Stromerzeugung von 98 Kilowattstunden im Jahr.
    • Die Ersparnis bei den Stromkosten beläuft sich beim Eigenverbrauch auf gerade einmal 29 Euro.

    Es braucht viele Jahre, bis sich die Anschaffung amortisiert hat.

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    Wie sieht es mit dem Betrieb außerhalb der Stadt aus?

    Die Bilanz kleiner Windanlagen sieht außerhalb der Stadt oder auf weitläufigen Grundstücken deutlich besser aus. So sind zum Beispiel Miniturbinen für Boote oder Campingmobile gute Helfer, die eine Batterie zum Betrieb der Freizeiteinrichtung gut füllen können. Auch in entlegenen Gebieten ohne Stromversorgung sind die Windräder für die Energieversorgung geeignet.

    Wirtschaftliches Potenzial sieht Jüttemann in Deutschland vor allem bei gewerblichen, kommunalen oder industriellen Betreibern. Bei ihnen gebe es noch viele nutzbare Standorte. „Kleinwindanlagen können in Deutschland eine Stütze der Energiewende sein“, glaubt er.

    Das internationale Potenzial für Kleinwindkraft hält er für riesig. Hier seien es vor allem die vielen Regionen und Standorte ohne Anschluss ans Stromnetz, die mit kleinen autarken Inselsystemen bestehend aus Photovoltaik, Kleinwindanlagen und Batterie betrieben werden können – als Alternative zum teuren und schmutzigen Dieselgenerator. Allein mit Photovoltaik komme man in sonnenärmeren Regionen nicht weit – man brauche eine kleine Windanlage als zusätzlichen Stromerzeuger.

    Dieser Artikel ist zuerst auf abendblatt.de erschienen.