Berlin. Die Leitmesse CES gibt den Takt vor. VR-Brillen, Gesundheitsmesser und Falthandys: Diese Neuerungen könnten das Technik-Jahr prägen.

Es sollte die triumphale Rückkehr werden – aber dem erhofften Comeback mit komplett versammelter Branche und vollen Hallen hat die aufkommende Omikron-Variante schnell den Stecker gezogen. Die Consumer Electronics Show (CES), ihres Zeichens weltgrößte Messe für Unterhaltungselektronik, sollte nach einer rein virtuellen Veranstaltung im Vorjahr dieses Jahr wieder voll durchstarten.

Stattdessen wurde die CES (5. bis 7. Januar) um einen Tag gekürzt, nachdem mehrere namhafte Schwergewichte ihre Präsenz abgesagt hatten: Neben Amazon, Google, Microsoft, Lenovo und den Chip-Herstellern Intel und AMD zum Beispiel hatten zuletzt auch die Autobauer BMW und Mercedes aus Sorge vor der Corona-Variante ihr Kommen abgesagt, stark heruntergedampft oder wollen sich auf Internetauftritte beschränken.

Der Veranstalter, die Consumer Technology Association (CTA), hatte zuletzt dennoch über 2200 Hersteller vor Ort in Las Vegas erwartet. Darunter Branchenriesen wie Samsung, LG, Sony, Panasonic oder Hisense. Die Verbliebenen wollen bis Freitag bei Impf- und Maskenpflicht den Fachbesuchern und Journalisten zeigen, was 2022 an neuer Technik auf den Markt kommt – oder an welchen zukunftsweisenden Prototypen gefeilt wird.

Wir beleuchten drei große Techniktrends und weitere spannende Neuerungen, auf die Verbraucherinnen und Verbraucher 2022 ein Auge haben sollten.

VR und AR: Brillen als Eintritt in virtuelle Welten

Was heute der Blick auf den Smartphone-Bildschirm ist, könnte nach und nach durch spezielle Brillenmodelle ersetzt werden. Geht es nach Branchenbeobachtern, werden virtuelle Realität (VR) und „Augmented Reality“ (AR), sogenannte erweiterte Realität, zunehmend ausgereifter und wichtiger. Die Schwester-Technologien ermöglichen es Nutzerinnen und Nutzern schon jetzt, in virtuelle 3D-Welten einzutauchen oder digitale Inhalte in die echte Welt zu projizieren und so die Realität zu erweitern.

VR-Brillen sind bislang aber noch recht klobig, umständlich zu bedienen und meist teuer. Bis auf eigenständig nutzbare Modelle wie der Oculus Quest 2 müssen sie zudem an einen schnellen PC oder eine Konsole angeschlossen sein. Das schränkt den Bewegungsradius ein.

Künftige VR-Brillen sollen virtuelle Welten wie Spiele noch realistischer darstellen, bequemer sitzen und immer bessere drahtlose Controller für die Bedienung mit den Händen mitbringen. Am Mittwoch bestätigte Sony einen Nachfolger der VR-Brille für die Konsole Playstation 5.

AR-Brillen dagegen ähneln eher normalen Brillengestellen. Dabei werden dem Träger vor dem Auge etwa Informationen zu Sehenswürdigkeiten eingeblendet, vor denen er gerade steht. Auch Texte oder 3D-Objekte können angezeigt werden und so die echte Welt optisch erweitern. Bisher geht das schon über AR-Apps auf dem Smartphone-Bildschirm. Zwar war Google vor einigen Jahren mit der Idee einer „Google Glass“ für die Nase zunächst gescheitert, scheint aber nun einen neuen Versuch zu starten. Der chinesische Hersteller Oppo hat mit der Air Glass bereits ein Modell für 2022 angekündigt. Auch über eine AR- oder VR-Brille von Apple für 2022 wird spekuliert.

Mit VR-Brillen können Nutzer in virtuelle Welten eintauchen. Neue Modelle dürften bequemer sein, bessere Grafik bieten und einen Ausblick auf Mark Zuckerbergs Zukunftsprojekt Metaverse erlauben.
Mit VR-Brillen können Nutzer in virtuelle Welten eintauchen. Neue Modelle dürften bequemer sein, bessere Grafik bieten und einen Ausblick auf Mark Zuckerbergs Zukunftsprojekt Metaverse erlauben. © Getty Images/iStockphoto | RyanKing999

Zum Vorreiter bei diesem Trend will sich der Konzern Metaehemals Facebook – aufschwingen. Wie Gründer Mark Zuckerberg im Herbst ankündigte, wolle man in den nächsten Jahren an einer Metaverse genannten Plattform für virtuelle Realität arbeiten. Langfristig sollen Nutzer dort in Gestalt von Avataren unabhängig vom Wohnort virtuell zusammenfinden, ihre Freizeit verbringen, dort arbeiten, lernen oder einkaufen können.

Eine fortgeschrittene VR-Brille namens Cambria hat Meta für dieses Jahr bereits angekündigt.

Smarte Gesundheitsüberwachung am Handgelenk

Mit der Smartwatch am Arm Gesundheitsdaten aufzeichnen, in Apps auf dem Smartphone analysieren und bei Bedarf mit zur Ärztin nehmen für weitere Untersuchungen: So datengefüttert könnte die persönliche Gesundheitsüberwachung bald immer häufiger aussehen, wenn man Experten glaubt.

Mehr Smartwatch-Modelle als bislang sollen künftig mit EKG- und Blutdruckmessung ausgerüstet sein. Den Blutsauerstoffgehalt schätzen können jetzige Modelle ebenfalls schon. Vergangenes Jahr gab es erneut Berichte, wonach die Hersteller um Samsung, Apple und Co. Sensoren für ihre Uhren entwickeln sollen, die auch den Blutzucker zuverlässig messen können. 2022 könnten erste Modelle erscheinen. Für Diabetiker wäre es eine willkommene Erleichterung.

Auf freiwilliger Basis könnten Nutzer technisch problemlos bald auch einzelne Gesundheitsdaten ihrer Uhr mit der Krankenkasse teilen, um so beispielsweise Boni für einen gesunden Lebensstil zu erhalten.

Smartwatches könnten 2022 weitere Sensoren zur Überwachung von Gesundheitswerten dazubekommen. Der erwartete nächste Schritt wäre die Smartwatch zur Blutzuckermessung.
Smartwatches könnten 2022 weitere Sensoren zur Überwachung von Gesundheitswerten dazubekommen. Der erwartete nächste Schritt wäre die Smartwatch zur Blutzuckermessung. © Getty Images/iStockphoto | Sitthiphong

Klapp- und Falt-Smartphones werden massentauglich

Klapphandys waren schon in den 1990er-Jahren beliebt. Smartphones mit in der Mitte faltbarem Bildschirm aber sind erst seit 2019 auf dem Markt. Inzwischen haben Nachfolger die gängigsten Kinderkrankheiten beseitigt: Der Knick auf dem Bildschirm stört kaum noch, die Scharniere öffnen und schließen geschmeidiger, sie sind gegen Staub und Wasser geschützt und die Geräte sind insgesamt robuster gegen Schäden.

Vorteil dieser sogenannten Foldables: Sie lassen sich entweder wie das Samsung Galaxy Z Fold 3 oder das Huawei Mate X2 mit einem Griff auf Tablet-Größe auffalten, um Videos zu schauen, mehrere Apps anzuzeigen und, teils mit Stift, produktiv zu arbeiten. Andere wie das Samsung Galaxy Z Flip 3 oder das Motorola Razr 5G lassen sich von Smartphone-Größe auf die Hälfte zusammenklappen, sodass sie in jede Hosentasche passen.

Nachfolger in diesem Jahr dürften nochmals stabiler und somit alltagstauglicher daherkommen und langlebigere Faltbildschirme mitbringen. Mit dem Find N von Oppo kommt mindestens ein neuer Hersteller dazu. Vor allem aber dürften sie endlich auch erschwinglicher werden. Bisher kosten Falthandys noch zwischen 1000 und 2000 Euro und sind eher ein Lifestyle-Gadget.

Smartphones stehen aber weniger auf der CES als vielmehr auf dem folgenden Mobile World Congress (MWC, 28. Februar bis 03. März.) im Mittelpunkt. Dort sind auch faltbare Modelle zu erwarten.

Was 2022 sonst noch auf Technik-Fans zukommt

Smarthome: Haushaltsgeräte, Beleuchtung und Sicherheit daheim werden sich Beobachtern zufolge weiter vernetzen. Ein Zugpferd hierbei: der neue Funkstandard Matter. Er sorgt dafür, dass sich Geräte vieler verschiedener Hersteller verständigen können.

KI-Assistenten: Alexa, Google Assistant und Co. werden schlauer, lassen sich noch mehr auf den Besitzer hin anpassen und werden beratende Assistenten im Alltag. Amazons angekündigter Hausroboter Astro reagiert auf Sprache und kann sich im Haushalt frei bewegen.

Nachhaltigkeit: Technikhersteller werben vermehrt mit langlebigeren Produkten, die sich – wie etwa das Fairphone – auch leichter reparieren lassen.

Aus Sicht zahlreicher Testberichte die aktuell besten Falt- und Klapp-Smartphones auf dem Markt: Samsungs Galaxy Flip 3 (l.) und Galaxy Z Fold 3.
Aus Sicht zahlreicher Testberichte die aktuell besten Falt- und Klapp-Smartphones auf dem Markt: Samsungs Galaxy Flip 3 (l.) und Galaxy Z Fold 3. © AP | istan Werkmeister