Berlin. In Corona-Zeiten könnte Grippeschutz wichtiger sein denn je. Was Mediziner sagen – und wer sich auf jeden Fall impfen lassen sollte.

Wer Covid-19 herunterspielen will, vergleicht die Krankheit gerne mit der Grippe – nicht so tragisch, heißt es dann. Dabei ist die Grippe alles andere als harmlos und hat mit einer Erkältung nichts zu tun. Eine Influenza kann schwer verlaufen und im schlimmsten Fall tödlich enden.

Immerhin gibt es eine Impfung gegen das Virus und in Zeiten der Corona-Pandemie scheint Grippeschutz wichtiger denn je. Soll ich mich also impfen lassen oder nicht? Vor dieser Entscheidung stehen in diesen Tagen viele Menschen. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Wem wird die Grippeschutzimpfung empfohlen?

Die Gruppen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Influenza-Verlauf sind laut Robert Koch-Institut (RKI) ähnlich wie die Risikogruppen der vom Coronavirus ausgelösten Erkrankung Covid-19 – also Menschen über 60 und Patienten mit Vorerkrankungen wie Diabetes, HIV oder Asthma.

Empfohlen wird die Grippeschutzimpfung zudem für medizinisches Personal in Krankenhäusern, Pflege- und Senioreneinrichtungen und im Gesundheitswesen, für Schwangere, generell für Bewohner von Alters- oder Pflegeheimen sowie für Pflegepersonen von Risikopatienten.

Ändert Corona etwas an diesen grundsätzlichen Empfehlungen?

Ja und nein. Viele Mediziner plädieren dafür, dass sich in diesem Jahr möglichst alle Menschen impfen lassen, um die Zahl der Krankenhausaufenthalte wegen Grippe zu reduzieren. Der Regensburger Infektiologe Bernd Salzberger sagt: „Jeder der kann, sollte das machen.“ Es sei sinnvoll, sich eine schwere Erkältungskrankheit im Winter zu sparen, so der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) des RKI sieht dagegen den größten Effekt zum Schutz der Menschen und des Gesundheitssystems, wenn sich vor allem Angehörige von Risikogruppen deutlich häufiger impfen lassen – Senioren zum Beispiel. In dieser Gruppe seien die Impfquoten seit Jahren niedrig. Auch interessant: Corona und Influenza – wie gefährlich wird der Grippe-Winter?

Sollten Kinder in der Corona-Pandemie gegen Grippe geimpft werden?

Viele Fachleute meinen: Ja. Wenn sich auch junge Leute gegen Grippe impfen ließen, könne das zur Entlastung des Gesundheitssystems beitragen, sagte zum Beispiel die Virologin Ulrike Protzer im August. „Wir wissen, dass Kinder den Influenzavirus maßgeblich übertragen“, sagte vor einigen Wochen auch der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie, Johannes Hübner.

Aus Sicht von Infektiologe Salzberger spricht ebenfalls einiges dafür. Im Schulalter litten Kinder zwar nicht so stark unter der Grippe. Doch in Schulen oder Kitas gingen die Grippeviren gerne um und mit einer Impfung würden die Kinder indirekt etwa ihre Großeltern schützen.

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    Droht eine Impfstoff-Knappheit?

    Es gibt Stimmen, die vor einer Unterversorgung der Risikogruppen mit Grippeimpfstoff warnen, wenn man der ganzen Bevölkerung die Impfung empfiehlt. Gesundheitsexperten im Bundestag rechneten zuletzt aber nicht mit einem Engpass. Auch das Paul-Ehrlich-Institut, das die Impfstoff-Chargen prüft, rechnet zum Start der neuen Grippesaison nicht mit einem Mangel.

    Zu welchem Zeitpunkt sollte man sich impfen lassen?

    Allgemein lautet die Empfehlung, sich Ende Oktober bis Anfang November impfen zu lassen. Der Hintergrund ist, dass die optimale Schutzwirkung rund zwei Wochen nach dem Stich beginnt und nach drei Monaten langsam abnimmt. Auch interessant: Covid-19-Therapie – Wie Patienten jetzt behandelt werden

    Meist beginnen die Grippewellen – also eine erhöhte Aktivität von Influenzaviren – Anfang des Jahres. Sie dauern danach aber durchaus auch mal drei bis vier Monate. Insofern könnte eine Impfung auch nach November noch sinnvoll sein, wenn es bis dahin keine Gelegenheit dafür gab.

    Welchen Schutz bringt die Impfung?

    Das variiert, ganz sicher schützt sie aber nie. Bernd Salzberger erklärt es so: „Wenn man einigermaßen richtig geraten hat, welches Virus in der nächsten Saison unterwegs sein wird, ist der Schutz bei 80 Prozent.“ Wenn man jedoch völlig danebenliege mit der Impfstoff-Komposition, schütze er um einiges schlechter – das sei in den vergangenen Jahren auch vorgekommen. Lesen Sie hier: Modellversuch – Grippe-Impfung bald in Apotheken möglich

    Wird es wegen der Corona-Regeln weniger Grippefälle geben?

    Abstand, Händewaschen, Maske tragen: Was gegen die Ausbreitung des Coronavirus schützen soll, dürfte doch eigentlich die Ausbreitung von Grippeviren eindämmen. Das könnte durchaus sein, sagt Salzberger und betont zugleich: Darauf hoffen könne man nicht. „Abgerechnet wird leider zum Schluss.“ (dpa/küp)

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