Berlin. Computerviren gibt es viele, Programme, die Schutz versprechen, auch. Doch welche bringen wirklich etwas? Wir haben den Test gemacht.

Die Zahl klingt unfassbar: Knapp eine Milliarde Schädlinge bedrohen derzeit die Sicherheit von Computern und Smartphones – und jede Minute kommen Hunderte neue hinzu. Bis Mitte der 1980er-Jahre hätte mit Sicherheit niemand erwartet, dass sich Computerviren zu einem derart gravierenden Problem entwickeln könnten. Im Frühjahr 1986 war dann plötzlich alles anders: Da wunderten sich Tausende PC-Nutzer über stockende Diskettenlaufwerke – das erste bekannte Virus „©Brain“ hatte sich in der freien Wildbahn verbreitet.

Viren unbemerkt auf PCs zu schleusen – das war von jeher das Ziel der Schädlingsprogrammierer. Geändert hat sich aber, was die Eindringlinge danach anrichten sollen. Anfangs ging es noch um Ruhm und Schabernack. Wer sich 1991 beispielsweise den „Casino“-Virus einfing, musste mit dem Schadprogramm „Jackpot“ um den Inhalt seiner Festplatte spielen.

Malware kann Milliardenschäden verursachen

Doch mit zunehmender Internetnutzung war Schluss mit lustig. Viren verbreiteten sich immer schneller und verursachten enorme Probleme. Allein das berühmt-berüchtigte „ILOVEYOU“-Virus infizierte vor fast genau 20 Jahren mehr als 50 Millionen PCs und sorgte für einen Schaden von über zehn Milliarden US-Dollar.

Das war aber nur ein erster Vorgeschmack. Moderne Schädlinge spionieren Anmeldedaten der Nutzer aus (Trojaner), funktionieren PCs zu Spamschleudern um, die unbemerkt massenhaft E-Mails versenden (Botware), oder „entführen“ Daten zum Erpressen von Lösegeld (Ransomware). Seit jeher besonders im Fokus: Windows. Aktuell dürfte es um die 700 Millionen Schädlinge geben, die das Microsoft-Betriebssystem im Visier haben. Der Grund liegt auf der Hand: Die Zielgruppe ist groß, entsprechend gut stehen die Erfolgsaussichten auf eine Infektion.

Harter Labortest über drei Monate

Im immer hektischeren Katz-und-Maus-Spiel müssen die Anbieter von Schutzprogrammen permanent am Ball bleiben. Neu entwickelte Schädlinge gilt es möglichst schon im Vorfeld einer massenhaften Verbreitung aufzuspüren und abzufangen. Doch wie gut schützen Antivirenprogramme vor diesen Gefahren wirklich? Um das zu prüfen, hat IMTEST, das neue Verbrauchermagazin der Funke Mediengruppe, in Kooperation mit Sicherheitspartner AV-TEST drei Monate lang fünf Antiviren-Softwarepakete auf Schutzwirkung, Systembelastung und Benutzbarkeit getestet.

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Die erste Abwehrlinie einer Schutzlösung ist die Erkennung von Schädlingen wie Viren, Würmern oder Trojanern. Die Langzeituntersuchung soll zeigen, wie verlässlich die Software einen Windows-10-­Computer tatsächlich bewacht. Im Test galt es, eine enorme Menge von Angreifern aufzuspüren. In den drei Monaten kamen über 500 Vertreter aktueller Schädlinge, sogenannte 0-Day-Malware, zum Einsatz. Diese stellen für Schutzprogramme eine besondere Herausforderung dar, da sie zum Teil erst wenige Stunden alt sind.

Im zweiten Erkennungstest prüfte das Labor, ob die Hersteller auch ältere und bekanntere Malware erkennen. Insgesamt mussten die Lösungen über 25.000 dieser Dateien aufspüren und filtern. Die Ergebnisse im Dauertest sind bei allen fünf Produkten sehr gut. Komplett alle Viren blockten allerdings nur zwei der fünf Produkte ab: Kaspersky Internet Security und Bitdefender Internet Security. Die Produkte von Avira, Eset und Gdata zeigten zwar ansprechende Erkennungsraten, sie ließen aber den einen oder anderen Schädling passieren.

Wichtig ist, dass das System durch den Schutz nicht zu langsam wird

Auch der Annahme, dass ein guter Virenschutz zulasten der Systemleistung geht, gingen die Experten nach. Dazu prüften sie die Systemlast der Produkte. Auf einem Standard- und einem High-End-PC mit und ohne eine Schutzlösung führte das Labor definierte Aktionen durch: Internetseiten öffnen, Programme installieren und starten, Downloads ausführen und Daten kopieren. In diesem Punkt überzeugte Kaspersky Internet Security als einziges Produkt mit der Note „sehr gut“. Die anderen Produkte schnitten in diesem Punkt aber ebenfalls mit „gut“ ab.

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Besonders ärgerlich ist, wenn das Schutzprogramm harmlose Aktionen, Dateien oder Programme als Bedrohung erkennt. Die Rede ist dann von sogenannten False Positives. AV-TEST prüfte daher unter dem Punkt „Falschmeldungen“ die Sicherheitspakete auf Fehlalarme. Dazu mussten die Pakete fast vier Millionen normale Dateien scannen, Tausende Webseiten besuchen und die Installation von fast 200 sauberen Programme überwachen. Als optimaler Türsteher erwies sich erneut die Kaspersky Internet Security. Das Produkt wies nicht nur alle ungebetenen Ankömmlinge ab, sondern ließ auch alle eingeladenen Gäste herein. Ebenfalls einwandfrei an dieser Stelle: Avira Antivirus Pro.

Fazit: Testsieger kostet am meisten

Generell müssen Sie kein Experte sein, um Ihren Computer vor Viren zu schützen. Alle Hersteller im Test bieten übersichtliche und aufgeräumte Programmoberflächen, die die meisten Nutzer vor keine allzu großen Rätsel stellen sollten. Das Aufwendigste ist in der Regel die Installation. Sie erfordert – mit Ausnahme von Kaspersky – die Einrichtung eines Nutzerkontos sowie wenige Minuten Aufwand.

Testsieger mit der Endnote „sehr gut 1,2“ ist Kaspersky Internet Security. Hier stimmt alles: Erkennungsrate, Geschwindigkeit und Bedienung. Es ist aber auch das teuerste Produkt im Test. Auf den Plätzen folgen Bitdefender, Gdata und Avira – jedes Programm für sich ist mit leichten Abstrichen ebenfalls empfehlenswert.