Berlin. Manche Frauen leiden so stark unter Menstruationsbeschwerden, dass sie behandelt werden müssen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Viele Frauen leiden unter Beschwerden vor oder während ihrer Menstruation. Einmal im Monat schmerzen Bauch, Rücken oder Kopf. Übelkeit und Erbrechen können hinzukommen. Manche Frau fühlt sich niedergeschlagen oder müde, andere haben große Ängste. Seltener leiden sie unter so starken Schmerzen, dass eine Operation notwendig wird.

Der Forschungsbedarf ist groß, sagen Experten. Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Welche Formen der schmerzhaften Menstruationsbeschwerden gibt es?

Sprechen Frauen davon, dass es ihnen wegen ihrer Menstruation nicht gut geht, meinen sie damit meist den Regelschmerz, die sogenannte Dysmenorrhoe. Experten gehen davon aus, dass die meisten menstruierenden Frauen bis zu ihrer Menopause einmal im Monat unter entsprechenden Beschwerden leiden, die von krampfhaften Unterleibsschmerzen bis zu Rückenschmerzen reichen können. Trotz Unwohlseins und Schmerzen handelt es sich bei der Dysmenorrhoe in der Regel nicht um eine Erkrankung.

Anders bei der sogenannten Endometriose. Sieben bis 15 Prozent der Frauen in Deutschland sind von dieser chronischen Krankheit betroffen, bei fünf Prozent sind die Beschwerden so stark, dass sie behandelt werden müssen. Experten gehen von einer Dunkelziffer aus, da die Erkrankung häufig nicht oder erst sehr spät diagnostiziert wird. Häufig hilft Betroffenen nur eine Operation.

Irrtümlich wird auch das Prämenstruelle Syndrom (PMS) immer wieder zu den Menstruationsbeschwerden gezählt.

Was ist die Ursache für Regelschmerzen?

Der weibliche Zyklus ist ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Hormone, die bestimmte Vorgänge in Gang setzen – und damit auch die Beschwerden verursachen. „Die Menstruationsschmerzen werden durch die starke Kontraktion der Gebärmutter ausgelöst“, sagt Christian Albring, Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte (BVF). Denn kommt es nicht zu einer Schwangerschaft, wird in der ersten Phase des Menstruationszyklus die Gebärmutterschleimhaut, das Endometrium, abgestoßen und ausgeschieden. Dafür zieht sich die Gebärmutter (Uterus), ein sehr fester Hohlmuskel, immer wieder zusammen.

„Der Uterus hängt normalerweise locker an mehreren Bändern und wird so stabilisiert“, erklärt Privatdozent Dr. Peter Kern, Chefarzt der Frauenklinik am Katholischen Klinikum Bochum. „Kontrahiert der Uterus während der Menstruation, zieht der Muskel gleichzeitig an allen Bändern. Das verursacht Schmerzen.“ Eine durch die Kontraktion ausgelöste vorübergehende Blutleere der Gebärmutterwand verstärkt die Schmerzen zusätzlich.

Wie äußert sich Dysmenorrhoe?

Betroffene Frauen beschreiben die Schmerzen als dumpf und ausstrahlend, schwer zu lokalisieren. „Es sind stärkste Krämpfe im Unterbauch, die in Wellen kommen“, erklärt Professorin Sylvia Mechsner. Sie leitet das Endometriose-Zentrum an der Berliner Charité. Der Schmerz sei vergleichbar mit dem Wehenschmerz.

„Das Leitsymptom sind Schmerzen, die auch nach vorn in die Schamgegend, seitlich in die Leistengegend oder auch in den Rücken ausstrahlen können“, sagt Albring. Bei manchen Mädchen und Frauen seien die Schmerzen vor allem zu Beginn der Blutung so heftig, dass ein Schulbesuch oder ein normaler Arbeitstag schwierig werde. Auch Kopfschmerzen, Übelkeit und Durchfall können hinzukommen.

Was lindert die Beschwerden?

Um den normalen Regelschmerz zu behandeln, helfen entkrampfende und schmerzstillende Wirkstoffe wie Ibuprofen. „Sie sollten jedoch immer früh genommen werden, damit die Schmerzsymptomatik gar nicht erst entsteht“, sagt Albring vom BVF.

Auch Wärme in Form von Wärmflaschen und Entspannungstechniken können helfen. „Manche Frauen verwenden auch Kräutertees, die allerdings über viele Wochen täglich getrunken werden müssen, um zu wirken“, sagt Albring. Der Berufsverband der Frauenärzte stellt auf seiner Internetseite ein Rezept für einen selbstgemachten Kräutertee bereit.

Um jedoch nicht nur den Schmerz sondern auch die Ursache der Beschwerden zu behandeln, helfen hormonelle Verhütungsmittel – also die Antibabypille. Sie bremsen den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut. „Das Mädchen oder die Frau muss aber wissen, dass es im ersten Monat der Umstellung zunächst einmal zu einer Verstärkung der Symptome kommen kann, bevor es besser wird“, sagt Albring. Auch bei einer Endometriose kann die Behandlung mit hormonellen Verhütungsmitteln helfen. Häufig ist jedoch eine Operation notwendig.

Was ist Endometriose?

Bei dieser chronischen Erkrankung siedelt sich Gewebe, das dem der Gebärmutterschleimhaut ähnlich ist, außerhalb der Gebärmutterhöhle an, etwa im Bauchraum, im Darm oder an den Eileitern und verursacht Beschwerden. Auch die Gebärmuttermuskelwand ist oft betroffen. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie schätzt die Zahl der Neuerkrankungen auf jährlich 40.000 Frauen.

Betroffene haben starke Schmerzen, „die allerdings von den Schmerzen einer starken Dysmenorrhoe nur schwer zu unterscheiden sind“, sagt Sylvia Mechsner von der Charité. Der Weg bis zu einer Diagnose ist daher häufig ein weiter. „Im Schnitt dauert es sechs Jahre, bis eine Endometriose diagnostiziert wird“, so Kern vom Klinikum Bochum. Andere sprechen gar von zehn Jahren.

Dennoch gebe es Anzeichen, die eine Untersuchung notwendig machen würden: Schmerzen des Unterleibes, die bis in die Beine ausstrahlen, Schmerzen während und nach dem Sex, bei gynäkologischen Untersuchungen, beim Gang zur Toilette. Auch plötzliche Ohnmachtsanfälle, Blasen- und Darmkrämpfe weisen neben der starken Dysmenorrhoe auf eine Endometriose hin. Diagnostiziert wird die Erkrankung mit Hilfe einer Bauchspiegelung, der Laparoskopie. Eine invasive Untersuchung, „die deswegen auch nicht einfach bei jedem Mädchen mit Regelschmerzen gemacht wird“, sagt Mechsner.

Zu den Ursachen der Krankheit gibt es mehrere Hypothesen, abschließend erforscht ist sie nicht. Im Gegenteil. „Es fehlen Forschungsgelder. Zwar haben Betroffene starke Schmerzen, können ihrem Alltag häufig nicht nachgehen – aber an dieser Krankheit stirbt zunächst niemand“, sagt Mechsner, die an der Charité auch Grundlagenforschung zur Endometriose betreibt. Aber: „Die Endometriose ist eine der häufigsten Ursachen für Unfruchtbarkeit“, sagt Peter Kern von Klinikum Bochum. Die Experten halten die Erkrankung für deutlich unterdiagnostiziert.

Wie wird therapiert?

Zunächst könne man versuchen, die Schmerzen mit Gabe einer normalen Antibabypille in Schach zu halten, sagt Sylvia Mechsner. „Die Frau muss sie dann aber durchgängig nehmen. Sonst kommen die Schmerzen in den Einnahmepausen zurück.“

Haben Betroffene trotz Pille weiterhin Schmerzen, können sie sich operieren lassen. Dabei werden die Gewebeherde operativ entfernt, manchmal auch ein Teil des Bauchfells. „Wir achten auf vollständige Entfernung aller Herde im Rahmen der mikroinvasiven Chirurgie, da es ansonsten schnell zum Rückfall der Erkrankung kommen kann“, sagt Peter Kern. Sylvia Mechsner von der Charité empfiehlt Frauen, die zunächst nicht schwanger werden wollen, auch nach einer Operation die Hormontherapie fortzusetzen.