Berlin. Darf die GDL ihre Mitglieder zum Streik aufrufen? Die DB bezweifelt das. Jetzt muss ein Gericht klären, wer was darf.

Die Deutsche Bahn geht gerichtlich gegen die Lokführergewerkschaft GDL vor. Das Unternehmen hat beim hessischen Landesarbeitsgericht eine Klage gegen die Gewerkschaft eingereicht. Darin zweifeln die Arbeitgeber die Tariffähigkeit der GDL an. Sollte sich die Bahn damit durchsetzen, wären künftige Tarifverträge mit der GDL unwirksam.

Hintergrund der Klage ist die Gründung der Genossenschaft Fair Train durch GDL-Mitglieder im vergangenen Sommer. Sie will als Leiharbeitsfirma Lokführer von der Deutschen Bahn abwerben und an andere Bahnunternehmen verleihen. Damit tritt sie als Unternehmen im Wettbewerb zur Deutschen Bahn auf. Das will der Konzern nicht hinnehmen. „Die GDL tritt gleichzeitig als Arbeitgeber und als Gewerkschaft auf“, kritisiert Bahn-Vorstand Martin Seiler. Es gebe zudem eine starke personelle Verflechtung zwischen der Gewerkschaft und der Genossenschaft. Damit habe die GDL ihre Tariffähigkeit verloren. „Wir müssen rechtssicher wissen, ob wir einen handlungsfähigen Tarifpartner haben“, begründet Seiler die Klage.

Damit erhält die ohnehin spannungsgeladene laufende Tarifrunde zwischen beiden Seiten eine neue Wendung. Die GDL hatte die Verhandlungen für gescheitert erklärt, weil die Arbeitgeber in einem entscheidenden Punkt, der Einführung einer 35-Stunden-Woche für Schichtarbeiter, nicht nachgeben will. Nach einer Urabstimmung in der Vorweihnachtszeit und einer fast hundertprozentigen Zustimmung der Mitglieder zu einem unbefristeten Streik hatte die Gewerkschaft für die Zeit ab der kommenden Woche längere Streiks angekündigt. Termine dafür ließ die GDL aber offen.

Mit der Klage setzt die Bahn die Gewerkschaft nun ihrerseits unter Druck. Das Unternehmen hat der GDL eine elfprozentige Anhebung der Löhne angeboten. Über eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit will die Bahn aber weiterhin nicht verhandeln. Angesichts des Personalmangels sei diese Forderung unerfüllbar. Einen direkten Einfluss auf mögliche Arbeitskämpfe in Deutschland hat die Klage zwar nicht. Doch bergen Streiks für die GDL damit ein beträchtliches finanzielles Risiko. Sollten Richter der GDL die Tariffähigkeit absprechen, müsste sie womöglich für den wirtschaftlichen Schaden eines Arbeitskampfes aufkommen. Auch wäre ein vor einem Urteil erzielter Tarifabschluss nach Ansicht der Bahn in diesem Fall unwirksam. Im Extremfall könnten die Arbeitgeber bereits bezahlte Lohnerhöhungen zurückfordern.

Gerichtsverfahren könnte sich über Jahre hinziehen

Mit einer schnellen Klärung der Rechtsfrage rechnet die Bahn allerdings nicht. Sollte das Verfahren bis zum Bundesarbeitsgericht gehen, können bis zu einer Entscheidung schnell zwei Jahre ins Land ziehen. Sollte die GDL an ihren Streikplänen festhalten, behält sich die Bahn weitere juristische Schritte vor. Verhindern kann sie einen Arbeitskampf in den nächsten Wochen allerdings kaum.

Hintergrund der Klage ist die von der GDL gegründete Genossenschaft Fair Train. Diese soll mittelfristig als Leiharbeitsfirma für Lokführer in Aktion treten. Sie sollen dort zu besseren Bedingungen angestellt und dann an Bahn-Unternehmen verliehen werden. Ob das funktioniert, ist offen. Die Bahn wirft der GDL nun vor, gleichzeitig als Arbeitgeber und als Gewerkschaft aufzutreten und damit quasi einen Tarifvertrag mit sich selbst zu schließen.