Berlin. Die Lokführer-Gewerkschaft hat den ersten Tarifvertrag mit kürzeren Arbeitszeiten abgeschlossen. Bei diesen Bahnen gilt der Vertrag.

Ihre Beharrlichkeit hatte Erfolg: Die Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) hat den ersten Tarifvertrag mit Aussicht auf eine 35-Stunden-Woche sowie mit höheren Löhnen abgeschlossen. Mit dem Bahnunternehmen Netinera wurde vereinbart, dass die Arbeitszeit für Schichtarbeiter ab dem 1. Januar 2025 schrittweise von derzeit 38 auf durchschnittlich 35 Stunden pro Woche abgesenkt wird. Die 35-Stunden-Woche soll am 1. Januar 2028 erreicht sein, teilten die GDL und Netinera am Donnerstag mit.

Der Abschluss gilt für rund 2300 Beschäftigte von sechs regionalen Bahnen von Netinera – bei der Länderbahn (DLB), erixx, erixx Holstein, Metronom Eisenbahngesellschaft, Ostdeutsche Eisenbahn (ODEG) und der vlexx. Auch die GDL-Mitglieder bei der ODEG-Tochtergesellschaft Ostdeutsche Instandhaltungsgesellschaft (ODIG) profitieren von dem Abschluss, so die GDL. Netinera ist eine Tochtergesellschaft der Trenitalia, der Personenverkehrssparte der italienischen Staatsbahn. Das Unternehmen beschäftigt hierzulande 6500 Mitarbeitende.

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Insgesamt verhandelt die GDL derzeit noch mit 64 Unternehmen über neue Tarifabschlüsse – darunter auch mit der Deutschen Bahn und Transdev. Die Gewerkschaft sieht in dem Abschluss eine Signalwirkung und strebt an, diesen Abschluss auch auf alle andere Unternehmen zu übertragen.

Bahn-Tarif mit 35-Stunden-Woche und Lohnerhöhung

„Wir haben die Eisenbahnerberufe mit diesem Abschluss endlich attraktiver gemacht. Unsere Mitglieder haben die Perspektive, in wenigen Jahren in der 35-Stunden-Woche zu arbeiten,“ erklärte GDL-Bundesvorsitzender Claus Weselsky. „Die Tarifverhandlungen mit der Netinera-Gruppe haben klar gezeigt, dass man als Tarif- und Sozialpartner nicht immer laute Töne anstimmen muss, um hervorragende Ergebnisse zu erzielen,“ so Weselsky.

Der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky hat sich im Tarifstreit durchgesetzt.
Der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky hat sich im Tarifstreit durchgesetzt. © Wolfgang Kumm/dpa | Unbekannt

Auch der Chef von Netinera zeigte sich zufrieden: „Die heutige Einigung mit der GDL begrüßen wir, wenngleich sie uns Einiges abverlangt und an die finanzielle Schmerzgrenze geführt hat“, sagte Alexander Sterr, Mitglied der Geschäftsführung von Netinera Deutschland. „Gleichwohl setzt dieser Abschluss ein wichtiges Signal für mehr Attraktivität der Bahnberufe.“

Die Beschäftighten bekommen zudem mehr Geld. Neben Lohnerhöhungen erhalten die Beschäftigten im Februar 2024 neben den bereits gezahlten 1100 Euro eine weitere Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1900 Euro. Somit sei die Forderung der GDL nach 3000 Euro erfüllt, teilte die Gewerkschaft mit.

Das Entgelt soll um insgesamt 420 Euro in zwei Schritten erhöht werden – um jeweils 210 Euro ab 1. März und erneut zum 1. Dezember 2024. Zu den gleichen Zeitpunkten werden die Zulagen für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit um je fünf Prozent erhöht. Auch die Auszubildenden erhalten je nach Unternehmen zwischen 20 und 38 Prozent mehr. Zugführer haben damit künftig ein monatliches Einstiegsbruttogehalt von knapp 4000 Euro, Zugbegleiter von rund 3400 Euro, so Netinera. Für die Entgelterhöhungen wurden eine Laufzeit von 24 Monaten vereinbart. Die neu vereinbarten Arbeitszeitregelungen haben eine Laufzeit bis Ende 2027.

Bahn: Urabstimmung für Streiks bei DB läuft

Die GDL verhandelt auch mit der Deutschen Bahn (DB) über einen Tarifabschluss. Es gab bereits mehrere Warnstreiks, die zu massiven Zugausfällen geführt haben. Aktuell läuft eine Urabstimmung über Streiks unter den GDL-Mitgliedern. Das Ergebnis soll am 19. Dezember bekannt gegeben werden. Der DB-Vorstand ist derzeit nicht bereit, über kürzere Arbeitszeiten zu verhandeln. Die GDL hat versprochen, bis zum 7. Januar nicht mehr bei der Deutschen Bahn zu streiken. Danach könne es aber zu einem längeren Ausstand kommen.

Von der Deutschen Bahn verlangt die GDL 555 Euro mehr im Monat und eine Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Dazu soll die Arbeitszeit von Schichtarbeitern um drei auf 35 Stunden verkürzt werden – bei vollem Lohnausgleich. Schließlich will die Gewerkschaft auch für die Beschäftigten in der Infrastruktur, also der Netzgesellschaft, den Bahnhöfen und den Werkstätten, einen Tarifvertrag abschließen. Bei den beiden letzten Punkten will die Deutsche Bahn der GDL bislang auf keinen Fall entgegenkommen.