Stuttgart. Endspurt im Prozess um die Pleite der Drogeriemarktkette Schlecker: Die Staatsanwälte verlangten am Montag eine mehrjährige Haftstrafe.

Der ehemalige Drogerieunternehmer Anton Schlecker soll nach den Vorstellungen der Staatsanwaltschaft für drei Jahre ins Gefängnis. Für seinen Sohn Lars beantragte Staatsanwalt Thomas Böttger am Montag vor dem Landgericht Stuttgart eine Haftstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten, für seine Tochter Meike zwei Jahre und acht Monate.

Die Strafverfolger sahen es als erwiesen an, dass dem 73-jährigen Anton Schlecker schon Ende 2010 – mehr als ein Jahr vor der Insolvenzanmeldung – klar war, dass die Pleite seines gleichnamigen Drogeriemarkt-Konzerns nicht mehr abzuwenden war.

Verteidigung sieht Forderungen als überzogen an

Die Verteidiger von Anton Schlecker halten die Forderung der Staatsanwaltschaft nach einer Gefängnisstrafe für ihren Mandanten für überzogen. Anwalt Norbert Scharf sprach am Montag in seinem Plädoyer im Bankrottprozess gegen Schlecker in Stuttgart von einem minder schweren Fall, empfahl dem Gericht selbst aber kein konkretes Strafmaß

Trotzdem habe er Millionensummen zugunsten seiner Familie beiseitegeschafft, unter anderem durch überhöhte Zahlungen an die von seine Kindern geführte Logistikfirma LDG. Der 73-Jährige bestreitet das. Im Prozess hat er betont, bis zuletzt fest an das Überleben der Firma geglaubt zu haben.

Europas ehemals größte Drogeriekette hatte im Januar 2012 Insolvenz angemeldet. Mehr als 25.000 Menschen in Deutschland und genau so viele im Ausland verloren ihren Arbeitsplatz.

Wann wusste Schlecker von der Zahlungsunfähigkeit?

Zentraler Punkt in dem Verfahren ist die Frage, wann Anton Schlecker hätte wissen müssen, dass sein Imperium zahlungsunfähig ist – denn von da an hätte er keinen Cent mehr daraus abziehen dürfen. Die Staatsanwaltschaft war ursprünglich von Ende 2009 ausgegangen und hatte auf dieser Basis eine Schadenssumme von mehr als 25 Millionen Euro errechnet. Inzwischen tendiert sie zu einem späteren Zeitpunkt. Entsprechend hat sich die Liste der Vorwürfe, die teilweise nur bestimmte Zeiträume umfassen, reduziert.

Vor gut einer Woche hatten Schlecker und seine Kinder weitere vier Millionen Euro an den Insolvenzverwalter gezahlt. Lars und Meike steuerten je eine Million Euro bei, Schleckers Frau überwies auf Bitten ihres Mannes zwei Millionen Euro. Er selbst, sagte Anton Schlecker im Gericht, habe durch die Insolvenz sein gesamtes Vermögen verloren. Lars Schlecker sprach in einer persönlichen Erklärung von „Schadenswiedergutmachung“.

Mehr als eine Milliarde Euro an Forderungen

2013 hatte die Familie schon einmal gut zehn Millionen Euro an den Insolvenzverwalter gezahlt. Das Geld fließt in die Insolvenzmasse, insgesamt haben die Gläubiger mehr als eine Milliarde Euro an Forderungen angemeldet. Einen Teil davon will der Verwalter über Schadenersatzklagen gegen einstige Lieferanten eintreiben. (dpa)