Berlin. Der Aufsichtsrat ernennt Richard Lutz zum Chef der Deutschen Bahn. Seine größte Herausforderung ist es, den Güterverkehr zu sanieren.

Richard Lutz gilt unter Bahnmitarbeitern einerseits als akribischer Workaholic, andererseits als umgänglicher, humorvoller und ruhiger Manager. Ein Mann, der sein Handwerk versteht, arbeitet er doch bereits seit 23 Jahren bei der Deutschen Bahn. Und strategisches Denken hat der 52-Jährige bereits früh unter Beweis gestellt – schon als Jugendlicher schaffte er es zum Vizemeister im Schach.

Nun steigt Lutz, der seit sieben Jahren im Vorstand das Finanzressort leitet, auch an die Spitze des Staatskonzerns auf. Der Aufsichtsrat wählte den promovierten Betriebswirt zum Nachfolger des zurückgetretenen Rüdiger Grube, der im Streit um seine Vertragsverlängerung seinen Posten aufgab. Lutz erhält einen Fünf-Jahresvertrag.

Richard Lutz: „Bahnchef ist kein Job wie jeder andere“

„Lutz hat unser volles Vertrauen“, sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Mittwoch, als er nach der Hauptversammlung den neuen Chef der Öffentlichkeit präsentierte. Der frisch gekürte Vorstandsvorsitzende bewertet seine neue Position als „große Ehre“. „Bahnchef ist kein Job wie jeder andere“, was er bei mehreren seiner Vorgängern gesehen habe.

Der neue Bahnchef will den eingeschlagenen Kurs bei dem Staatskonzern mit seinen rund 300.000 Mitarbeitern beibehalten. „2016 war ein erfolgreiches Jahr für die Bahn. In einer solchen Situation wird natürlich niemand das Spielsystem und die Strategie infrage stellen.“ Damit liege nach dem Motto „Zukunft Bahn“ der Schwerpunkt auf der Eisenbahn in Deutschland.

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    Der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßt die Personalie, erwartet von Lutz „jedoch keine Riesenrevolution“, sagte der Ehrenvorsitzende Karl-Peter Naumann. Eigentlich müssten die Weichen für die Bahn grundsätzlich neu gestellt werden, in dem die Schiene nicht mehr gegenüber der Straße und dem Luftverkehr benachteiligt wird. „Lutz sollte vor allem die Fahrgäste im Blick haben, ihren Wunsch, pünktlich und sicher anzukommen und bei Störungen gut informiert zu werden“, empfiehlt Naumann.

    Zwei neue Vorstandsressorts zur Digitalisierung und zum Güterverkehr

    Der Aufsichtsrat will den Vorstand zudem um zwei neue Ressorts ergänzen: Digitalisierung und Technik sowie Güterverkehr und Logistik, die zu den neuen Aufgabenschwerpunkten zählen. Die Besetzung solle zeitnah erfolgen, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Utz-Hellmuth Felcht. Die Verträge der Vorstände Ronald Pofalla und Bertold Huber wurden zudem um fünf Jahre verlängert. Einen neuen Finanzvorstand braucht die Bahn nicht. Lutz bleibt auch als Bahnchef Herr der Zahlen – und habe keine Bedenken, dieser Doppelaufgabe gewachsen zu sein.

    Größte Herausforderung für Lutz ist die Sanierung des maroden Güterverkehrs. Von einer oft beschworenen Verlagerung des Warentransports von der Straße auf die Schiene kann bisher nicht die Rede sein. Die Sparte hat 2015 ein Milliardenloch in die Bilanz gegraben. Hilfe könnte nun von der Bundesregierung kommen. Dobrindt kündigte an, die Koalition werde in den nächsten Wochen einen Masterplan zum Güterschienenverkehr vorlegen. Ziel sei es, mehr Güter auf die Schiene zu bringen.

    Züge sollen pünktlicher fahren

    Im Personenverkehr will die Bahn auch besser werden. Züge sollen pünktlicher fahren. Im vergangenen Jahr kamen acht von zehn Zügen fahrplangemäß am Ziel an. In den ersten Monaten dieses Jahres hat sich die Quote weiter verbessert. Ein intaktes Netz würde das pünktliche Fahren erleichtern. Doch der Nachholbedarf bei der Instandhaltung der Schienenwege ist so hoch, dass die Bahn zeitgleich an Hunderten Baustellen arbeiten muss.

    Auch die Digitalisierung des Konzerns gehört zu den vordringlichen Aufgaben der nahen Zukunft. Dazu gehören das Fahrgastinformationssysteme sowie die Digitalisierung der Züge, die irgendwann auch autonom fahren könnten. Schließlich muss Lutz auch die Kassenlage im Auge behalten. In der Bilanz für 2016 steht zwar wieder ein Milliardengewinn. Doch der Schuldenstand bleibt mit rund 18 Milliarden Euro hoch.