Berlin. Eine Schwangerschaft kann das Altern beschleunigen. Doch eine Studie macht Hoffnung: Vielleicht lässt sich die Lebensuhr zurückdrehen.

Wissenschaftler finden seit Jahren immer wieder Belege dafür, dass Rauchen, Bewegungsmangel und ungesunde Ernährung das Altern beschleunigen. Nun zeigt eine Studie, dass auch eine Schwangerschaft die biologische Uhr des Körpers beschleunigen kann. Doch im Gegensatz zu ungesunden Lebensgewohnheiten könne der Alterungsprozess nach der Entbindung weitgehend rückgängig gemacht werden.

Forscher sind sich einig: Die biologische Uhr kann zurückgestellt werden

In der Wissenschaft werden epigenetische Uhren zur Bestimmung des biologischen Alters eingesetzt. Diese „Uhren“ erkennen chemische Veränderungen in der DNA, die als DNA-Methylierung bezeichnet werden. Steve Horvath, ein renommierter Biomathematiker an der University of California in Los Angeles, entdeckte vor etwa zehn Jahren, dass diese chemischen Marker eine zuverlässige Methode sind, um das tatsächliche Alter von Zellen und Organen zu bestimmen.

Ein Forscherteam um Jesse Poganik von der Harvard Medical School hat nun untersucht, ob sich die Uhren auch zurückdrehen lassen. Für ihre Studie untersuchten die Forschenden in einem ersten Schritt junge und alte Mäuse, die vorübergehend in einem Käfig zusammengelegt wurden. Die jüngeren Tiere zeigten zunächst beschleunigte Alterungserscheinungen, die sich aber nach der Trennung der Tiere überraschenderweise vollständig umkehrten.

Menschliche Studien bestätigen temporäre Alterung bei Schwangeren

Die Forscher gingen der Frage nach, ob dieser Alterungseffekt auch unter natürlichen Bedingungen beim Menschen auftritt, zum Beispiel bei schwangeren Frauen. Dazu sammelten sie Blutproben von rund 120 Frauen zu verschiedenen Zeitpunkten während der Schwangerschaft. 65 von ihnen gaben auch nach der Geburt Proben ab.

Die Ergebnisse zeigten, dass die Schwangerschaft den Alterungsprozess innerhalb weniger Wochen deutlich beschleunigte. Kieran O‘Donnell, Erstautor der Studie und Professor für Medizin an der Yale School of Medicine, erklärte gegenüber der Zeitschrift „Nature“, dass die genetischen Biomarker in einem Zeitraum von etwa 20 Wochen um etwa ein bis zwei Jahre zunahmen, „was auf eine Beschleunigung des biologischen Alterns hindeutet“.

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Die gute Nachricht: Die beschleunigte Alterung setzte sich nach der Geburt nicht fort. Im Gegenteil: Das biologische Alter nahm nach der Geburt ab, sodass die Probandinnen drei Monate nach der Entbindung sogar „jünger aussahen“ als am Ende der Schwangerschaft, so O‘Donnell. Vor allem das Stillen förderte den Erholungsprozess deutlich. Frauen, die ihre Babys mit Muttermilch stillten, hatten ein um ein Jahr geringeres biologisches Alter als Frauen, die künstliche Säuglingsnahrung verwendeten.

Eine ähnliche vorübergehende Alterung wurde in der Studie auch bei älteren Menschen festgestellt, die sich wegen einer Hüftfraktur einer größeren Notoperation unterziehen mussten. Auch diese Veränderungen bildeten sich kurz nach der Operation wieder zurück.

Studie verdeutlicht: Biologische Alterungsprozesse keineswegs unveränderlich

Wie die Forscherinnen und Forscher betonen, beziehen sich ihre Untersuchungen nur auf kurze Lebensabschnitte und erlauben daher noch keine Aussagen über langfristige Veränderungen. Dennoch macht die Studie deutlich, dass die biologischen Alterungsprozesse bei Mäusen und Menschen keineswegs als unveränderbar angesehen werden dürfen, wie James White, Mitautor der Studie von der Duke University School of Medicine, in einer Veröffentlichung erläutert: „Der Befund eines veränderlichen und formbaren Alters stellt die Vorstellung eines einseitig gerichteten Verlaufs infrage.“ Die Uhr des Lebens könne manchmal schneller und manchmal langsamer laufen.