Wolfsburg. Kilian Fischer liegt trotz seiner steilen Karriere und dem Sprung in die Stammelf des VfL Wolfsburg nichts ferner als Starallüren.

Sportliche Krise. Trainerwechsel. Schäfer-Abgang. Und: Abstiegsangst. Es waren keine leichten Wochen für den VfL Wolfsburg. Und es war keine typische Situation, in der junge Spieler mal eben ins kalte Wasser geworfen werden und unbekümmert aufspielen. Kilian Fischer hat es dennoch gemacht. Mit seiner Laufstärke und seiner Dynamik gehörte er in den vergangenen beiden Partien des VfL in Leipzig und gegen Bochum zu jenen Akteuren, auf die Chefcoach Ralph Hasenhüttl für das Saisonfinale zu bauen scheint. Der 23-Jährige freut sich über seine Chance – bleibt aber dennoch bodenständig.

„Es macht mich nicht zu einem besseren Menschen, wenn ich gut Fußball spielen kann“, sagt Fischer, der genauso erzählt wie er sich auf dem Rasen präsentiert: frisch, unverstellt und authentisch. Starallüren sind ihm fern, wenngleich seine Situation seit Sommer 2022 auch nicht dazu verleitet. Ganze fünf Mal stand er in der vergangenen Saison unter Ex-VfL-Trainer Niko Kovac in der Startelf. In die laufende Serie startete er mit einer Knieverletzung, die ihn anschließend kaum noch zu Einsatzzeiten kommen ließ. Erst seitdem Hasenhüttl da ist, sind Fischers Qualitäten in Wolfsburg wieder gefragt.

Kilian Fischer verdrängt in Wolfsburg Joakim Maehle

„Grundsätzlich sind es im Fußball oft nur Nuancen. Ich habe nichts großartig verändert. Es sind oft immer wieder Kleinigkeiten“, weiß Fischer, wie schnell sich in dem Geschäft alles ändern kann. Für ihn zum Besseren. Für andere wie derzeit Joakim Maehle zum Schlechteren. Dem vor der Saison für rund 12 Millionen Euro verpflichteten dänischen Nationalspieler blieb in den vergangenen beiden Partien nur ein Bankplatz.

Kilian Fischer weiß, wie sich das anfühlt. Bei Zweitligist 1. FC Nürnberg war er erst durch eine Erkrankung von Kapitän Enrico Valentini ins Team gerutscht. Da habe er einen Erfahrungsschatz aufgebaut, der ihm jetzt in Wolfsburg geholfen habe, erklärt Fischer. Bei den Franken hatte er sich ebenfalls zunächst in Geduld geübt – wohl auch deswegen, weil er zuvor eine rasante Entwicklung hingelegt hatte. Aus der Jugend von 1860 München war Fischer im Sommer 2019 zu Regionalligist Türkgücü München gegangen, spielte mit dem Klub ein Jahr später in der dritten Liga. Und gleich im nächsten Sommer folgte der nächste Schritt: 2. Bundesliga.

Beim 1. FC Nürnberg die Geduld gelernt

Auch hier dauerte es nur ein Jahr, bis die nächste Steigerung kam und mit dem VfL Wolfsburg ein Klub aus dem Oberhaus anklopfte. Doch hier brauchte Fischer mehr Geduld. Aber: „Ich wusste, irgendwann würde meine Chance kommen. Und ich wusste, dass ich nicht so weit weg bin, wie es von außen wirkt“, sagt der Profi, für den nur eines wichtig war: Vertrauen in die eigene Stärke zu haben und die Gelegenheit beim Schopfe zu packen. Kilian Fischer gelang es.

Für einen ganz Großen hält sich der Fußballer deswegen aber noch lange nicht. „Im Endeffekt ist an mir nichts besonders, da können keine zwei Bundesliga- oder zehn Champions-League-Spiele etwas dran ändern“, sagt der Rechtsaußen. Manchmal, gibt er zu, könne er es gar nicht nachvollziehen, wenn er von Fans um ein gemeinsames Selfie gebeten werde oder andere nervös seien, wenn sie ihn ansprächen. Schließlich sei er doch ganz normal.

Neuer Tempo-Rekord für den Wolfsburger Fußballer

Charakterlich trifft diese Einschätzung sicherlich zu, doch fußballerisch hat Fischer eine Besonderheit zu bieten: Er ist verdammt schnell. Am 29. Spieltag war er mit einem Wert von 35,28 Stundenkilometern in Leipzig flinker unterwegs als jeder andere Erstligaprofi in den Arenen. „Das war sicher auch ein neuer Rekord für mich persönlich“, sagt Fischer, der aber auch zugibt: In manchen anderen Punkten hat er Nachholbedarf. Die Abstimmung mit den Mitspielern könne zum Beispiel noch besser werden, meint er – verständlich bei so wenig Spielpraxis in der laufenden Saison.

Aufzugeben sei ihm in den vielen schweren Monaten nie in den Sinn gekommen, sagt Fischer. „Es bringt ja nichts, schlecht zu trainieren oder einen auf Stinkstiefel zu machen. Es ist meine Karriere“, erklärt der Außenspieler, der seinen Frust oft in den täglichen Gesprächen mit seiner Freundin losgeworden ist. Mit der macht es sich der Kicker zu Hause gerne gemütlich. „Ich mag Zimmerpflanzen und so“, verrät er. Handwerklich hingegen habe er seiner Partnerin eher wenig zu bieten.

Doch zwei linke Hände lassen sich als Fußballer verkraften, wenn in den Beinen viel Talent steckt. Bei Kilian Fischer ist das der Fall. Er hat den Kopf nie in den Sand gesteckt und gibt jetzt Vollgas. Wenn ihn Hasenhüttl lässt, sicher auch am Samstag (15.30 Uhr) in der Auswärtspartie beim SC Freiburg. „Das ist eine unheimlich eingespielte Mannschaft. Da weiß jeder, was der Matchplan ist“, sagt Fischer über den Gegner und hofft auf ein bisschen mehr Fußball als gegen Bochum. Noch wichtiger für ihn und das Team: die Punkte. Denn mit einem Dreier läge der VfL ganz klar auf Kurs Richtung Klassenerhalt.

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