Essen/Wolfsburg. Essens Coach hofft im Pokal-Halbfinale in Wolfsburg auf eine Überraschung - und sieht Parallelen zwischen der SGS 2020 und dem VfL 2024

Wirklich glücklich war auch Markus Högner am Samstag nicht. Durch das 0:4 der Fußballerinnen des VfL Wolfsburg gegen den FC Bayern ist die Chance auf die Meisterschaft dahin. „Wenn eine Mannschaft dieses entscheidende Spiel verliert, weckt das natürlich nochmal den Ehrgeiz“, sagt der Trainer der SGS Essen, der 2018 für ein halbes Jahr auch mal in Wolfsburg als Assistenztrainer gearbeitet hatte. Der 56-Jährige sagt weiter: „Und nach 48 gewonnen Spielen im DFB-Pokal strebt der VfL jetzt natürlich danach, zumindest diesen Titel noch zu gewinnen.“ Und dennoch rechnet sich Högner für das am Ostersamstag (13 Uhr) anstehende Halbfinale seiner SGS im AOK-Stadion gegen den Abo-Sieger aus Wolfsburg durchaus etwas aus - und verrät, warum der VfL im Frühjahr 2024 an die Essener Mannschaft 2020 erinnert...

Der SGS-Trainer hat größten Respekt vor dem VfL, betont: „Wolfsburg hat nach wie vor eine absolute Topmannschaft und für uns wird natürlich eine riesige Herausforderung.“ Aber eine, die die Essenerinnen annehmen wollen. Sie spielen eine starke Saison, sind in der Bundesliga Sechster und hatten die Grün-Weißen Ende Januar in der Liga auch ein wenig geärgert, am Ende aber verdient mit 1:3 verloren. Wenn die Wolfsburgerinnen aber ähnlich fahrlässig mit ihren Torchancen umgehen wie vor zwei Wochen in Hoffenheim (1:2) und bei der SGS alles stimmt, könnte für den Außenseiter etwas drin sein. „Wir müssen total mutig agieren und andererseits hinten eine sehr gute Restverteidigung haben. Auch wenn Wolfsburg vielleicht gerade etwas schwächelt, hat die Mannschaft in der Offensive ein unfassbares Tempo“, so Högner.

Pokal-Finale 2020: Essens Aufstellung klang fast wie die der deutschen Nationalmannschaft

Er stand mit Essen 2020 zum zweiten und bisher letzten Mal im Endspiel. Damals setzte es eine dramatische 5:7-Niederlage nach Elfmeterschießen gegen den VfL. Der SGS-Kader von damals liest sich fast wie eine Aufstellung der deutschen Nationalmannschaft: Stina Johannes im Tor, Nicole Anyomi (beide jetzt Frankfurt), davor Marina Hegering, Lena Oberdorf (beide Wolfsburg), Elisa Senß (Leverkusen) oder Lea Schüller (Bayern).

Zwischenhoch im Endspiel vor vier Jahren: Marina Hegering (rechts) hatte gerade das 2:1 für Essen erzielt, klatschte mit Coach Markus Högner ab. Am Ende verlor die SGS nach Elfmeterschießen mit 5:7.
Zwischenhoch im Endspiel vor vier Jahren: Marina Hegering (rechts) hatte gerade das 2:1 für Essen erzielt, klatschte mit Coach Markus Högner ab. Am Ende verlor die SGS nach Elfmeterschießen mit 5:7. © imago | Rauch/nordphoto

Essen führte 1:0 und 2:1, erzielte dann in der Nachspielzeit das 3:3 und rettete sich ins Elfmeterschießen, das die damalige Wolfsburgerin Pernille Harder mit ihrem Elfer zum 4:2 entschied. „Das war eine sehr bittere Niederlage, denn da haben wir wirklich gut gespielt und hatten sehr viel Qualität“, erinnert sich der Coach nur ungerne. „Ich bin direkt danach in den Urlaub gefahren, aber so die ersten zehn Tage war es wirklich schwierig.“

Högner: „Ich glaube schon, dass Wolfsburg vor einem großen Umbruch steht“

Högner sieht Parallelen zwischen der SGS im Sommer 2020 und den Wolfsburger Fußballerinnen 2024. Damals verlor die SGS zahlreiche Leistungsträgerinnen. Oberdorf ging zum VfL, Hegering zunächst zu Bayern und dann nach Wolfsburg, und Schüller zog es nach München. Mit Blick auf den vorzeitigen Abgang von Topspielerin Oberdorf (Ausstiegsklausel im Vertrag bis 2025) nach München in diesem Sommer, dem auslaufenden Arbeitspapier von Co-Kapitänin Dominique Janssen oder dem bereits im Winter vollzogenen Wechsel von Felicitas Rauch in die USA sagt er: „Insgesamt glaube ich schon, dass Wolfsburg vor einem großen Umbruch steht.“

2018 arbeitete Markus Högner für ein halbes Jahr auch beim VfL Wolfsburg.
2018 arbeitete Markus Högner für ein halbes Jahr auch beim VfL Wolfsburg. © Helge Landmann

Aber der Essener Coach glaubt auch, dass Wolfsburg diesen gut bewältigen kann, es wäre schließlich nicht das erste Mal. „Der VfL hatte schon viele tolle Spielerinnen aus Skandinavien, die dann den nächsten Stepp in Wolfsburg gemacht haben und zur Weltklasse gereift sind. Wenn sich Wolfsburg darauf besinnt, dann werden sie in zwei, drei Jahren wieder eine Topmannschaft haben.“

SGS-Coach über Vivien Endemanns Entwicklung: Keine große Überraschung

Eine, die diesen nächsten Schritt bereits gegangen ist, hatte Högner vergangenes Jahr selbst noch unter seinen Fittichen: Vivien Endemann. „Vivi war schon in Essen eine sehr fokussierte Spielerin mit einer guten Einstellung, die viel trainiert und auch nebenbei viel gemacht hat. Und wenn man so schnell ist wie sie, dann ist das ein Pfund. Ich würde sagen, sie hat die Gunst der Stunde genutzt, als die eine oder andere Spielerin verletzt oder vielleicht nicht in Form war.“ Der Trainer sagt weiter: „Ihre Entwicklung freut mich. Sie ist eine, die sich einfach festbeißen kann. Und von daher war das jetzt auch nicht so eine so eine große Überraschung für mich.“

Vivien Endemann wurde dank starker Leistungen beim VfL Wolfsburg zur deutschen Nationalspielerin.
Vivien Endemann wurde dank starker Leistungen beim VfL Wolfsburg zur deutschen Nationalspielerin. © imago/Zink | IMAGO/Sportfoto Zink / Daniel Marr

Die würde Högner dafür nur zu gerne am Samstag landen. Mit einem Coup im DFB-Pokal-Halbfinale beim großen Favoriten aus Wolfsburg.