Wolfsburg. Druck – na und?! Kathy Hendrich vom VfL Wolfsburg weicht im Interview vor dem Showdown der Frauenfußball-Bundesliga keiner Frage aus.

Zum Gipfeltreffen in der Fußball-Bundesliga der Frauen hofft der gastgebende VfL Wolfsburg auf einen neuen Klub-Rekord für Heimspiele der Wölfinnen. Dazu müsste der Tabellenzweite gegen Bayern München am Samstag (Anstoß 17.45 Uhr, live in der ARD) die Marke von 22.617 Zuschauern aus dem Champions-League-Match gegen Arsenal knacken. 21.500 Tickets waren am Donnerstag bereits verkauft. Das motiviert Kathrin, genannt Kathy, Hendrich. Im Interview mit unserer Zeitung spricht die VfL-Verteidigerin, die von 2018 bis 2020 selbst für den FCB gespielt hatte, über den Showdown, Druck und die aus Bayern gekommene Kampfansage.

Frau Hendrich, der VfL erwartet mehr als 22.000 Zuschauer gegen Bayern. Was sagen Sie zu der Kulisse?

Das ist ein sehr schönes Zeichen. Wir hatten schon Spiele, bei denen vergleichbar viele Zuschauer kamen. Das waren tolle Erlebnisse, weil die Stimmung überragend war und uns durchs Spiel trug. Wir freuen uns darauf und wollen den Fans auf dem Feld etwas zurückgeben.

Nach dem jüngsten 1:2 gegen Hoffenheim hat es der VfL nicht mehr selbst in der Hand, Meister zu werden. Wie sehr hat das die Vorfreude aufs Topspiel gedämpft?

Mit Blick auf das Spiel gegen Bayern hat sich durch die Niederlage in Hoffenheim nichts verändert. Nach wie vor müssen wir in jedem Fall gegen München gewinnen. Aber ein Dämpfer war es. Wir waren alle sehr frustriert. Wir haben die Partie aufgearbeitet. Nun liegt der Fokus nur noch auf dem Spiel gegen Bayern.

Hendrich: Der VfL Wolfsburg hält Drucksituationen stand

Für den VfL ist es ein Endspiel. Mit solchen Drucksituationen ging der VfL zum Beispiel in der verpassten Champions-League-Qualifikation und in den Spielen gegen Top-Teams wie München und Hoffenheim in dieser Saison eher schlecht um. Woran lag das?

Es wird immer darauf zurückgeführt, dass wir angeblich mit Druck nicht umgehen können. Das ist Quatsch. Es hatte viele andere Gründe, warum wir die angesprochenen Spiele nicht gewannen. Die Gründe müssen wir nicht mehr alle aufzählen. Hier beim VfL hatten wir schon viele Spiele, in denen wir großem Druck standhielten. Wir kennen diese Situation und die Erwartungshaltung, immer gewinnen zu müssen. Jede von uns hat ihre eigene Strategie, damit erfolgreich umzugehen. Wir sollten gegen Bayern ins Spiel gehen, ohne groß darüber nachzudenken, welche Konsequenzen dieser oder jene Spielausgang haben könnte. Ich bin optimistisch, dass uns das gelingt.

Das Hinspiel ging 1:2 verloren. Was muss der VfL im Rückspiel besser machen?

Wir müssen an unsere Stärken glauben. In der Hinrunde zeigten wir auch spielerisch nicht das, was wir können, obwohl die Ergebnisse okay waren. Aber wir ließen auch Punkte liegen. Durch die Wintervorbereitung sind wir stabiler geworden. Das lässt mich hoffnungsvoll aufs Duell blicken. Wir müssen in Ballbesitz die Ruhe bewahren und die Räume suchen, die definitiv da sein werden. Defensiv müssen wir zudem kompakt stehen. Unser Vorteil diesmal: Wir spielen zu Hause.

VfL Wolfsburg ist die erfolgreichste Mannschaft des vergangenen Jahrzehnts

Bayern-Präsident Herbert Hainer hatte jüngst die „Wachablösung“ gefordert, indem er sagte: Wir wollen Wolfsburg als Nummer 1 ablösen.“ Was sind Ihre Gedanken, wenn Sie das hören?

Ich kann mit der Aussage nicht viel anfangen. Die Frage nach einer Wachablösung tauchte in den vergangenen Jahren immer mal wieder in Interviews auf. Ich frage mich dann immer, woher das kommt. Der VfL ist schließlich die erfolgreichste Mannschaft des zurückliegenden Jahrzehnts. Angesichts der konstanten Leistungen des Klubs national und international muss das erst einmal jemand nachmachen. Das erfordert jahrelange Höchstleistung. Falls die Bayern das Double holen und man dann von einer Wachablösung sprechen würde, fände ich es dem VfL gegenüber respektlos. Für eine Wachablösung braucht es deutlich mehr, vor allem auch auf internationaler Ebene. Wir in Wolfsburg blicken lieber auf uns. Damit fahren wir gut.

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Allerdings rüsten die Bayern auf, auch Ihre VfL-Kollegin Lena Oberdorf wechselt im Sommer nach München. Sie gingen vor knapp vier Jahren den umgekehrten Weg. War es perspektivisch der richtige Schritt von Ihnen?

Ja, ich bin nach wie vor sehr froh, dass ich diesen Schritt gegangen bin. Ich fühle mich hier extrem wohl. Ich bin jeden Tag aufs Neue beeindruckt, wie professionell hier in allen Bereichen gearbeitet wird. Wir sind gewillt, uns weiterzuentwickeln. Dazu haben wir hier alle Möglichkeiten. Ich bin optimistisch, dass der VfL weiter daran arbeiten wird, eine der besten Mannschaften Europas zu sein. Auch wenn die Konkurrenz nicht schläft.

Hendrich kann den Rücktritt ihrer Wolfsburger Teamkollegin nachvollziehen

Ihre VfL-Kollegin Svenja Huth gab vor wenigen Tagen im Alter von 33 Jahren nach der geschafften Olympia-Qualifikation ihren Rücktritt aus der Nationalmannschaft bekannt. Hat Sie ihre Entscheidung überrascht?

Nein. Ich bin mit Svenni eng befreundet. Sie hatte mich immer in ihre Gedanken eingeweiht. Für uns als Nationalmannschaft ist es sehr schade, weil sie nicht nur auf dem Platz immer voranging, sondern auch abseits des Platzes eine wichtige Rolle innehatte. Ihr Rücktritt bietet nun jüngeren Spielerinnen die Chance, Verantwortung zu übernehmen.

Svenja Huth vom VfL Wolfsburg hat ihre Nationalmannschaftskarriere beendet.
Svenja Huth vom VfL Wolfsburg hat ihre Nationalmannschaftskarriere beendet. © picture alliance/dpa | Uwe Anspach

Sie werden im April 32 Jahre alt. Haben Sie ähnliche Gedanken wie Svenja Huth?

Noch bin ich erst 31. Es geht nicht ums Alter, sondern darum, wie man sich fühlt. Ich fühle mich gut, bin fit und gesund. Solange das der Fall ist und ich noch gebraucht werde, spiele ich weiter für die Nationalmannschaft. Es macht mir unheimlich viel Spaß. Ich bin stolz darauf, für Deutschland spielen zu dürfen.

Der Glaube an den Titelgewinn mit dem VfL Wolfsburg ist noch da

Die nächste Herausforderung steht mit Olympia vor der Tür. Wie sehen Sie die deutschen Chancen?

Die Erleichterung, den Sprung nach Paris doch noch geschafft zu haben, war enorm. Jetzt ist die Vorfreude groß. Dass wir eine starke Gruppe erwischt haben, heißt gar nichts. Wir lassen aber alles erst einmal nur auf uns zukommen.

Zurück zum Bundesliga-Gipfel: Wird der VfL alles in seiner Macht Befindliche tun, um doch noch Meister zu werden?

Na klar, sonst könnten wir das Fußballspielen schon einstellen. Natürlich glaube ich noch an unsere Titelchance, weiß aber, dass es schwer wird. Die Münchnerinnen sind sich auch bewusst, welchen Schritt sie mit einem Sieg über uns setzen können. Ich denke jedoch nicht über die nächste Partie hinaus, sondern konzentriere mich nur auf Samstag. Beide Mannschaften werden von Anfang an Vollgas geben. Ich erwarte ein enges Spiel, in dem um jeden Zentimeter gefightet wird und die Zuschauer uns pushen werden.