Wolfsburg. Der Aufschrei vor fünf Jahren war groß: Ilkay Gündogan und Leroy Sané wurden beim Länderspiel in Wolfsburg rassistisch beleidigt.

Am Mittwoch jährte sich ein Vorfall zum fünften Mal, der in Wolfsburg bei vielen unvergessen bleibt: Drei Zuschauer beleidigten beim Länderspiel zwischen Deutschland und Serbien am 20. März 2019 in der Volkswagen-Arena die DFB-Stars Ilkay Gündogan und Leroy Sané auf übelste Weise rassistisch. Jetzt, fünf Jahre später, ist das Thema Rassismus im Fußball aktueller denn je. Nicht nur, weil der zurückliegende Bundesligaspieltag als „Vielfaltsspieltag“ betitelt war, der Internationale Tag gegen Rassismus gerade anstand und die deutsche Nationalmannschaft aktuell wieder zwei Partien vor der Brust hat. Immer wieder lassen Szenen wie kürzlich in Magdeburg das Thema in einer angespannten Gesellschaftslage hochkochen – nur ist der Ort des Geschehens nicht immer das Stadion.

Magdeburgs Luc Castaignos war beim 1:1 seines Teams Anfang Februar gegen Holstein Kiel in der 52. Minute mit einem Elfmeter an Gäste-Keeper Timon Weiner gescheitert. Nach der Partie ging es los: Der 31 Jahre alte Niederländer, der seit gut einem Jahr für den 1. FCM spielt, wurde in den sozialen Netzwerken rassistisch beleidigt. Einen entsprechenden Screenshot hatte Castaignos per Instagram geteilt. Die Mutter des Profis stammt von den Kapverden, dem afrikanischen Inselstaat im Zentralatlantik.

Im Internet statt auf dem Rasen: Es wird immer mehr anonym gepöbelt

Und auch auf Länderspielebene verlagerte sich das Geschehen zunehmend ins Netz: Mit Charles Herrmann, Almugera Kabar, Paris Brunner und Fayssal Harchaoui wurden im November vier Spieler der deutschen U17-Weltmeistermannschaft auf Instagram rassistisch attackiert. Nicht zu vergessen die üblen Beleidigungen gegen die beiden deutschen U21-Nationalspieler Youssoufa Moukoko und Jessic Ngankam am Rande der Fußball-Europameisterschaft im Sommer, nach dem enttäuschenden 1:1 gegen Israel mit zwei Elfmeter-Fehlschüssen. Instagram-Nutzer hatten unter Bilder von Moukoko und Ngankam Affen-Emojis gepostet.

Vor fünf Jahren in Wolfsburg spielte sich das Geschehen noch für jedermann offen sichtbar auf der Tribüne ab. Journalist André Voigt, der privat mit seiner Familie im Stadion war, hatte nach Schlusspfiff in einem emotionalen Video auf Facebook und Twitter unter Tränen beschrieben, was in der Reihe hinter ihm passierte. Ein Betrunkenen-Trio habe Sané immer wieder als „Neger“ und „Bimbo“ bezeichnet, Gündogan als „Türken“. Voigt stellte sie als Einziger zur Rede, erhielt später viel Anerkennung, aber auch Morddrohungen. Die Männer stellten sich tags darauf der Polizei. Verurteilt wurde nur einer von ihnen – zu einer Geldstrafe von 2400 Euro und einem zweijährigen Stadionverbot, weil er „Sieg Heil“ gerufen hatte.

So wie in Wolfsburg 2019: Journalist André Voigt würde wieder eingreifen

„Ich würde alles nochmal genauso machen“, erklärt André Voigt heute auf Nachfrage unserer Zeitung. Nur würde er heute wohl bei seinem Einschreiten noch einen Ordner mit zur Unterstützung einschalten. Vermutlich sei nicht komplett zu verhindern, dass es auch in Zukunft Vorfälle dieser Art gebe, so Voigt. „Wichtiger ist es, dass man bei so etwas klare Kante zeigt“, meint der Pressevertreter, der sich damals auch über das Verfahren geärgert hatte. So seien seine Familienangehörigen beispielsweise nicht als Zeugen gehört worden. „Aber ich habe auch kein Jura studiert“, sagt er rückblickend.

Bei Fußball-Bundesligist VfL Wolfsburg war es zuletzt vor allem Profi Yannick Gerhardt, der sich öffentlich gegen Rassismus und Rechtsextremismus stellte. Die Erinnerungen an den Vorfall vor fünf Jahren in der Volkswagen-Arena, sie sind noch nicht raus aus den Köpfen – und das ist gewissermaßen auch gut so.

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