Wolfsburg. Nur einmal in seiner Bundesliga-Geschichte hatte der VfL Wolfsburg nach 24 Spielen auch so wenige Punkte wie in dieser Spielzeit.

Das Wort Abstiegskampf wird beim VfL Wolfsburg im Moment noch vermieden. Vor dem 2:3 im Heimspiel gegen den VfB Stuttgart richtete Trainer Niko Kovac seinen Blick sogar nach oben. „Es sind nur fünf Punkte auf einen internationalen Wettbewerb. Das haben wir noch nicht aus den Augen verloren“, sagte der Coach vor dem vergangenen Wochenende.

Nach der Niederlage gegen Stuttgart sollte sich der Fokus beim Fußball-Bundesligisten allerdings vielleicht lieber auf eine andere Tabellenregion richten. Aus zwei Gründen: Erstens sind aus den fünf Punkten Rückstand auf den siebten Tabellenplatz durch Hoffenheims Sieg gegen Bremen acht geworden. Dass der siebte Rang sowieso nur für Europa reicht, wenn Bayer Leverkusen - was durchaus wahrscheinlich ist - den DFB-Pokal gewinnt, geschenkt. Dass zwischen dem VfL auf Platz 13 noch fünf andere Teams stehen mit mehr Punkten auf dem Konto, die ebenfalls auf dieses Szenario hoffen, ebenfalls geschenkt. Entscheidender für die Grün-Weißen sollte vielleicht eine andere Statistik sein: Nie in ihrer Bundesliga-Geschichte waren sie nach 24 Spieltagen schlechter.

VfL hat acht Punkte Vorsprung auf den Relegationsrang

Das ist ein Fakt, der erst einmal aufhorchen lässt und den viele zunächst infrage stellen. Denn gefühlt ist die Lage trotz neun siegloser Spiele in Folge gar nicht so dramatisch. Kovac hatte ja nicht unrecht, dass die Plätze 6 und 7 vor gar nicht allzu langer Zeit punktemäßig nicht so weit weg waren. Und der Blick nach unten fällt wahrscheinlich beim VfL auch deshalb so entspannt aus, weil die Teams auf den Abstiegsrängen bisher wenig Druck entwickeln. Die Kölner auf dem Relegationsrang sind acht Zähler entfernt und haben dazu noch ein deutlich schlechteres Torverhältnis, Mainz und Schlusslicht Darmstadt haben noch weniger Punkte.

Nur 2017/18 war der VfL genauso schlecht wie diese Saison.
Nur 2017/18 war der VfL genauso schlecht wie diese Saison.

Und gab es in der 27-jährigen Bundesliga-Geschichte der Wolfsburger nicht noch schlechtere Spielzeiten? Zum Beispiel die erste Saison, als man als Aufsteiger auf dem vierzehnten Platz knapp die Klasse hielt. Oder 2005/06 und 2006/07, wo es vor der Einführung der Relegation als 15. der Tabelle am Ende hauchdünn zum Klassenerhalt reichte. Nicht lange her sind die beiden erschreckenden Saisons 2016/17 und 2017/18, in denen der VfL nach dem Pokal-Triumph 2015 und der Teilnahme an der Champions League böse abstürzte und sich jeweils nur über die Relegation retten konnte.

2017/18 hatte der VfL auch nur 25 Punkte

Ja, das waren bittere Jahre, und unter dem ehemaligen Sport-Geschäftsführer Jörg Schmadtke sowie dessen Nachfolger und vormaligen Sportdirektor Marcel Schäfer schienen diese Zeiten überwunden. Aber selbst damals war die Punkteausbeute der Wölfe nach 24 Spieltagen nicht schlechter als heute. Durch die Niederlage gegen den VfB blieb die Kovac-Elf bei 25 Zählern stehen. Nur 2017/18 war das auch so. Ansonsten hatte der VfL in allen anderen genannten Spielzeiten zum vergleichbaren Zeitpunkt mehr Punkte auf dem Konto. Zieht man noch das Torverhältnis in die Bewertung mit ein, ist die aktuelle Spielzeit sogar die schlechteste Bundesliga-Saison aller Zeiten für den VfL. Im Frühjahr 2018 hatte er ein nur moderat negatives Torverhältnis von minus 4, in diesem Jahr steht man bei minus 9.

Die Saison 2017/18 sollte der aktuellen Mannschaft also eine große Warnung sein. Damals kamen nicht mehr viele Punkte bis zum Saisonende dazu, nur 33 waren es am 34. Spieltag. Das bedeutete für die Grün-Weißen die zweite Relegation in Folge. Nachdem man sich im Jahr zuvor gegen den Lokalrivalen Eintracht Braunschweig in zwei Spielen durchgesetzt hatte, traf man nun auf Holstein Kiel. Im Hinspiel in Wolfsburg gewann der VfL 3:1, das Rückspiel in Kiel entschied man durch ein Tor von Robin Knoche 1:0 für sich.

Der VfL sollte sich nicht zu sicher sein

So muss es in diesem Jahr nicht werden. Eines ist schon einmal anders als damals. 2018 standen die Wolfsburger mit ihren 25 Punkten nur einen Zähler vor dem FSV Mainz auf dem Relegationsrang. Das Wort Abstiegskampf konnte damals keiner ignorieren. Doch auch diesmal sollte keiner im Klub sich zu sicher fühlen. 40 Punkte, die als grobe Richtschnur für das Eintüten des Klassenerhalts gelten, werden die Wolfsburger wahrscheinlich nicht benötigen, aber sie sollten auch nicht davon ausgehen, dass 33 wie damals reichen, um das Schlimmste zu verhindern. So stand in dieser Saison Union Berlin zur Winterpause noch auf dem 15. Tabellenplatz mit 14 Punkten und nur drei Zählern Vorsprung auf Mainz, ist dank guter Ergebnisse nun aber punktgleich mit dem VfL.

Und dieser hat eine Horrorserie in seinem Rücken. Seit neun Spielen warten die Grün-Weißen auf einen Sieg in der Bundesliga, in den vergangenen 18 Partien konnten nur zwei Dreier eingesammelt werden. Die Tendenz des VfL, der eigentlich gut in die Saison gestartet war, zeigt klar nach unten. Und mit Bayer Leverkusen wartet am kommenden Wochenende auch noch ein Auswärtsspiel beim überragenden Spitzenreiter. Es ist also eher wahrscheinlich, dass der VfL erst einmal bei 25 Punkten stehen bleibt. Doch irgendwann müssen wieder Zähler und Siege folgen, damit es nicht auch noch am Ende der Saison heißt: Das ist der schlechteste VfL aller Zeiten.