Wolfsburg. Bis vor kurzem spielten Knoche und Behrens gemeinsam bei Union Berlin – nun erwartet der Ex-Wolf als Gegner den neuen VfL-Stürmer.

Zweieinhalb Jahre spielten Kevin Behrens und Robin Knoche gemeinsam bei Union Berlin. Bis zum 31. Januar, dem vorletzten Tag der Transferperiode im deutschen Profi-Fußball in diesem Winter. Da machte der VfL Wolfsburg den Wechsel des Stürmers innerhalb der Bundesliga perfekt, die gemeinsame Zeit von Behrens und Knoche war auf einen Schlag beendet.

Doch bereits zehn Tage später sehen sie sich wieder. Behrens, die Hoffnung für die Belebung des in dieser Saison bisher eher harmlosen VfL-Sturms, und Knoche, der Ex-Wolf, der seit der Jugend für die Grün-Weißen spielte, 2020 aber zu Union wechselte. Als Kontrahenten, vielleicht sogar als direkte Gegenspieler, stehen sie sich an diesem Samstag im Stadion An der Alten Försterei gegenüber, wenn Union von 15.30 Uhr an den VfL empfängt. Sicherlich ein emotionales Spiel für Behrens, in jedem Fall immer noch ein besonderes für Knoche, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung verrät – und ein ganz wichtiges für beide Klubs. Union braucht Punkte, um sich von den Abstiegsplätzen abzusetzen. Und für den VfL geht es um den ersten Sieg des Jahres, den die Mannschaft und vor allem Trainer Niko Kovac als Balsam für die Seele mehr als gut gebrauchen können.

Behrens besaß große Akzeptanz bei Union

Aber zunächst noch mal zu dem kurzfristigen Seitenwechsel von Behrens vor diesem Spiel. Diesen kann Ex-Kollege Knoche verstehen, blickt aus Berliner Sicht aber trotzdem mit einem weinenden Auge darauf. „Für ihn ist es sportlich eine neue Herausforderung. Ich freue mich für ihn, wenn das der Schritt ist, den er noch einmal machen wollte“, sagt der gebürtige Braunschweiger. Er fügt aber hinzu: „Für uns ist sein Abgang schade. Nicht nur wegen Kevins sportlicher Qualitäten, sondern auch, weil er für unsere Kabine enorm wichtig war. Er besaß in unserer Mannschaft eine sehr hohe Akzeptanz. Ich glaube, man kann Kevin im positiven Sinne als unangenehmen Typen beschreiben. Er ist kopfballstark, ackert im Angriff für die Defensive mit, ist unermüdlich unterwegs.“

Gegen Hoffenheim feierte Kevin Behrens seine Premiere im VfL-Trikot. Nun trifft er mit den Wölfen auf Ex-Klub Union Berlin.
Gegen Hoffenheim feierte Kevin Behrens seine Premiere im VfL-Trikot. Nun trifft er mit den Wölfen auf Ex-Klub Union Berlin. © regios24 | Darius Simka

Die Wertschätzung für den ehemaligen Kollegen ist also groß. Angst hat Knoche trotzdem nicht. Er sieht seine Mannschaft nach den vergangenen Spielen, in denen sich Union etwas von den Abstiegsplätzen absetzen konnte, gestärkt. Daran wollen die Berliner gegen den VfL anknüpfen. Auch Knoche, der aufgrund seiner insgesamt 15 Jahre bei den Grün-Weißen eine emotionale Verbindung zum VfL hat. „Natürlich ist es für mich etwas Besonders gegen den VfL zu spielen, wenn man so lange da war und bei dem Spiel auch das eine oder andere bekannte Gesicht sieht“, sagt der Innenverteidiger. Eines davon wird nun auch Behrens sein. Ob der sich vor seiner Wechsel-Entscheidung mal beim VfL-Experten Knoche erkundigt hat. „Er hat mich vor seinem Wechsel nach Wolfsburg nicht gefragt – das nehme ich ihm auch übel“, sagt Knoche lachend, um gleich hinterherzuschieben: „Nein, Spaß beiseite.“ Er kann verstehen, wenn ein Mitspieler eine neue Herausforderung sucht.

Knoche: Wir haben unsere Stabilität wiedergefunden

Die hat Behrens beim VfL sicherlich gefunden. Die Wolfsburger, die ambitioniert in die Saison gestartet sind, finden sich im Mittelfeld der Bundesliga-Tabelle wieder. Vor allem die vergangenen Spiele liefen enttäuschend, Trainer Kovac wackelt stark. Knoche, der noch viele familiäre und freundschaftliche Beziehungen in der Region hat, verfolgt so eine Entwicklung mit einem besonderen Interesse. „In der Mannschaft vom VfL stecken viel Talent und Potenzial. Aber wenn die Ergebnisse ausbleiben, ist es nicht einfach. Aber das ist bei uns in dieser Saison ähnlich. Da muss es einfach irgendwann klick machen. Du brauchst einfach diese Erfolgserlebnisse, um daraus Selbstvertrauen zu ziehen“, lautet seine Analyse aus der Ferne.

Mehr beschäftigt ihn aber natürlich die Situation von Union. Beim Hauptstadt-Klub ist der 31-Jährige nach wie vor Stammspieler und Leistungsträger, konnte den Absturz der Berliner in den vergangenen Monaten aber auch nicht verhindern. Doch Knoche sieht sein Team auf dem Weg der Besserung. „Wir haben mittlerweile wieder unsere Stabilität gefunden und auch so enge Spiele wie gegen Darmstadt für uns gezogen oder im schwierigen Spiel in Mainz nach einem Rückstand gepunktet. Da sieht man, dass die Mannschaft lebt und ihr Charakter stimmt. Das stimmt mich positiv. Die jüngsten Erfolgserlebnisse haben unser Selbstvertrauen gestärkt“, meint er.

Zukunft offen, Vertrag läuft aus

Überwunden ist die schwierige Phase von Union aber nicht. Zu Beginn der Saison ein Starter in der Champions League, nun im Abstiegskampf – daran habe alle im Klub zu knabbern, obwohl Knoche betont: „In unserem Umfeld waren die Erwartungen nach den drei überragenden Jahren zuvor hoch. Wir haben dagegen versucht, den Ball flach zu halten und wollten erst einmal wieder 40 Punkte für den Klassenerhalt holen und erst danach über andere Ziele sprechen.“ Trotzdem gibt er zu: „Es ist in diesem Jahr ein bisschen schwieriger für uns. Die Qualität ist da, aber man muss sie auch auf den Platz bringen. Das ist uns in dieser Saison, vor allem in der Hinrunde, leider zu selten gelungen.“

Deshalb ging auch der langjährige Erfolgstrainer. „Die Trennung von Urs Fischer war schade, weil wir es als Mannschaft nicht hinbekommen haben, die Negativserie nicht stoppen konnten. Es ist im heutigen Fußball-Geschäft ungewöhnlich, dass jemand so lange wie er bei einem Verein ist“, hat Knoche vom Ex-Coach weiterhin eine hohe Meinung. Dessen Nachfolger Nenad Bjelica steht wegen seines Aussetzers in München gegen Leroy Sané gleich unter Druck. Immerhin konnte er von der Tribüne aus sehen, wie seine Mannschaft zuletzt wichtige Punkte sammelte. Gegen den VfL sitzt er erstmals wieder auf der Trainerbank des Klubs aus Köpenick.

Schnell den Klassenerhalt mit Union eintüten – das ist auch das oberste Ziel von Knoche. Und wie geht es danach in seiner Karriere weiter? „Die positive Entwicklung bei Union war nicht abzusehen, als ich nach Berlin gewechselt bin. Ich freue mich, dass ich dazu in den vergangenen drei Jahren so einen wichtigen Teil beitragen durfte. Ich fühle mich in Berlin wohl“, sagt der Abwehrspieler. Dennoch steht für ihn demnächst eine wichtige Entscheidung an. „Im Sommer läuft mein Vertrag aus. Ich bin da ganz entspannt und schaue, was auf mich zukommt“, sagt der Abwehrspieler zu seiner Zukunft. Vielleicht sucht er sich wie Behrens vor zwei Wochen bald eine neue Herausforderung.