Braunschweig. Eintracht Braunschweig Fünf-Tore-Mann Rayan Philippe spricht über seinen Werdegang, seine Persönlichkeit und den deutschen Fußball.

Mit einer gigantisch starken Ausbeute von 33 Toren und 28 Vorlagen kam Rayan Philippe im vergangenen Sommer zu Eintracht Braunschweig. Beim luxemburgischen Erstligisten Swift Hesperingen hatte der Franzose in einer schwächeren europäischen Liga auf sich aufmerksam gemacht und sich für höhere Aufgaben empfohlen.

Doch dass es in der 2. Bundesliga nicht genau so weitergeht, war dem 23 Jahre alten Neuzugang eigentlich klar. Trotzdem steht Philippe acht Spiele vor dem Saisonende bei fünf Toren. Er hatte sich erträumt, auf dem gesteigerten Niveau Erfolgserlebnisse zu sammeln. „Das war immer mein Ziel, auch wenn es am Anfang schwierig für mich war“, sagt er im allerersten Interview mit unserer Zeitung. „Und hätte mir jemand am Anfang der Saison gesagt, dass ich jetzt bei fünf Toren und drei Vorlagen stehe, wäre ich glücklich gewesen.“

Im Abstiegskampf würde es der Eintracht sicherlich helfen, wenn Philippe seine persönliche Ausbeute noch etwas in die Höhe schrauben könnte. Zuletzt stockte der Offensiv-Motor der Eintracht ein paar Spiele lang, dann aber traf der 1,82-Meter-Mann beim 1:2 in Nürnberg und beim 2:1-Sieg in Paderborn. Dennoch hat sich etwas verändert.

Eintracht Braunschweigs Rayan Philippe geht gern in die Tiefe

Laut dem Datenanbieter „Ballorientiert“ litt Philippe, der bei Braunschweigs starken Auftritten rund um den Jahreswechsel mit seinen schnellen Sprints in die Tiefe hervorstach, zuletzt darunter, dass die Gegner ihr Spiel in den Duellen mit Braunschweig anpassten, tiefer standen, die Räume für den Franzosen verkleinerten und damit auch die Eintracht zwangen, andere Lösungen zu finden.

Doch Philippes Spiel lebt davon, in besagte Tiefe zu laufen. Nach der Analyse von „Ballorientiert“ empfängt er die viertmeisten Steckpässe aller Zweitliga-Spieler. Und noch eine andere Zahl ist interessant: Nur 17 Spieler im Unterhaus weisen eine bessere Spitzengeschwindigkeit auf. Philippe erreicht 35,51 Kilometer pro Stunde. Durch eine Tempo-30-Zone sollte er in Braunschweig also nicht spurten.

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Doch auf dem Fußballfeld machen ihn Qualitäten wie die Geschwindigkeit zu einem gefährlichen Angreifer. Und dass er ganz vorn auf dem Feld zu Hause ist, war schon immer klar. „Ich bin als Stürmer geboren, war es immer – auch für die Trainer“, verrät Philippe, der aus einer fußballbegeisterten Familie stammt.

Hier ist Eintracht Braunschweigs Rayan Philippe aufgewachsen

Im Jahr 2000 wurde er in Nizza geboren. Aufgewachsen ist er aber im 30 Kilometer entfernten Menton. Im Küstenort an der französischen Riviera erwuchs Philippes Fußball-Leidenschaft. Sein Vater spielte als Amateur. Er war es, der dem älteren seiner beiden Söhne den ersten Ball und die ersten Fußball-Schuhe schenkte.

Anscheinend lohnte sich das, denn nach Stationen bei kleineren Vereinen aus dem Umland klopfte der FCO Dijon beim jungen Fußballer an. Und Philippe folgte den Rufen des französischen Profiklubs, tauschte Côte d’Azur gegen Bourgogne und nahm mit 14 Jahren in Kauf, rund 600 Kilometer und sieben Autostunden von seiner Familie getrennt zu sein.

In der Stadt im Osten Frankreichs, die wohl am ehesten für ihren Senf bekannt ist, wuchs Philippe in einem Nachwuchsleistungszentrum zu einem gut ausgebildeten Fußball-Talent heran. Er eiferte seinem Vorbild Cristiano Ronaldo nach. „Ich mag an ihm seine Mentalität, seinen Arbeitseifer und wie er Fußball spielt“, sagt der heutige Eintracht-Stürmer, der aber damals wie heute ein bisschen Heimweh hegte. „Die Sonne und das Meer fehlen mir“, erklärt Philippe.

Die französische Lebensart liest man aus ihm nicht unbedingt heraus. „Dort, wo ich herkomme, feiern die Menschen sehr gern und wollen gemeinsam eine gute Zeit haben“, erzählt der Profisportler. Er selbst trinkt so gut wie keinen Alkohol. Er sei sehr ruhig und zurückhaltend, aber trotzdem zielstrebig und voller Entschlossenheit. Harte Arbeit statt Savoir-vivre, also. Nicht von ungefähr sagt der Stürmer: „In ein paar Jahren will ich zurückblicken und sagen können, dass ich so weit wie möglich vorangekommen bin.“

Rayan Philippe ist bis 2025 an Eintracht Braunschweig gebunden

Momentan ist er aber in Braunschweig und Teil der Eintracht. Sein Vertrag läuft bis zum Sommer 2025. In der Löwenstadt lebt Philippe mit seiner Freundin, die wie er aus Menton stammt. „Sie ist Ernährungsberaterin und kann von hier aus mobil arbeiten“, erklärt der Fußballer, der mit ihr gemeinsam regelmäßig die Stadt erkundet und auch schon nach Hamburg oder Berlin reiste. Eine andere niedersächsische Stadt hat er ausgelassen. „Hannover? Non, non!“, sagt er und lacht bei der Frage nach seinen Reisezielen.

Philippe ist angekommen nach für ihn komplizierten Monaten zu Beginn. Nicht nur sportlich. Der ehemalige U20-Nationalspieler lernt auch fleißig die deutsche Sprache. Zwei bis drei Mal kommt eine Lehrerin ins Stadion oder zu ihm nach Hause. Er lernt schnell zu verstehen, aber es fällt ihm noch schwer, zwischen den Artikeln zu unterscheiden. Sein momentaner Lieblingsbegriff lautet: „Ein bisschen.“

Und ein bisschen kann sich der sympathische Philippe auch schon auf Deutsch verständigen. Wenn es nicht weitergeht, hilft Mitspieler Saulo Decarli. Der Schweizer ist ein echtes Sprachtalent. Doch Philippe wollte unbedingt nach Deutschland. Er hätte nach seiner fabulösen Saison in Luxemburg auch zurück nach Frankreich wechseln können. „Aber ich mag die Mentalität und den Fußball hier. Hier wurden meine Qualitäten wertgeschätzt. Und außerdem kannte ich die französische Liga schon“, verdeutlicht Philippe, dem man anmerkt, dass er dankbar ist für die Chance, sich regelmäßig in einer der besten zweiten Ligen des Kontinents beweisen zu dürfen.

Rayan Philippe glaubt fest an Klassenerhalt mit Eintracht Braunschweig

Es sei sein Kindheitstraum gewesen, Fußball-Profi zu werden. „Und eigentlich hatte ich nie einen anderen Plan“, sagt er. Trotzdem musste er auf seinem Weg auch Rückschläge verkraften. „Es war nie wirklich einfach, ich musste mich immer durchkämpfen und mehr machen als andere, um zu den Besten zu gehören“, skizziert Philippe.

Als er 2021 nach Luxemburg wechselte, sagten ihm viele Menschen in seinem Umfeld: „Das war’s.“ Doch Philippe zog Kraft aus dem Transfer, der als Rückschlag für ihn ausgelegt wurde. „Für mich war das der Ansporn, dass ich noch weiter nach vorne komme“, sagt er. Die 33 Tore und 28 Vorlagen vom Anfang der Geschichte sprechen dafür, dass das geklappt hat.

Doch im Abstiegskampf der 2. Bundesliga zählen individuelle Bestmarken nur indirekt. Gleichwohl ist Philippe absolut überzeugt vom Klassenerhalt: „Wir werden es schaffen, weil wir die Qualität haben und bis zum letzten Moment für unser großes Ziel kämpfen werden.“

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