Braunschweig. Bei Eintracht Braunschweig wird der Isländer stärker, seine Rolle größer. Vielleicht bleibt er sogar über den Sommer hinaus.

Dieses breite Grinsen – Thorir Helgason bekam es gar nicht mehr aus dem Gesicht. Die Glückseligkeit quoll dem Isländer förmlich aus allen Poren, als er im Bauch des Eintracht-Stadions stand. Gerade hatte er sein Debüt für Eintracht Braunschweig gefeiert – und gleich ein wichtiges Tor erzielt. Im Heimspiel gegen den FC St. Pauli schweißte er den Ball per Fernschuss in der 80. Minute zum 1:1-Endstand ein. Gerade einmal vier Minuten lang hatte er da auf dem Platz gestanden. Am 1. September 2023 war das. Nur einen Tag davor hatten die Blau-Gelben die Verpflichtung des Mittelfeldspielers bekanntgegeben.

Es war ein furioser Start, der Lust auf mehr machte. Helgasons Premieren-Spiel war aber zunächst nur ein kurzer Rausch, auf den ein mittelschwerer Kater folgte. Denn der 23-Jährige startete eben nicht senkrecht. Unter dem damaligen Trainer Jens Härtel durfte er nie länger als 45 Minuten mitmachen. Mittlerweile ist das anders. Coach Daniel Scherning setzt auf den Isländer. Und der wird immer besser – was die Physis angeht, aber auch seinen spielerischen Einfluss.

Thorir Helgason paukt fleißig Deutsch

Spielt Helgason den besten Fußball, seit er in Braunschweig angekommen ist? „Das ist eine gute Frage. Ich würde sagen, ich komme langsam dahin. Ich denke, ich habe zuletzt gut gespielt und hoffe, dass ich bald meine bestmögliche Leistung bringen kann“, sagt er. Apropos ankommen: Das kann eben eine Weile dauern. Der 16-fache Nationalspieler kam allein nach Braunschweig. Seine Freundin ist Doktorandin. Sie studiert in der Slowakei. Immerhin ist der Weg von dort nach Deutschland kürzer als aus Island.

Zudem ist er der Sprache noch nicht mächtig. Und Deutsch zu lernen ist nicht einfach. Helgason paukt fleißig. Dreimal pro Woche. Mittlerweile übrigens gemeinsam mit dem schwedischen Winterneuzugang Hampus Finndell. „Wir sind also Klassenkameraden, wenn man so will“, sagt Helgason. Kurzum: Es kann bei jungen Menschen schon einmal etwas Zeit beanspruchen, um sich an ein gänzlich neues Umfeld zu gewöhnen. „Vielleicht spielt das eine gewisse Rolle. Aber als ich aus Italien kam, hatte ich lange nicht gespielt. Das ist sicherlich einer der Gründe. Meine Form, meine Gesundheit waren weitere. Ich musste fußballerisch wieder in Form kommen, weil ich eine lange Zeit lang nicht für 90 Minuten auf dem Platz stand“, sagt der 1,87-Meter-Mann.

Kaum Kontak zu Stammklub US Lecce

Ach ja, Italien. Dort kickte Helgason vor seiner Zeit beim Braunschweiger Fußball-Zweitligisten. Na ja, zumindest im Training. Bei US Lecce sah er in der Serie A kaum einen Stich. Dort steht „Thor“ noch immer unter Vertrag. Bis zum Sommer 2025 hat sein Arbeitspapier Gültigkeit. Zur Eintracht kam er per Leihgeschäft. So richtig groß scheint das Interesse aus Südeuropa aber nicht mehr zu sein. „Der Klub und ich haben nicht so intensiv miteinander gesprochen, seit ich in Braunschweig bin. Mit den Mitspielern bin ich in Kontakt geblieben“, verrät Helgason.

Für die Eintracht-Verantwortlichen könnte das eine Chance sein. Sie besitzen schließlich im Sommer eine Kaufoption auf den 23-Jährigen. In jedem Fall fühle er sich wohl in der Löwenstadt. „Es ist zwar anders als in Italien, aber es gefällt mir sehr“, sagt er. Es sei ein bisschen mehr wie in seiner Heimat. Alles ist etwas näher beieinander. Auch wenn Braunschweig doch ein Stück größer ist als Hafnarfjördur.

Eintracht Braunschweigs System ist neu für Thorir Helgason

Die Stadt im Südwesten Islands hat rund 30.000 Einwohner. Dort ist Helgason geboren und hat sich fußballerisch die ersten Sporen verdient. Bei der Eintracht ging er aus der Serie A einen Schritt zurück – am besten, um zwei nach vorne zu machen. Seine sportliche Entwicklung ist positiv. In Schernings System besetzt Helgason eine der Achter-Positionen. Er ist dabei sicherlich nicht ganz so auffällig wie sein Nebenmann. Fabio Kaufmann spielt eher den furiosen Part. Helgason verrichtet seinen Job besonnener. Das heißt freilich nicht, dass er nicht arbeitet.

Und das in einem System, das ihm vorher nicht geläufig war. Ein 3-1-4-2 spielt er „zum ersten Mal in meiner Karriere. Es gefällt mir sehr gut und ich denke, es passt zu meinem Spiel“. Auch Schernings Art trägt zur Leistungssteigerung des Mittelfeldspielers bei. „Ich würde schon sagen, dass er viel mit mir spricht. Wenn er möchte, dass ich etwas besser mache, dann lässt er es mich natürlich wissen.“ Was das sein könnte? „Das bleibt zwischen ihm und mir“, sagt Helgason und lacht.

Ziemlich gute Freunde: Johan Gómez (links) und Thorir Helgason.
Ziemlich gute Freunde: Johan Gómez (links) und Thorir Helgason. © regios24 | Darius Simka

Was Helgason verbessern will

Auch mit den Teamkollegen läuft‘s gut. Helgason und Johan Gómez „sind ziemlich gute Freunde geworden“. Im gleichen Atemzug hebt der Isländer die gute Chemie im gesamten Team hervor – wie es eigentlich jeder der Eintracht-Profis tut. Ein wenig aber scheint ihm auf dem Fußball-Platz noch die Zielstrebigkeit abzugehen. Die Anzahl seiner öffnenden Pässe hat schon zugenommen. Aber da geht noch mehr. „In der finalen Entscheidungsfindung kann ich mich verbessern, besonders offensiv“, sagt Helgason selbst.

Mehr Vorlagen wolle er zukünftig geben. Und: „Vielleicht muss ich einfach etwas mehr schießen. Wenn ich die Chance dazu bekomme, werde ich sie ergreifen“, sagt Helgason. Wie damals gegen den FC St. Pauli eben.

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