Braunschweig. Bei aller Tradition, der Ausrüsterwechsel von Adidas zu Nike ist für den klammen Fußballverband der richtige Schritt, meint Ute Berndt.

Landauf, landab werden nun wieder die Schraubstollen von Adi Dassler aus der Erinnerungsschublade geholt, dank derer Deutschland die Fußball-WM 1954 gewonnen haben soll. Das Land schwelgt empört in Fußballnostalgie, um einen vermeintlichen Tabubruch zu brandmarken. Dabei handelt es sich, distanziert betrachtet, nur um die Tatsache, dass die Berufskleidung unserer Fußball-Nationalteams in drei Jahren ein anderes Logo schmücken wird. Es werden keine Seelen verkauft, keine „unmoralischen“ Abhängigkeiten geschaffen.

Aber klar, das Thema ist emotional, der deutsche Fußball und der deutsche Ausrüster sind seit mehr als 70 Jahren verbandelt, da triggert eine Veränderung aus monetären Gründen natürlich den Dauerkonflikt Tradition contra Kommerz. Doch dass Politiker aller Parteien nun mangelnden Patriotismus des DFB anprangern, sind billige populistische Reflexe von Leuten, die hier nicht in der Verantwortung stehen.

Klammer DFB kann die Nike-Millionen gut gebrauchen

Hätten sie etwa nicht zugegriffen, nicht zugreifen müssen, wenn ihnen plötzlich die kolportierten 100 statt bisher 50 Millionen Euro offeriert worden wären? Der klamme Verband hat ja nachvollziehbar erläutert, dass er die Zuwendungen des schon seit Jahrzehnten um einen Einstieg buhlenden künftigen Ausrüsters Nike dringend braucht, auch um seinen Frauen-, Amateur- und Breitensport zu fördern.

Und ja, für den Rivalen Adidas, der Julian Nagelsmanns Mannschaft während der Heim-EM auf dem Firmen-Campus in Herzogenaurach beherbergen wird, ist die Bekanntgabe vor diesem großen Event, das die Kassen füllen soll, ein Affront. Doch ob es wieder so eine peinliche DFB-Kommunikationspanne war, wie die Flick-Entlassung während des deutschen Basketball-WM-Triumphs, ist unklar. Vielleicht hat ja Nike darauf gedrungen?

Adidas überrascht von DFB-Bekanntgabe? Das muss man nicht glauben

Aber dass Adidas von der Bekanntgabe überrascht gewesen sein will, muss man nicht glauben. Normalerweise gilt in der Branche ein „Matching-Right“, der Partner kennt also die Offerten der Konkurrenz, kann gleichziehen. Doch die dreistellige Millionensumme, mit der der Weltmarktführer aus den USA den deutschen Verband nun finanziell in die Teamsport-Weltspitze hievt, war der schwächelnde DFB der weltweiten Nummer zwei aus seinem Heimatland offenbar bei weitem nicht wert.

Da ist der neue Deal doch folgerichtig und nach den jüngsten Pleiten bei großen Turnieren auch ein positives Signal: Nike glaubt offenbar fest an den deutschen Fußball und dessen Zukunft.