Salzgitter-Lebenstedt. Wegen Bestechlichkeit wird gegen eine Mitarbeiterin des Salzgitteraners Wohnungsvermieters TAG und einen Unternehmer ermittelt.

Erst wurden sie von Schleppern ausgebeutet, nun werden syrische Flüchtlinge, die nach Salzgitter kommen, offenbar erneut Opfer skrupelloser Geschäftemacher. Seit weit mehr als einem Jahr sollen eine Mitarbeiterin des größten innerstädtischen Wohnungsvermieters TAG und ein in Salzgitter ansässiger Unternehmer eigenmächtig, gemeinschaftlich und illegal Vermittlungsgebühren von wohnungssuchenden Migranten abkassiert haben. Ermittler der Polizei haben deswegen gestern Büroräume und Privatwohnungen der Verdächtigen durchsucht. Auf ihre Spur stießen die Beamten, weil Opfer ausgepackt haben.

Die Staatsanwaltschaft in Braunschweig bestätigte, dass es um den Verdacht der Bestechung und Bestechlichkeit gehe. Es seien Geschäftsunterlagen, Mietverträge und Kontoauszüge beschlagnahmt worden. Sprecher Christian Wolters erklärte, es handele sich vermutlich um einen bislang einzigartigen Fall in der Region.

Die TAG selbst hatte per Strafanzeige Anfang Mai die Ermittlungen ausgelöst. Sprecher Günter Ott erklärte, erste Hinweise auf dubiose Vermittlertätigkeiten hätten sich bereits im Januar 2016 ergeben, doch noch keine Indizien für ein Netzwerk, das ins eigene Unternehmen reicht. Wie aus Polizeikreisen zu hören war, soll mindestens eine Mitarbeiterin in wenigstens zwölf Fällen in den Wohnungshandel verstrickt sein. Die TAG vermietet insgesamt 8800 Wohnungen. Komplize bei dem illegalen Deal soll ein in Flüchtlingskreisen bekannter und mit ihr vermutlich verbandelter Unternehmer sein. Ob es weitere Mittäter gibt, ist derzeit unklar. Wie viele Mietwohnungen seit wann per Schmiergeld vermittelt wurden, werde die Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen erweisen, erklärte dis Staatsanwaltschaft.

Gesprächsbereit sind die Opfer. Sie belegten gegenüber unserer Zeitung faktenreich, was seit Monaten gerüchteweise in Salzgitter kolportiert wird. Einer von ihnen ist ein 25-jähriger Syrer, der sich Mitte 2016 fünf Mal vergeblich an die nun in Betrugsverdacht geratene TAG-Mitarbeiterin wandte, um eine Wohnung zu erhalten.

Vorübergehend kroch er für einen Monat bei einem Freund unter. Dann nannten ihm andere Flüchtlinge die Adresse des ins Visier der Ermittler geratenen Unternehmers. Der 25-Jährige traf ihn nach eigenen Angaben im Büro an: „Ich musste 600 Euro zahlen, bevor ich irgendeine Auskunft erhielt“.

Der Unternehmer habe in seinem Beisein mit der TAG-Mitarbeiterin telefoniert. Und sofort habe es eine geeignete Wohnung für den Flüchtling gegeben.

Einen Kommentar zum Thema finden Sie hier: Flüchtlinge abgezockt