Jerusalem. Der UN-Sicherheitsrat fordert in Gaza eine Waffenruhe. Israel spricht von einer „skandalösen“ Entscheidung und reagiert sofort.

Zum ersten Mal seit Kriegsbeginn in Gaza kam am Montag eine Resolution des UN-Sicherheitsrats zustande, in der Israel und die Hamas zu einer sofortigen vorübergehenden Waffenruhe aufgerufen werden. In Israel ist die Empörung groß.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte, das Stimmverhalten der USA „schadet unseren Kriegsanstrengungen“, Verteidigungsminister Joav Gallant nannte die Entscheidung „skandalös“. Dicke Luft zwischen Israel und den USA gibt es schon seit Längerem, und der Israel-Besuch von US-Außenminister Antony Blinken am vergangenen Freitag dürfte nicht dazu beigetragen haben, die Stimmung aufzuhellen – eher im Gegenteil.

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Kurz nach Blinkens Abreise erklärte Netanjahu, man werde die umstrittene Militärinvasion in Rafah notfalls auch ohne Unterstützung der USA durchführen. Und Blinken warnte Israel davor, sich international „zu isolieren“. Als die USA sich am Montag im UN-Sicherheitsrat dann der Stimme enthielten, witterte Netanjahu einen „Rückzug“ der USA von ihrer klaren Unterstützung des israelischen Kampfes gegen die Hamas.

Israel will "Krieg nicht stoppen"

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    Krise zwischen Israel und USA hat Höhepunkt erreicht

    Und er reagierte prompt, indem er eine geplante Washington-Reise zweier seiner engsten Berater in letzter Sekunde absagte. Das Weiße Haus zeigte sich darüber mit den Worten seines Sprechers John Kirby „sehr enttäuscht“. Die Delegation war eingeladen worden, um auf Wunsch von US-Präsident Joe Biden mögliche Alternativen zu einer Militärinvasion in Rafah zu diskutieren. Israel hält an der Invasion fest, Washington hält es für möglich, die Hamas vor Ort auch mit anderen Mitteln zu schlagen.

    Die seit Monaten köchelnde Krise zwischen Jerusalem und Washington hat nun also den Siedepunkt erreicht. In Israel ruft das gemischte Reaktionen hervor: Rechte Hardliner sehen die Verantwortung bei Washington und halten Netanjahus Verhalten – also den Rückzug der Delegation – für gerechtfertigt. Gemäßigtere Politiker, etwa der Minister im Kriegskabinett, Benny Gantz, üben Kritik an Netanjahu, sie halten seine Reaktion für überzogen.

    Israel kann sich auf Unterstützung der USA weiterhin verlassen

    Dass die Krise zu einem nachhaltigen Bruch zwischen den USA und Israel führt, ist höchst unwahrscheinlich. Zumal Washington schon am Montag gegenüber Jerusalem betont hat, die Entscheidung des UN-Sicherheitsrats sei „nicht bindend“. Rein rechtlich stimmt das zwar nicht, Israel ist sehr wohl an die Resolution gebunden. Die Aussage soll aber wohl signalisieren, dass die USA mögliche Sanktionen des UN-Sicherheitsrats gegen Israel mit einem Veto beeinspruchen werden. Solche Sanktionen wären aber das einzige Druckmittel, um Israel zu zwingen, sich an die Resolution zu halten.

    Außerdem hat Washington am Montag bekannt gegeben, dass es Israels Kriegsführung in Gaza für völkerrechtskonform hält und folglich weiterhin an seinen Waffenlieferungen festhält. Auf die materielle Unterstützung der USA kann sich Israel also auch weiterhin verlassen.

    Was die zähen Verhandlungen in Katar über einen möglichen Waffenstillstand und eine Freilassung der Geiseln betrifft, stehen die Chancen nun äußerst schlecht. Ein Sprecher der Hamas hat am Montagabend erklärt, dass man dem aktuellen Entwurf nicht zustimme. Woraufhin Israel seinerseits ankündigte, die Delegation aus Katar zurückzurufen.