Berlin. Lobbyarbeit im Bundestag findet meist in Grauzonen statt – die SPD fordert klare Regeln nun für die Arbeit von Interessenvertretern.

Die SPD im Bundestag will schärfere Regeln für umstrittene Aktivitäten von Lobbyisten in der Bundespolitik durchsetzen: Ein Gesetzentwurf, der dieser Redaktion vorliegt, sieht etwa ein Lobbyistenregister im Bundestag und klare Verhaltensvorschriften vor. Geplant ist außerdem die Einsetzung eines Parlamentsbeauftragten zur Kontrolle der Interessenvertreter – bei Verstößen würden Lobbyisten hohe Strafen drohen. Außerdem will die SPD neue Transparenzvorschriften für das Parteien-Sponsoring festschreiben.

Den Gesetzentwurf hat SPD-Fraktionsvize Eva Högl im Auftrag der Fraktion erarbeitet. Sie sagte dieser Redaktion: „Es ist Zeit für eine neue Offensive. Zumindest Teile des Vorstoßes sollte die Koalition noch vor der Bundestagswahl beschließen.“

Die SPD hatte ihre eigene Sponsoring-Affäre

Anlass der Initiative ist eigentlich die Sponsoring-Affäre, die eine SPD-eigene Kommunikationsagentur ausgelöst hatte: Die Agentur bot im Rahmen sogenannter „Vorwärts“-Gespräche Treffen mit SPD-Spitzenpolitikern an, für die die Sponsoren mehrere tausend Euro zahlen sollten. Das verstieß zwar nicht gegen die Vorschriften, nach öffentlicher Kritik stellte die SPD die Praxis aber Ende November 2016 ein. Als Konsequenz will die SPD nun nicht nur schärfere Sponsoring-Regeln einführen, sie nutzt die Gelegenheit vielmehr zu weitreichenden Reformvorschlägen. Das Ziel heißt vor allem mehr Öffentlichkeit.

Mit Kanzlerkandidat Martin Schulz erneuert sich die SPD selbst.
Mit Kanzlerkandidat Martin Schulz erneuert sich die SPD selbst. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH

„Die Vertretung gesellschaftlicher Interessen gehört zu den Wesensmerkmalen eines demokratischen Staatswesens, wir wollen sie auf keinen Fall verbieten“, betont Högl. Doch bislang spiele sich diese Interessenvertretung „vollständig im Dunkeln“ ab – was für Unbehagen in der Öffentlichkeit sorge und das Vertrauen in den demokratischen Gesetzgebungsprozess schwächen könne. Per Gesetz sollten Lobbyaktivitäten deshalb aus der Grauzone geholt werden.

Sponsoring: Wie bisher schon Parteispenden sollen auch Sponsorleistungen in den Rechenschaftsberichten der Parteien mit dem Namen des Sponsors ausgewiesen werden – wenn sie 10.000 Euro im Jahr übersteigen. Zuwendungen über 50.000 Euro sollen sofort dem Bundestagspräsidenten zur Veröffentlichung angezeigt werden.


Lobbyregister
: Alle Personen, Unternehmen und Verbände, die gegen Bezahlung Einfluss auf die Arbeit des Bundestags und der Bundesregierung nehmen wollen, müssen sich laut Entwurf in einem Register eintragen lassen, ihre Auftraggeber und die Höhe der Einnahmen offenlegen. Sie müssten sich zu einem Verhaltenskodex bekennen, der Grundsätze der Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit und Integrität umfasst – getarnte Lobbyaktivitäten wären unzulässig. Verstöße gegen Registrierungs- und Verhaltenspflichten soll das Innenministerium als Ordnungswidrigkeit mit Geldbußen bis zu 50.000 Euro ahnden.


Lobby-Beauftragter:
Der Bundestag soll analog etwa zum Wehrbeauftragten einen Beauftragten für die Interessenvertretung einsetzen. Er soll den Verhaltenskodex erarbeiten, das Lobbyregister führen, die Einhaltung der Vorschriften kontrollieren, Beschwerden nachgehen und Jahresberichte vorlegen.


Exekutiver Fußabdruck
: Die Bundesregierung soll künftig allen Gesetzesvorlagen eine Liste mit jenen Lobbyisten und Sachverständigen beifügen, die Einfluss auf den Entwurf genommen haben oder angehört wurden.

Sobald die SPD-Fraktion den Entwurf im März offiziell beschlossen hat, sollen Gespräche mit der Union über einen Bundestags-Beschluss geführt werden, kündigt Högl an. Zumindest der Vorstoß zum Parteiensponsoring gilt als unstrittig und könnte noch vor der Wahl beschlossen werden: „Wir hoffen, dass die Union ihre Zögerlichkeit aufgibt.“