„Beide Seiten wären Verlierer, wenn es zu einem chaotischen Brexit käme.“

Der vereinbarte Brexit-Fahrplan ist so gut wie vom Tisch, eine Einigung bis Ende März 2019 praktisch nicht mehr zu schaffen. Die britische Premierministerin Theresa May hat sich mit ihrem Kalkül verzockt, die Kosten für den EU-Austritt erst dann zu regeln, wenn die zukünftigen Handelsbeziehungen geklärt sind. Es ist wie im richtigen Leben: Eine einvernehmliche Scheidung setzt voraus, dass sich die Akteure zuvor auf die finanziellen Belastungen verständigt haben. Für billige Triumphgefühle auf EU-Seite gibt es dennoch keinen Anlass. Denn beide Seiten wären Verlierer, wenn es zu einem chaotischen Brexit käme.

Das Kabinett May wäre allerdings besonders hart getroffen. Die britischen Unternehmen müssten beim Handel mit EU-Ländern Zölle bezahlen, was ihre Produkte verteuert.

Aber auch die deutsche Wirtschaft würde leiden. Immerhin ist das Vereinigte Königreich nach den USA und Frankreich das drittwichtigste Exportland. Waren und Dienstleistungen wären mit dem Bremsklotz von Zöllen und Abgaben belegt.

Die Brexit-Verhandlungen sind zu einer gefährlichen Hängepartie geworden. Es wäre zu wünschen, dass beide Seiten ihre Gespräche vom Ende her denken und negative Konsequenzen bereits heute einpreisen. Den Briten, die für ihren Pragmatismus bekannt sind, sollte langsam dämmern, dass die Illusion von einem rosaroten EU-Ausstieg mit einem bitteren Erwachen enden könnte.