„Ein lammfrommer Landtag wäre ein langweiliger Landtag.“

Niedersachsens neuer Landtag soll die Abgeordneten erziehen. Das Gebäude soll ihnen in seiner Transparenz und lichtdurchfluteten Klarheit Mahnung und Vorbild sein.

So jedenfalls klang es beim Festakt zur Eröffnung des neuen Plenarsaals im Leineschloss. Dabei wurde der 58-Millionen-Bau reichlich mit symbolischer Bedeutung aufgeladen. Das spricht zwar für die Qualität eines ebenso gelungenen wie nötigen Umbaus, ist ansonsten aber vor allem eine Märchenstunde fürs gutgläubige Publikum.

Auch im alten Plenarsaal mit seinem berüchtigten 50er-Jahre-Charme gab es schließlich hochklassige Debatten. Und beim Festakt im neuen Tempel der Transparenz servierte Ministerpräsident Weil noch einmal ungeniert einen Wahlkampf-Werbeblock für seine rot-grüne Regierung. Vielleicht wollte Weil den scheidenden Grünen den Abschied versüßen, vielleicht wollte er die CDU ärgern. Eine neue Debattenkultur anstoßen wollte Weil jedenfalls nicht. So hatte die Realität die allzu hehren Ansprüche bereits während der Feierstunde eingeholt. Was auch sonst.

Dass die politische Kultur in Niedersachsen zum Thema wird, ist wohl unvermeidbar in einem Land, in dem es wie in Hessen oder Schleswig-Holstein politisch traditionell härter zur Sache geht. Wenn sich neue Partner, wie nun SPD und CDU, zusammenfinden wollen, muss eine Vertrauensbasis her. Genau darum geht es, nicht um Debattenkultur. Die eigentliche Aufgabe gerät dabei aber zu leicht aus dem Blick: Niedersachsen nach vorn zu bringen.

Wer das will, muss gemeinsame Perspektiven entwickeln, gegenseitiges Vertrauen schaffen und Politik professionell organisieren und umsetzen. Sich im Ton hier und da zu mäßigen, kann sicher nicht schaden. Mit den Debatten um Debattenkultur sollte es dann aber auch mal vorbei sein. Ein lammfrommer Landtag wäre ein langweiliger Landtag.