Beim Versuch, Enttäuschung und auch Entsetzen zu überspielen, lag die Niedersachsen-CDU deutlich vor der Niedersachsen-SPD. In Abwesenheit von Ministerpräsident und SPD-Landeschef Stephan Weil (SPD), der nach Berlin gefahren war, zeigten in Hannover verbliebene Spitzen-Sozialdemokraten wie die Landtagsabgeordnete Doris Schröder-Köpf auf ihrer Wahlparty in Hannover ihre Gefühlslage über den Ausgang der Bundestagswahl deutlich.

Bei den ersten Prognosen für das AfD-Abschneiden gab es ein Aufstöhnen, angesichts des eigenen Ergebnisses eine kurze Schockstarre. „Wer sich jetzt noch vorstellt, dass die SPD in eine Große Koalition geht, ist nicht ganz bei Trost“, sagte der frühere Landesumweltminister Wolfgang Jüttner, immer noch eine Größe in der Landes-SPD.

Die enttäuschten Sozialdemokraten Yasmin Fahimi (links), Knud Hendricks, Doris Schröder-Köpf und Stefan Schostok in Hannover.Foto: dpa
Die enttäuschten Sozialdemokraten Yasmin Fahimi (links), Knud Hendricks, Doris Schröder-Köpf und Stefan Schostok in Hannover.Foto: dpa

Dagegen bemühte sich der CDU-Landesvorsitzende und Spitzenkandidat zur Landtagswahl am 15. Oktober, Bernd Alt husmann, um demonstrative Gelassenheit. Die Niedersachsen-CDU müsse das Ergebnis bei der Landtagswahl „deutlich ausbauen“, so Althusmann. Gewinne der „kleinen“ Parteien gingen eben zu Lasten der „Großen“, kommentierte Althusmann bei der Wahlparty im „Trocadero“, einer bürgerlichen Gaststätte in Vinnhorst nahe Hannover. Die Stimmung für die Union in Niedersachsen sei aber ausgesprochen gut.

Auch der SPD-Landesvorsitzende Weil bemühte sich, den Wahlkämpfern in der Heimat schon von Berlin aus Mut zu machen. „Für die niedersächsische SPD ist dieses Ergebnis eine zusätzliche Motivation. Wir wissen, dass der Ausgang der Landtagswahlen am 15. Oktober offen ist“, so Weil. Ein Erfolg in Niedersachsen werde auch eine starke Ermutigung für die SPD insgesamt sein. Die Wähler wüssten zwischen Bund und Land zu unterscheiden, und am 15. Oktober gehe es nicht mehr um die Bundeskanzlerin, sondern um den Ministerpräsidenten. Niedersachsens AfD-Landesvorsitzender Paul Hampel war ebenfalls nach Berlin gereist und neben AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland zu sehen. Gauland kündigte an, die AfD werde Merkel jagen. Während es Hampel selbst in den Bundestag zieht, steht seine Landes-AfD auch vor dem Einzug in den Landtag in Hannover.

„Die Freien Demokraten sind zurück im Bundestag. Das ist ein echter Motivationsschub für die kommenden Wochen vor der Landtagswahl in Niedersachsen“, erklärte der FDP-Landesvorsitzende Stefan Birkner. Bei der Landtagswahl wollten die Grünen dritte Kraft werden, bekräftigte Niedersachsens Grünen-Vorsitzende Meta Janssen-Kucz. Von „Kraft und „Mut“ durch das Wahlergebnis im Bund sprach die Linke Pia Zimmermann.

Dass das Ergebnis die Statik der Parteienlandschaft erschüttert, zu Lasten der „Volksparteien“, war allerdings auch Althusmann und Weil nicht verborgen geblieben. „Wir werden noch viel stärker zuspitzen müssen“ , sagte Althusmann mit Blick auf ein Linksbündnis aus SPD, Linkspartei und Grünen in Niedersachsen nach dem 15. Oktober.

Umfragen sehen die Linke schließlich ebenso im nächsten Landtag wie die AfD, Weil hatte sich schon vor der Landtagswahl 2013 bezüglich der Linken gegen „Ausschließeritis“ gewandt. Die CDU wirft ihm das vor.

„Dass es knapp werden würde in Niedersachsen, war immer klar“, betonte Althusmann weiter. Natürlich habe er sich mehr Rückenwind für die Landtagswahl erhofft. Vor der nun so bitter verlaufenen Bundestagswahl hatte die Niedersachsen-CDU lieber darüber nachgedacht, ob bei einem großen Sieg von Kanzlerin Angela Merkel die Niedersachsen bei der Landtagswahl am 15. Oktober als Korrektiv die SPD stärken würden – oder ob ein Gewinner-Sog zugunsten der CDU entstehen werde.

Dieses Problem hat die CDU nun nicht mehr. „Das ist sicherlich ein Teil Denkzettel-Wahl“, räumte Althusmann mit Blick auf die AfD ein. Es müsse der CDU gelingen, einen Teil der AfD-Wähler wieder zur CDU zu holen.

„Dass die AfD in den Bundestag einzieht, bedauere ich sehr“, erklärte Weil. Eine harte und kompromisslose Auseinandersetzung mit der Partei, die immer offener rechtsextremistische und ausländerfeindliche Positionen vertrete, werde Aufgabe aller Demokraten sein. Man müsse sich aber auch mit den Ängsten auseinandersetzen, die in dem Ergebnis zum Ausdruck kämen. Althusmann rief seine CDU zum „Kämpfen“ und „Daumendrücken“ auf – und das Daumendrücken erinnere ein bisschen ja auch ans Beten, sagte Althusmann im „Trocadero“.

Niedersachsens FDP-Chef Birkner betonte noch einmal seine Abneigung gegen eine „Jamaika“-Koalition aus CDU, FDP und Grünen in Niedersachsen. Die inhaltlichen Unterschiede seien schlicht zu groß. Für den Bund schloss Birkner das aber nicht aus. „Man soll nie nie sagen“, sagte Althusmann zu einem solchen Bündnis.