„Mit verunsicherten Parteipolitikern hat die deutsche Wirtschaft schmerzhafte Erfahrungen gemacht.“

Die großen deutschen Autobauer haben ein Problem, das weit über den Abgasskandal und seine Aufarbeitung hinausreicht: Der Betrug und das anschließende unwürdige Taktieren haben dieser deutschen Schlüsselindustrie Glaubwürdigkeit und Autorität geraubt.

Eine Organisation wie die Deutsche Umwelthilfe (243 Mitglieder) führt die Hersteller nach Belieben vor; der Verband der Automobilindustrie, traditionell einer der selbstbewusstesten Wirtschaftsrepräsentanten, backt so kleine Brötchen, dass man sie mit der Lupe suchen muss.

Dieser Zustand ist unnatürlich, spricht der Bedeutung der Autoindustrie Hohn und ist gefährlich für unser Land. Denn wir sind drauf und dran, von einem Extrem ins andere zu fallen. Gerade noch erschienen Politik, Ministerien und Autobauer wie eine (allzu) eng verschworene Gemeinschaft. Das musste sich ändern. Doch nun suchen Minister und Ministeriale einander in Beweisen ihrer Industrieferne zu übertreffen. Koste es, was es wolle.

Die Zentrifugalkräfte, die der Abgasskandal schuf, machen auch der IG Metall und den Betriebsräten der deutschen Autobranche Sorgen. Falsche, weil aus dem Affekt getroffene politische Entscheidungen könnten dieser Industrie und ihren Beschäftigten schweren Schaden zufügen. Der Appell der Arbeitnehmervertreter ist ein Ruf nach vernünftiger Abwägung, der dringend Not tut. Man kann nur hoffen, dass sie in Berlin Gehör finden.

Mit verunsicherten Parteipolitikern hat die deutsche Wirtschaft schmerzhafte Erfahrungen gesammelt. Der überhastete Atom-Ausstieg nach Fukushima und vor den Wahlen in Baden-Württemberg kostete die Steuerzahler Milliarden, die deutschen Stromkonzerne verloren ihren Platz im Rendite-Olymp und viele ihrer Mitarbeiter den Job. Einen vergleichbaren Aderlass bei der Autoindustrie könnte die deutsche Volkswirtschaft kaum verkraften.