„Es geht nicht um die Interessen verarmter Arbeiter, sondern um Gehaltssteigerungen für privilegierte Spezialisten.“

Die Arbeitsniederlegung als Druckmittel ist uralt. Einst streikten die Arbeiter, die die ägyptischen Königsgräber konstruierten. Es war eine Art Spartengewerkschaft. Denn die Arbeiter der Königsgräber hatten eine besondere Position in der Gesellschaft. Ähnlich privilegiert sind heute Piloten, Ärzte oder noch Lokführer. Ihre Arbeitskraft ist ein knappes Gut. So haben sich starke Kleingewerkschaften gebildet, wie etwa Cockpit, GDL und Marburger Bund. Mitgliederzwerge, die Krankenhäuser, Flug- und Bahnverkehr lahmlegen. Dabei geht es nicht um die Interessen verarmter Arbeiter, sondern um Gehaltssteigerungen für privilegierte Spezialisten. Denn Ärzte-Gewerkschaften erstreiken nicht bessere Löhne für Krankenschwestern, Piloten nicht für das Kabinenpersonal. Diese Zersplitterung wollte die Bundesregierung beenden. Das Bundesverfassungsgericht folgt dem weitgehend.

Doch zwei Verfassungsrichter haben abweichende Meinungen formuliert: Die Wahrscheinlichkeit, dass der Gesetzgeber heftigere Konkurrenz und Kämpfe in den Betrieben provoziert, sei hoch. Es gebe eine gefährliche Tendenz, die Interessen aller Arbeitnehmer als einheitlich aufzufassen. Das privilegiere die großen Branchengewerkschaften. Das Grundgesetz definiert Tarifautonomie freier: als das Recht einzelner Gruppen, Verträge zu erstreiten. Der erzwingbare Betriebsfrieden ist eine gefährliche Illusion. Mehr Streiks könnten die Folge sein, nicht weniger.