„Manchem Briten dämmert, dass eine starke Gemeinschaft in einer rauen Welt durchaus von Nutzen sein kann. “

EU-Ratspräsident Donald Tusk ist ein alter Fahrensmann, wenn es um EU-Gipfel geht. Nach seinen eigenen Angaben ist es nun bereits der achtzigste, an dem er teilnimmt. Nie zuvor habe er so stark daran geglaubt, dass die Dinge sich zum Besseren entwickeln, bekannte er. Kein Wunder könnte dem entgegengesetzt werden. Es stand ja auch noch nie so schlecht um Europa: die Briten auf dem Absprung, die Griechen immer noch pleite, in der Flüchtlingsfrage zerstritten. Aber in den größten Krisen steckt auch die Chance, gestärkt aus ihnen hervorzugehen. Und dafür, dass das auch im Fall der EU so sein könnte, gibt es durchaus Anzeichen. Vorausgesetzt, Frankreich und Deutschland besinnen sich wieder auf ihre Rolle als Motor der Gemeinschaft, und es werden die richtigen Lehren gezogen und umgesetzt. Die Entscheidung der Briten, die Gemeinschaft verlassen zu wollen, war vor einem Jahr ein Schock. Der ist aber mittlerweile nicht auf dem Kontinent, sondern im Inselreich zum Dauerzustand geworden. Eine Regierungskrise jagt dort die nächste, und manchem Briten dämmert, dass eine starke Gemeinschaft in einer rauen Welt durchaus von Nutzen sein kann. Diese Erkenntnis dürfte auch so manchen Rechtspopulisten von Österreich über die Niederlande bis nach Frankreich entscheidende Stimmen gekostet haben. Sie dürften mit ihrer Anti-EU-Attitüde viele verschreckt haben.

Europa ist deshalb attraktiv, weil es uns hier so gut geht – auch wenn das manche angesichts durchaus wachsender sozialer Klüfte und Spannungen bestreiten. Nur in fast allen anderen Teilen der Welt treten diese viel schärfer zutage. Die EU ist nach wie vor ein Vorbild an Demokratie und Sozialstaatlichkeit. Das kann sie nicht bleiben, wenn sie wieder in den Krisenmodus zurückkehrt und gleichzeitig die Sozialstation für alle Mühseligen und Beladenen dieser Erde sein soll.