„Arbeitgeber werden nicht automatisch mehr Menschen unbefristet anstellen. Sie werden sich immer neue Wege suchen.“

Aus Sicht der Gewerkschaften ist es ein „Skandal“: Immer mehr neue Arbeitsverträge werden nur noch befristet geschlossen. Zusammen mit SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz und Arbeitsministerin Andrea Nahles wollen sie das ändern. Arbeitsverträge, die ohne sachlichen Grund befristet werden, sollen der Vergangenheit angehören. Aber ist das klug? Ist die Befristung überhaupt ein Skandal?

Klar ist: Sie schafft einen Zustand der Unsicherheit. Größere Anschaffungen oder die Gründung einer Familie sind mit einer Befristung nur schwer zu vereinbaren. Zu Beginn des Berufslebens mag man das noch hinnehmen, aber dann wird es unangenehm. Tatsächlich zeigen Statistiken: Die Zahl der befristet Beschäftigten sinkt mit zunehmendem Alter. Ab 30 Jahren hat höchstens noch jeder zehnte Arbeitnehmer einen Job auf Zeit. Das ist keine
Randerscheinung, aber auch
kein schreckliches Massenphänomen.

Was würde eine starke Beschränkung befristeter Jobs ändern? Die Arbeitgeber – dazu zählt übrigens auch der Staat – werden nicht automatisch mehr Menschen unbefristet anstellen. Sie werden sich neue Wege suchen, um flexibel zu bleiben: Sie werden mehr Leiharbeiter beschäftigen, Abteilungen ausgliedern oder mehr Arbeit auf Honorarbasis an Selbstständige vergeben. Gewonnen wäre mit einem teilweisen Verbot befristeter Jobs so gut wie nichts. Das Problem würde sich nur verlagern.

Befristete Arbeitsverträge ohne sachlichen Grund gibt es seit 1985. Wer nun dagegen kämpft, wünscht sich die Zustände von vor 30 Jahren zurück. Die Welt ist aber komplexer geworden. Die OECD hat gestern darauf aufmerksam gemacht, dass sich die Arbeitsmärkte immer stärker aufspalten – in Jobs mit geringer Qualifikation und in solche mit ganz hoher. Für solche Herausforderungen braucht es etwas mehr als ein schlichtes Verbot.