„Gar nicht selten ist beim Eurovision Song Contest Authentizität der Schlüssel zum Erfolg – daran fehlt es den deutschen Kandidaten.“

Er habe nie ein Lied geschrieben, um im Radio gespielt zu werden, sagte der introvertierte portugiesische Jazz-Sänger Salvador Sobral nach seinem überraschenden Sieg beim Eurovision Song Contest. Seine melancholische Ballade in der Landessprache ist so ziemlich das Gegenteil des Hochglanz-Beitrags „Perfect Life“, den US-Songschreiber für die sympathische, aber wenig charismatische Sängerin Levina komponiert hatten.

Der Titel klingt so aufregend wie Werbemusik für Sonnenmilch. Levina gewann damit den deutschen Vorentscheid, weil sie unter fünf No-Name-Kandidaten der erfrischendste war. Das Lied floppte auch in den deutschen Charts. Dass es in Kiew trotz eines freundlich-uninspirierten Vortrags für sechs Mitleidspunkte reichte, ist nach zwei letzten Plätzen in Folge fast schon ein Erfolg.

Zwei Dinge müssen einen ESC-Hit auszeichnen – eine grandiose Inszenierung oder echte Typen am Mikro. Anders lassen sich in drei Minuten die Herzen der Zuschauer nicht gewinnen. Gar nicht selten ist Authentizität der Schlüssel zum Erfolg – wie auch beim zarten Portugiesen Sobral.

Daran fehlte es den letzten deutschen Kandidaten. Bei Vorjahresteilnehmerin Jamie-Lee wurde die Manga-Masche überstrapaziert. Und die Songs waren je farblos-professionelle Fremd-Kompositionen. Die ARD-Verantwortlichen müssen umdenken: Lasst Musiker ran, die für ihre eigenen Titel brennen – und deutsch singen dürfen sie auch.